Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
schon in Berlin ansehen, bekam aber keine Karte. Mittwoch Abend waren wir wieder hier und fand ich eine Menge Arbeit vor. Vorgestern bekam ich wieder mal ein Zahngeschwür, wo alles dran ist, außerdem hatte ich unverschämte Kopfschmerzen, dass ich froh war, als ich Deinen Brief geschrieben hatte und hatte noch das Glück, U.v.D. zu haben. Gestern bin ich deshalb zeitig zu Bett, aber heute und morgen will ich meine ganze Post erledigen.
Nun ...schicke ich Dir heute mal eine Aufstellung, wie ich hier die verschiedenen Konten geführt habe. Ganz bin ich Deinen Gedankengängen nicht nachgekommen. Du kannst anhand der Aufstellung die Preise über Maniküre etc. ersehen und habe ich an Bar von Euch allen M 117,90 = hfl 88,50. Bitte vergleicht doch mal alles, es kann doch mal was nicht stimmen. Heute habe ich Euer Geld und mein Gespartes, zusammen hfl. 125,–, einem Kameraden für Butter, Käse und ähnliches zu besorgen mitgegeben, mal sehen, was er erwischt. Die Durchschrift von den Aufstellungen schickst Du mir bitte nach Prüfung und evtl. Richtigstellung zurück. Ebenfalls schicke ich die Zulassungsmarken, die ich im letzten Brief vergessen habe. Aber bitte nur den Volksbrockhaus schicken. Die Kasse für alle rechne ich zu Weihnachten genau ab und dann müssen wir eine andere Lösung der Buchführung finden.
Deinen Stossseufzer über die Länge des Krieges kann ich verstehen, auch mir hängt der Krieg zum Halse raus, aber kleiner Strolch, wir wollen nur den Mut nicht verlieren und hoffen, dass ich nächsten Herbst zu Hause bin. Um nun noch mal auf meinen Aufenthalt in Berlin zu kommen, wenn Du auch zu Hause gewesen wärst, hätte ich Dir abgeraten zu kommen, denn wir sollten schon Dienstag zurückfahren und hättest Du mich vielleicht gar nicht angetroffen und wärst dann noch viel trauriger gewesen. Allerdings hab ich mich geärgert, dass ich nicht bei jemand Bekannten hab unterkriechen können, denn es war eine zu miese Massenunterkunft. Und schreib mir doch mal Lehmanns und Schramms Telefonnummer mit. Da haben wir (außer bei der Güterwagenfahrt) mehr Glück auf der Bahn, immer schöne Plätze gehabt. Das Zusammentreffen mit Erika in D. ist ja sehr ulkig; ich hätte ja nicht schlecht geguckt, wenn ich in Berlin auf sie gestoßen wäre. Hoffentlich ist nicht die ganze Erholung auf Deiner Rückreise flöten gegangen. Hat Dich denn Heidi gleich wiedererkannt auf der Straße? Ich freue mich schon riesig auf den Urlaub, damit ich wieder mal bei Euch bin. An Arbeitsmangel hast Du ja jetzt nicht zu klagen, habt Ihr die Wäsche gut überstanden?
Pass auf, Grete wird schon eines schönen Tages wieder nach Leipzig kommen oder in Tölz landen. Jaja, wir können froh sein, dass unsere Mütter soviel Verständnis für uns besitzen. Liebe kleine Frau! Was ich Dir jetzt schreibe, soll keine Klage, sondern nur eine Feststellung sein, und zwar wegen dem Stoffkauf. Die 125 hfl., die ich hier habe, brauche ich, um Lebensmittel und kleine Sachen zu besorgen. Wenn Grete und andere was haben wollen, müssen sie eben vornweg Geld schicken und ich will dann zusehen, was zu bekommen, das kannst Du ihnen ruhig sagen. Ich kann jetzt nicht mal Unterwäsche für Dich besorgen, das muss ich noch verschieben. Man müsste eben mal 500,- bis 600,- Mark laufend flüssig haben, denn mit der Zeit wird alles teurer. Der Tee soll jetzt schon 135,- M das Pfund kosten. Für die 55,- M soll ich doch wieder welchen besorgen? Nun mal zu den Weihnachtsgeschenken. Für die Eltern besorge ich eine Kassette Spielkarten mit Block fürs Binocle spielen. Schreib mir doch mal paar Kleinigkeiten für Helenchen, den Meister, Elli, die ich evtl. noch hier besorge. Außerdem habe ich hier 3000 Gramm Fleischmarken, dafür wollte ich Wurst mitbringen, da können wir doch auch was verschenken. Wegen dem Gehalt schreib doch mal nach Bömerok bei Hannover, die genaue Anschrift steht doch auf den Postanweisungen. Genaues kann ich über den Urlaub noch nichts schreiben, hoffen tue ich ja mit Weihnachten, aber es kann auch eine Woche später werden. Wir wollen jedenfalls den Daumen halten, dass es Weihnachten klappt, aber wenn nicht, schicke mir bitte nichts, denn eine Woche später bin ich doch zu Hause. Gestern hat mich der Bücher aus Lemme angerufen, er hat sich über Buch und Deine Zeilen sehr gefreut. Weißt Du, mit dem Wunschzettel kann ich Dir wirklich nicht helfen, ich wüßte wirklich nicht, was ich mir wünschen könnte und ist ja das größte Geschenk für
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