Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
evtl. Speiseanstalt oder Krankenhaus, denn dann geht es durch das Arbeitsamt. Aber wie gesagt, nimm Deine paar Kröten zusammen, den Zahnarzt mußt Du freilich bezahlen, Erika geht es jetzt genau so, aber das bist Du Deinen Zähnen ja schuldig.
    Weißt Du übrigens, wo ich jetzt schreibe? Auf meiner Nähmaschine, im Fenster steht die grüne Lampe und bescheint meinen einzigen Blumenstock, meinen Kaktus, den von Kätchen, der nicht mal so groß war wie ein Fingerhut und sich in diesem Jahr, nachdem ich ihn umgesetzt habe, recht stattlich gewachsen ist und bereits zwei Kinder hat. Und nun, liebes Kind, halte haus mit Deinen Nerven. Immer nur mit der Ruhe, wo soll das hinführen, wenn Du einmal älter bist oder soll Dein zukünftiger Mann einmal eine nervöse Frau haben, das willst Du doch sicher nicht! Meine Nerven gehen ja leider auch manchmal mit mir durch, aber bedenke mein Alter und das Deine. Was ich hinter mir habe und Du hinter Dir hast, das ist ein großer Unterschied. Immer hübsch mit der Ruhe, was heute nicht wird, wird morgen und wenn noch so viel Sturm ist in allen Ecken, rege Dich ja nicht auf. Fräulein Blumenau ist heute noch nicht gesund und Fräulein Töpel wrd es einmal nicht anders ergehen. Also bitte denke daran. Ich möchte nämlich eine gesunde Leni haben.
    Was Deine kaputten Sachen anbelangt, so schicke sie doch einmal her, ich will sie Dir gern in Ordnung bringen. Was Euren Kessel anbelangt, so braucht weder Anni noch irgendjemand dafür zu haften, und abziehen vom Lohn, so etwas gibt es ja gar nicht, das sind Betriebskosten.
    Die Lebensmittel werden auch hier teurer, aber ein Unterschied, die Marmelade von 27 Pfennige auf eine Mark, na sowas gibt es ja gar nicht. Arbeit hat Papa noch, leider strengt es ihn sehr an, infolge seines kranken Magens. Er lebt zur Zeit Diät und ich mit, ob er aber da nun bei Kräften bleibt, müssen wir erst mal abwarten. Ich persönlich fühle mich ohne Wurst ganz wohl. Erika wird wohl kaum einmal nach Ostrau kommen, denn sie hat doch kein Geld. Bei Lisa hat sie noch Schulden auf ihren Photo, bei ihrem Urlaub hat sie einen Verstärker oder so etwas ähnliches in der Jugendherberge liegen bzw. stehenlassen. Bei ihrem letzten Gehalt sind ihr 20 Mark abhanden gekommen, wie, das wissen die Götter. Aber im November spielen sie in Dresden Hockey, da geht ein Zug mit 150 % Ermäßigung. Wenn es geht, fährt sie schon Sonnabend und würde bei der Annemarie schlafen. Da könntest Du, wenn Du Lust hast, höchstens an dem Sonntag mit Sonntagskarte nach Dresden fahren und müßtest Dir Deine Stullen eben mitnehmen. Das ginge schon einmal. Und wenn Du dann heimkommst, da schicke ich wohl am besten den leeren Reisekorb Dir zu, denn sonst bringst Du Deinen Kram nicht unter.
    Nun will ich schließen, bleib hübsch gesund und laß Dir nicht zu viel gefallen. Wenn man im Recht ist, kann man auch ein Wort riskieren ohne irgendwie ausfällig zu werden.
    Nun behüt Dich Gott
    In Liebe Deine Mutter
    Viele herzliche Grüße von Papa, von Lisa und Erika und von Zuntz.
     
     
     
    Leipzig, den 9. November 35
    Liebe Leni!
    Für Deinen lieben Brief hab vielen Dank. Ich freue mich besonders, da er nur für mich persönlich ist. Schade, daß wir das nicht schon früher angefangen haben, so egoistisch ist nun Deine Mutter auch. Deinen freien Nachmittag habe ich mir allerdings so vorgestellt, indem ich glaubte, daß Du nach dem Mittagessen abgehen kannst, wie es ja auch sein soll. Daß Du am Abend keine Lust zum Stopfen mehr hast, kann ich mir lebhaft denken, der Strumpfschoner wird Dir gute Dienste leisten. Schick doch das kaputte Zeug einmal her, ich will es Dir gern ...., anderenfalls bringst Du es Weihnachten mit, ebenso allen unnützen Kram, wie Sommerkleider und dergleichen. Ist denn Euer kleines Mädchen gern wieder fortgefahren und wem hatte sich das Kind am meisten angeschlossen? Du weißt, ich empfinde da immer so teilnehmend. Ich glaube es Dir gern, daß Du Dich einmal ausschlafen möchtest, na warte, Weihnachten bringe ich Dir den Kaffee ans Bett und decke Dich hübsch zu, d.h., wenn Du nicht so spät nach Hause kommst. Daß Du Fräulein Töpel von Deinem Weggange schon gesagt hast, ist ganz richtig, aber man braucht nun nicht gerade die Eltern vorzuschieben, sondern sagt einfach, ich möchte mich im nächsten Jahr verloben und mir in Leipzig wieder einen Wirkungskreis suchen, wenn das erstere auch nicht der Fall ist, denn Tatsache ist doch, daß Du dort sehr einsam bist und das

Weitere Kostenlose Bücher