Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
persönlich ist es schön peinlich, wenn ich immer nur so viele Wünsche habe und Du eine Menge Lauferei wegen mir hast. Ich werde Dir aber morgen mit Gretes Geld nochmal 20 M schicken. Wer weiß wie lange das Schicken noch dauert. Kaufe, was Du für gut hältst, nur keinen gebrannten Kaffee mehr, denn wenn er immer so schmeckt, ist er es nicht wert, daß man ihn kauft. Nur etwas grünen Kaffee hätte ich wirklich als eiserne Ration gern. Mutti möchte ja auch gern grünen Kaffee. Und dann frug sie noch nach Kernseife. Die Päckchen kann ich Dir vorläufig nicht zurückschicken, denn die Sperre für Feldpostpäckchen besteht seit vor Weihnachten immer noch. Heute will ich Dir aber in einem Extrabrief etwas Bindfaden schicken. Ich schicke ihn deshalb für sich, damit, wenn er verloren gehen sollte, nicht auch der Brief mit verschwindet. Also wenn Du mit dieser Post keinen Bindfaden bekommen solltest, ist er gemaust. Damit mußt Du Dich nun auch wohl oder übel mit dem Kuchen gedulden, vielleicht fällt Dir dies aber gar nicht so schwer, denn Ihr werdet dort jetzt wohl bessere Sachen gewöhnt sein, sodaß Du einstweilen auf meine Bäbe verzichten kannst. Will man aus Euch vielleicht Generale machen, daß Ihr schon wieder einen Kurs mitmachen müßt? Arthur hat von Dir einen Brief bekommen, ist aber wohl augenblicklich aus Zeitmangel nicht in der Lage zu antworten. Er ist sich des Lobes über seine Vorgesetzten voll. Er hat schon gleich bei der ersten Schießübung lauter Zwölfer geschossen. Ilse paßt das zwar nicht so, und auch ich finde es ein bißchen unvorsichtig. Man sollte sich doch auch da lieber ein bißchen in der goldenen Mitte halten. Herbert steckt auch noch irgendwo, er zankt mächtig in seinen Briefen, denn er hat von Fränze schon über sechs Wochen keine Post bekommen, obwohl sie in der Woche drei Briefe schreibt. Deine Post kommt dagegen alle an. Ist auch Mist, ja?
Wird es denn nun bei Euch endlich Frühling? Ich bedaure Euch wirklich in Euren kalten Sälen, bin aber auch trotzdem glücklich darüber, denn immer noch viel viel besser als im Osten. Eben habe ich mich nach den Bildern umgesehen, die Du angeblich hier ausrangiert haben willst. Ich kann sie beim besten Willen nicht finden, sag mir mal, wo Du die hingeräumt hast und ich schicke Dir alle wieder. Als Ersatz dafür hier einstweilen zwei andere. Daß die Familienbücher eingetroffen sind, hatte ich Dir doch längst mitgeteilt. Dein Brief war nicht im fünften, sondern im vierten Päckchen, nur Hühnerpaste habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Hast Du eigentlich das Geld am 28.2. mit ausgezahlt bekommen? Es waren von Papa 50, von Mutter 30 und von mir noch 35 M.
Wegen Deiner 35 Jahre lasse Dir ja keine grauen Haare wachsen, die bekommst Du auch von allein, und dann sieht man Dir Dein Alter auch nicht an. Durch die Kriegsjahre seid Ihr wenigstens ein bißchen rumgekommen, wir beide sind uns ja auch in der Ferne immer nahe und durch die lange Trennung wird es nachher um so schöner sein. Ich spintisiere sehr oft vor mich hin wie es sein wird, wenn wir wieder Frieden haben und Du für immer zu Hause bist. Ob dies noch recht lange dauert? Am Donnerstag war ich in der Stadt einkaufen. Es fällt ziemlich schwer, kleiner Mann. Zuerst habe ich für mich eine Umstandsbinde und zwei Büstenhalter gekauft, dann netten hübschen Stoff zum Garnieren für das Kinderbett, dann Windeln aus Zellstoff zum Wegwerfen, andere sind schwer zu bekommen, .... Puder und für mich noch Zellwatte. Nachher bin ich nach einer Matratze rumgerast, was auch furchtbar schwer ist, zuletzt habe ich sie bei Öhmichen bestellt. Brauchte nicht mal einen Bezugsschein und er bringt sie mir obendrein noch ins Haus. Dann habe ich noch mit Mutti zu Papas 65. einen schönen Liegestuhl für den Garten gekauft, das heißt Mutti, Lisa und ich zusammen. Donnerstag wie üblich die gesamte Wohnung sauber gemacht und am Abend einholen geflitzt. Sonnabend nun am Nachmittag beim Meister zum Geburtstag. Er hatte einen ganzen Damenflor um sich versammelt als da sind, Mutti, Lisa, Lotte Langnese, Fuhrmeister, Grete und ich. Bist Du da nicht neidisch? Es war wirklich recht nett. Du warst nur mal wieder übereifrig, indem nämlich Dein Brief zwei Tage zu früh angekommen ist. Heute war ich mal wieder in der Nürnberger zum Fisch mit Butter essen eingeladen. Hat prima geschmeckt, und am Nachmittag war ich mit Grete im Astoria in ‘Brüderlein fein’. Der Film ist wirklich sehr hübsch, und wenn
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