Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Ortskommandant recht haarig ist und an die Kompanie Meldung machte, dann konnte es noch drei Tage .... geben. Um 10 Uhr bin ich dann noch wegen Butter für Euch rumgesaust und habe je eineinhalb Pfund Dir, Mutter, Helenchen u. Schramms per Päckchen geschickt. Das Pfund kostet immer noch RM 7,25 dort. Am Mittwoch Mittag bin ich dann zurück nach Alkmar und stand mein Rucksack friedlich so in der Ecke, wie ich ihn hingestellt hatte. Eigentlich wollte ich erst direkt hier zurückfahren, aber das Wiedersehen mit meinem Rucksack musste gefeiert werden und so bin ich denn um 4 Uhr in Amsterdam auf die Ortskommandantur und habe mir einen Quartierschein besorgt. Ich bekam ein Einzelzimmer im Hotel Meto, früher sowas ähnliches wie unser Volkshaus. Im Hause war Frisör und Bad, da bin ich erst zum Frisör und dann nochmals baden. Um 6 Uhr habe ich mich auf den Strom geschwungen und bin in die Stadt und landete schliesslich im Kino. Der Film ‘Der Privatsekretär’ mit G. Fröhlich, Benkhof, Lingen, Henkels war sehr nett, nur etwas abgespielt. Um 9 Uhr war ich wieder raus und stellte ich mir die Wahl, entweder noch irgendwo hin oder mal richtig angenehm und lange schlafen und letzteres habe ich getan und um ½ 10 Uhr lag ich wieder mal in einem schönen Federbett und wurde dann um ½ 7 Uhr geweckt, denn um 8 Uhr sass ich bereits wieder im Zug nach Rotterdam. Dort gefällt es mir gar nicht, aber das macht vielleicht, weil soviel kaputt geschossen ist. Jedenfalls hatte ich in R. noch eine Stunde Aufenthalt und da habe ich erst einmal in einem Restaurant mit Aussicht auf die Maas gefrühstückt, kostete mich wieder eineinhalb RM, aber ich hatte früh nichts gegessen. Um ¾ 11 ging dann mein Zug nach hier und sass ich schon eine Stunde in dem Wagen, als ein Schaffner mich fragte, wohin ich eigentlich wolle. Auf meine Antwort dortunddorthin sagte er mir: “Da hätten Sie drei Stationen vorher in den vordersten Wagen umsteigen müssen, der Zug ist geteilt worden und Sie sitzen im verkehrten.” Na, da habe ich nicht schlecht geguckt und bin kopfschüttelnd an der nächsten Station ausgestiegen und kam dadurch erst um 3 Uhr nachmittags hier an. Als ich auf unsere Bude kam, war alles umgeräumt und kein Mensch wusste, wo Rank und die Leute neuerdings hingezogen waren. Ich habe mich nun beim Spiess zurückgemeldet, der mich gleich mit den Worten empfing:“Packen Sie nicht erst aus, Sie fahren morgen früh zu Ihrer Kompanie zurück, Ihre Kameraden sind schon gestern früh weg.” Da habe ich wirklich dumm ausgesehen, denn nun schleppe ich Wäsche und Post der anderen wieder zurück. Nachdem ich nun hier alles erledigt und meine Klamotten gepackt habe, war ich um 6 Uhr fertig und habe gleich Deinen Brief angefangen.
Nun will ich Deinen lieben Brief ausführlich beantworten, nur verstehe ich nicht, dass Du meine Post von Medemblik, wo ich wöchentlich zweimal geschrieben habe, und den einen Brief von hier nicht bekommen hast. Seither bin ich allerdings nicht mehr zum Schreiben gekommen, aber ich habe Dir ja deswegen auch so ausführlich am Anfang dieses Briefes alles geschildert. Du musst bedenken, dass hier alles schnell aufgebaut werden muss und wir nur 200 Kilometer von England entfernt sind und deswegen der Dienst so streng ist. Wohin ich nun von Appeldoorn komme und wie ich am Anfang Zeit und Gelegenheit zum Schreiben habe, weiss ich jetzt noch nicht, wenn es mit der Post nicht gleich klappt, dann sei bitte nicht böse auf mich, sondern denke daran, wenn dort alles in Ordnung ist, bekommst Du auch regelmässig Post. Ich schicke Dir heute in separatem Brief Aufstellungen für Dich, Mutter, Helenchen und Schramms. Es ist mir direkt fatal, dass ich für Frau Kolbe noch nichts besorgen konnte, aber vielleicht klappt es nun mit den Schuhen. Ist denn die Wäsche eingegangen, eine Bonbonniere und hat Frau Kolbe davon etwas genommen? Über Deine ganze Post mit Zigaretten habe ich Dir ja einen langen Brief geschrieben, worin ich auch über meine festlichen Ostern geschrieben habe. Hoffentlich war es recht schön, als Ihr singend durch den Park nach Hause gegangen seid? Für Dich habe ich eine Bonbonniere für drei Gulden gekauft, die schicke ich Dir in den nächsten Tagen, hoffentlich schmeckt sie besser wie die Schokolade. Wie es nun auf der nächsten Stelle mit dem Schicken wird, muss man abwarten, vorläufig warte ich auf das Geld von Euch, damit ich die Schuhe kaufen kann. Bitte schicke mir vorläufig nichts, bis ich weiss, wohin
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