Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Deine letzten beiden Briefe haben alles wieder gut gemacht. Aber Du mußt doch selbst zugeben, daß Du die letzten drei Wochen doch ziemlich faul warst. Du hättest den Brief von mir bestimmt früher erhalten, aber da ich wußte, daß Eure drei Wochen dort nun rum waren, wollte ich erst gern wissen, wohin ich dann schreiben soll. Am Sonnabend habe ich auch die Bilder endlich mal abgeholt. Sie sind nicht schlecht, im Wildpark ein bißchen finster, Mutter ist sehr gut getroffen, nur ich ziemlich blöd. Oder bin ich das sowieso? Du bist am Schwanenteich auch gut, direkt schneidig. Wenn ich noch ein paar Abzüge bekomme, schicke ich Dir die Bilder hin. Heute war Mutti den ganzen Tag bei mir zu Besuch, da Papa im Garten gebuddelt hat. Mutti hat das Tragkleidchen für ihr Enkel genäht und ich habe unentwegt gestopft. Nachmittag haben wir, Mutter, Mutti und ich gemütlich eine gute Tasse Bohne getrunken. Schmeckt mir besser als der letzte. Nur unserem Kind schien er nicht bekommen zu sein, denn es war hinterher ziemlich aufgeregt. Wenn ich morgen mit meinen Strümpfen fertig werde mit stopfen, will ich das Kleidchen rundrum besticken, das mittelste Motiv hat Grete schon bestickt, das habe ich ihnen wahrscheinlich nicht gut genug gemacht. Bist Du neugierig wie es aussieht? Weiß!
So – Wirklich ganz reizend. Dann habe ich Mutti reingebracht und mir einen hübschen kleinen Blumentopf mitgebracht, den mir Papa aus der Gärtnerei in Wulks mitgebracht hat. Für Mutter morgen, denn hier in der Stadt bekommt man ja so gut wie nichts. Mutti hat mir ein Glas Kompott für sie mitgegeben, da wird sie sich bestimmt drüber freuen. ¼ 9 Uhr war ich wieder daheim, und nun kommst Du noch zu Deinem Recht. Übrigens, daß ich es nicht vergesse, Mutter hatte an Dich doch noch nach unseren Büchern 9,50 M zu bezahlen, das ist jetzt ausgeglichen, Mutter hat mir das Geld gegeben, und nun schreib mir mal, ob ich Dir unter der alten Nummer auch wieder das Geld schicken kann. Mutter will es in Zukunft so machen, daß sie alles, was Du schickst, mir gleich hier bezahlt. Ich tue das für sich und schicke es Dir dann hin. Wenn die Nürnberger glatt ist, können wir es dann auch so machen. Ich finde auf diese Art und Weise entsteht der wenigste Kuttlich. Oder was meinst Du? Deswegen kannst Du auch die Päckchen an die einzelnen schicken, nur bezahlt es mir jeder gleich. Nur mußt Du gleich hinzufügen, was es jedesmal kostet, und auch Porto und sonstige Auslagen nicht vergessen. Wenn Du mal etwas mehr Butter hast, möchte ich Lisa mal wieder etwas geben. Wir bekommen diese Woche noch fünfzehn Zentner Kohle, Mutter fünf und ich zehn Zentner. Die muß ich aber dann für das Kind zum Baden usw. aufheben.
Nun aber mal zu Deinen beiden Briefen. Wie ist es denn gekommen, daß Du meine ganze Post auf einmal bekommen hast. Ist doch eigentlich eine große Schweinerei. Da mußt Du armer Kerl doch auch eine lange Zeit keine Post bekommen haben. Aber ich habe doch wenigstens geschrieben, das hast Du doch an dem Postreichtum gesehen. Es freut mich, daß Du es wenigstens zu Ostern bekommen hast. Sag mal, sind denn auch die Zigaretten aus der Nürnberger angekommen? Sie waren in dem Zigarillokästchen, was Du mit Zigarren reingeschickt hast, und habe ich sie mit meinen zusammen aufgegeben. Langeweile habe ich jetzt schon keine mehr, das schrieb ich Dir ja schon, habe jetzt alle Hände voll zu tun, damit alles rechtzeitig fertig wird. Jetzt mach ich noch ein paar Lätzchen, die ich dann noch besticken will, mit Küken usw. damit ich wenigstens etwas selber gemacht habe. Jetzt muß ich noch Inlett holen und Federn, das Bett stopfen. Bettzeug nähen, alles noch brühen und plätten, dann das Bettchen fertig machen. Deine Päckchen habe ich alle erhalten, nur die Mütze ist bis jetzt noch nicht angekommen. Auf die Garnitur freue ich mich auch schon. Eine geht dabei auf Gretes Kosten. Freue mich jetzt schon wenn ich wieder ordentliche Wäsche anziehen kann und wenn ich mal wieder ein anderes Kleid auf den Leib bekommen.
Daß ich Dich doof nennen könnte, weil Du solid bleibst, darfst Du nicht denken. Der Gedanke wäre mir furchtbar, wenn Du so leicht und haltlos wie manch anderer Mann wärst. Ein richtiger Mann muß wissen, was er will, muß fest sein und sich auch beherrschen können. Und Gottlob hast Du bis jetzt auch zu diesen Männern gehört. So glaube ich wenigstens ganz fest von Dir. Allerdings will ich Dir nicht verschweigen, daß mich die letzte Zeit
Weitere Kostenlose Bücher