Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Tante Marta und ich brauche Ruhe um mich, zumindest zum Schreiben. Am Donnerstag Mittag ist sie erst weg und da hatte ich keine Zeit mehr und habe ich Freitag geschrieben
Mit dem Umzug ist es so eine heikle Sache und wissen wir selbst nicht, ob und wie und wo und wann. Dort haben wir gemietet und wenn wir bis zum 1.2. die Wohnung nicht los werden, müssen wir hinziehen. Es fehlt uns eben an dem nötigen Geld und das sind schließlich Sorgen. Übergangen wirst Du in keiner Weise, aber was soll ich Dir die Ohren voll jammern, das hat doch keinen Zweck und haben wir das schon zur Genüge zu Hause getan. Mir ist es lediglich darum zu tun gewesen, daß Papa die Miete erleichtert wird, freilich hat das Untervermieten auch seine Schattenseiten, aber Lisa hatte es uns so schwer gemacht. Sie meinte es sicher ganz gut mit mir, denn die viele Arbeit für mich tut ihr leid. Ob ich mich wohl fühle, danach habe ich nicht gefragt, mir lag vor allem an einer pekuniären Erleichterung. Zum Fenster hinausgucken haben wir so wie so keine Zeit, höchstens mal abends. Was soll man nun tun, ......, sollen wir bis 1. Juli die Miete dort bezahlen , wenn sich keiner findet, das bedeutet, entweder ehrlos hier oder –
Schwankes haben ja sehr gut vermietet. So, nun weißt Du Bescheid. Ich wollte Dir absichtlich nicht davon schreiben, aber Du denkst, Du wirst übergangen, nun sorgt sich noch einer mehr. Also wegen einer Tasse Kaffee ruft man Dich telefonisch von Schandau nach Ostrau, eigentlich allerhand! Eine Stolle habe ich noch, es ist .... gegangen. Tante Emma, Onkel Hans und Werner und so hat auch manches mitgefuttert. Wenn Papa hätte richtig essen können, so wäre sie längst alle, aber sein dummer Magen, er muß sich sehr in Acht nehmen beim Essen. Wird sich Eure finanzielle Lage bessern, ich wünschte es für Dich. Nach Deinem Rad habe ich noch nicht wieder geschaut, hoffentlich hast Du es gut zugedeckt! Ich will mal sehen, ob Du etwas sparst. Hast Du denn einmal an das Personalamt geschrieben oder an das Stift? Erika läuft jetzt übrigens alle Tage.
Bleib Du nun hübsch gesund. Ich denke immer an Dich und hätte Dich auch ganz gern um mich, aber das Leben will es eben anders. Wir sind das Werkzeug. Verlebe auch Du den Sonntag in froher Stimmung. Wir alle grüßen Dich herzlich und besonders
Dein Muttsch.
Leipzig, den 5. März 36
Liebe Leni!
Nun hast Du wohl inzwischen Dich in Deine alte Rolle wieder eingefunden und hast hoffentlich den endgültigen Bescheid in Händen. Den Daumen habe ich genügend gedrückt und nicht nur für Dich, nein, sondern auch für Eri und Lisa und den Papa, für letzteren, daß er gesund und reich sein könnte, denn reich ist doch besser wie arm, für Lisa, daß sie nicht nur Sonne, sondern auch genügend Schnee haben möchte und für Eri, daß alles bei ihr zum Besten auslaufen möge. Am Dienstag ¾ 9 Uhr ist sie operiert worden, das ganze Bein ist von oben bis unten eingegipst worden. Der Schnitt ist 20 Zentimeter lang und ist der Meniskus abgeschnitten worden. Schmerzen hatte sie gestern heftig und weinte sie über das ganze Gesicht, als ich zur Türe herein trat. Frau Hierholzer kam auch auf eine halbe Stunde. Operiert hat sie der Oberarzt. Am Sonntag wird die Gretel einmal mitgehen und der Papa. Am Mittwoch ist Herr Fuchs wieder weg und waren wir am Abend zuvor einmal im Panorama. Heute sind nun meine ersten KdF Menschen wieder fort. Ein Ehepaar war aus Hannover und zwei Herren aus Fulda. Ich habe auch zwei Mark Trinkgeld erwischt und habe mich natürlich sehr darüber gefreut. Winterhilfslos werde ich mir aber keines mehr kaufen, das kommt nicht mehr in Frage. Fünf Seidenscheine3) habe ich von Herrn Fuchs bekommen. Am Sonnabend kommen nun wieder KdF Leute und am Sonntag noch einmal und am Montag geht es ins Waschhaus, Else wird mir helfen. Morgen Freitag werde ich nach der Adolf-Hitler-Straße gehen wegen unserer Rheinreise, Helms Eltern wollen auch mitfahren. Für heute Schluß, morgen habe ich wieder mehr Stoff.
Sonnabendabend. Es wird nun höchste Eile, daß ich meinen Brief fertig schreibe und muß ihn dann zur Post bringen, wenn Du ihn am Sonntag haben sollst. Heute sind nun die neuen KdF Leute angekommen, Schlesier sind es. Man hat eben viel Arbeit, aber ich freue mich, wenn ich dadurch ein paar Pfennige verdienen kann.
Am Freitag habe ich uns zur Rheinreise angemeldet. Es muß dies jeder in seinem Bezirk tun, also Helms in Schleußig. Wenn die Restraten bezahlt sind, dann
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