Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
gefunden. Bin gleich zum Kantinenbullen und stellte es sich heraus, dass er es mir noch gar nicht gegeben hat und geht es Dir nun im nächsten Paket, welches Morgen oder übermorgen abgeht, mit zu. Unterdessen ist aber wieder ein Paket von Essen zu, Inhalt sechs Pfund Butter. Aber so leid es mir tut, schon wieder teurer. Ferner habe ich bis jetzt zwei 40 Prozent Käse und zwei 20 Prozent, dann noch ein Pfund Butter in natura und ein Pfund in Bons. Die zwei Pfund Butter schicke ich ab, aber den Käse bringe ich selbst mit. Genaue Preise folgen am Schluss; soll ich noch mehr Butter besorgen und Käse, falls ich noch was bekomme. Die 30,- M habe ich erhalten, nun sage Frau Singer, dass ich keinen Tee mehr kaufe, denn das Pfund kostet jetzt 110 hfl = M 145,-. Heidi muss sich ja nun gewiss über ihren habgierigen Vater wundern, der sie sogar die Äpfel bezahlen lässt, aber ich möchte doch gern ihr etwas zu Weihnachten mitbringen und da ich nur meinen Wehrsold habe, muss ich eben so vorgehen. Mit der Umräumerei ist es nun vorläufig auch nichts geworden, aber Montag soll es sich entscheiden, was nun mit meinem Laden wird. Übrigens darfst Du Dir nicht einen Prachtbau unter dem Bauernhaus vorstellen, sondern es ist eine ziemlich alte Bude und Öfen sind vorläufig auch keine da, so dass ich vorläufig dort nicht reinziehe. Auch Deine Illusion, dass was für mich abfallen könnte, kannst Du fallen lassen, denn der Bauer ist mitsamt Familie, Hab und Gut evakuiert worden. Das Wetter ist wie üblich, Regen, Kälte, Kälte und Regen, richtig nasskalt und unfreundlich, also halt den Daumen, dass bei Euch die kohlensparende Witterung noch anhält. Auch ich bin dafür, dass der Winter abgeschafft wird, wenigstens so lange wir beide nicht zum Wintersport fahren können. Hat denn Heidi noch rechte Schmerzen mit ihren Zähnchen gehabt? Nun kann ich mir ja bald selbst ein Urteil über ihren Haarwuchs erlauben, aber die Haarfarbe ändert sich wohl noch in ihrem Alter? Jaja, kleine Frau, ganz unrecht hast Du ja nicht von wegen Lustmolch, aber wenn solche lange Zeit ohne Frauen ist und vor allem bei Landsers, ist sogar die Fantasie ausgehungert. Aber deswegen scheniere ich mich nicht und wenn Grete kommt, werde ich sie doch mal fragen. Jetzt haben wir uns hier auf der Bude auch einen Lautsprecher angeschafft und an einen grossen Apparat angeschlossen und läuft das Ding fast den ganzen Tag. Ich muss Dir leider immer wieder schreiben, dass Du Dich ja nicht so darauf spitzt, dass ich Weihnachten zu Hause bin, da wird bestimmt nichts draus, denn mein Gehilfe ist nun gestern auf Urlaub gefahren und ein Mann von uns beiden muss die Dienststelle besetzen und bin ich leider der leidtragende Teil. Ich habe nun auch verschiedene Weihnachtsgeschenke, für den Meester werden zehn Zigarren zusammenkommen. Für Vater ein Paar Wollstrümpfe, für Vater und Mutter ein doppeltes Kartenspiel mit Kästchen, nun bin ich noch auf der Suche nach Toilettenseife, da sollte Helenchen und Mutter je ein Stück bekommen. Du, sag mal, ist es um die ‘Barrings’ nicht zu schade, d.h. ich gönne es Erie durchaus, aber das Buch ist nun einmal aus unserer Sammlung. Dafür kann Dein Schwager gut und gerne ‘Weizen und Spreu’ kriegen, denn das muss ihn ja interessieren. Aber wie Du es machst, ist es schon richtig, kleiner Hase und tut es mir nur leid, dass Du so viel rumrennen musstest. Ich hoffe, dass Euch das Ausfahren noch recht gut bekommen ist und Ihr anständig frische Luft geschnappt habt. Am Donnerstag früh bin ich nach Lemmen gefahren und hab dort drei Käse bekommen. Leider gab es keine Laufgitter mehr und muss ich nun sehen, dass ich eins in Groningen erwische. Mir war es dann so hundeelend, dass ich schon um 8 Uhr im Bett lag. In Lemmen selbst sind noch drei Mann von der Kompanie und bin ich froh, von dort weg zu sein, denn in Sondel ist es ganz mies. Morgen Vormittag ist Kino und nächsten Sonntag haben wir Weihnachtsfeier. Mit der Arbeit hat es etwas nachgelassen, da hier wieder gebaut wird und ich dadurch nicht weiterkomme, sondern warten muss, bis alles fertig ist.
Für heute will ich wieder mal Schluss machen und sende Dir und Heidi viele Grüsse und Küsse und bleibe bis zu unserem Wiedersehen in 15 Tagen recht gesund.
Dein Dichliebender Hans.
Grüsse an alle.
Leipzig, den 13.12. 1942
Mein lieber kleiner Strolch!
Für Deine lieben Briefe, die am Freitag und Sonnabend hier eintrafen, danke ich Dir recht herzlich. Sie waren sehr
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