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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Sonntag.
    Dein Dichliebender Hans.
    Kleine Maus! Nun schreibe ich doch gleich weiter, denn nun habe ich die Nacht glücklich überstanden. Um 4 Uhr war ich mit Innenstreife fertig und habe bis 5 Uhr wirklich gut geschlafen, und eine Stunde Schlaf für einen Tag ist besser wie gar nichts. Die letzte Streife war sehr schön, ein wunderbarer Sternenhimmel und eine Sternschnuppe habe ich auch gesehen. Gleich habe ich mir einen grossen Herzenswunsch ausgedacht, hoffentlich geht er in Erfüllung. Im Offizierskasino war gegen ½ 3 Uhr noch grosser Betrieb und um 3 Uhr kam unser Herr Hauptmann in Damenbegleitung. Da haben wir uns gleich in die Büsche gedrückt, damit wir uns nicht zu melden brauchten. Gegen Schluss der Streife war ich aber ganz schön müde und die Füsse taten mir ganz schön weh. Um 5 Uhr mußten wir alle von den Schlafpritschen herunter. Dann haben wir alle wie auf Kohlen gesessen, denn der Abteilungskommandeur war für zeitig früh angemeldet, und vorher konnten wir nicht essen. Und um 8 Uhr war die gestrenge Musterung da. Wir sind wie wahnsinnig raus gestürzt und dann wurden wir acht Mann genauestens beschnarcht. Aber es gab Gott sei Dank nichts zum Aussetzen da. Dann haben wir, so gut es hier geht, Kaffee getrunken und hatten wir schon allerhand Besuche weiterzuleiten. ½ 10 Uhr konnte ich wenigstens auf 20 Minuten auf Stube gehen und da habe ich mich gleich gewaschen und rasiert. Und das allerschönste war natürlich Dein lieber Brief, für den ich Dir einen recht feinen Kuss mitschicke. Besonders schön aber war es, weil ich ihn ganz unerwartet vorfand. Du darfst nun aber nicht glauben, dass, wenn ich morgen mit den Eltern zusammen bin, Du bei mir ausgeschaltet bist. Im Gegenteil. Gerade da vermisse ich meinen kleinen Strolch noch. Und wir sprechen dann immer viel von Dir. Am schönsten wäre es natürlich, wenn Du ganz unerwartet auftauchen würdest. Mein armes kleines Hascherl! Musst nun so viel schuften und hast nichts davon, aber ich werde Dir dies später mit viel Liebe gutmachen, denn Du hast Dich ja auch in den drei Jahren, die wir verheiratet sind, in Deinem Heim nie richtig wohl fühlen können durch das Arbeiten. Gefreut habe ich mich, dass Deine Eltern so aufmerksam und lieb waren, Dich am Mittwoch nicht allein zu lassen. Sage dafür bitte dem Meister und Helenchen recht vielen Dank und viele Grüsse. Hoffentlich seid Ihr des Rührkuchens Herr geworden. Es tut mir leid, dass Du Dich am Donnerstag so für umsonst gefreut hast und da wollen wir gleich mal festlegen: Vor dem 20.8. kann ich nichts Bestimmtes sagen, aber dann muss es sich hier entscheiden, was aus uns hier wird. Bloß damit Du nicht wieder so enttäuscht wirst. Und bin ich bloß froh, dass Du beim Zahnarzt warst und ganz beruhigt wäre ich, wenn Du Dich mal richtig von Frau Dr. Weise untersuchen liessest.
    Die Impferei ist nun ganz gut verlaufen, aber am Montag müssen wir zum dritten und vorläufig auch zum letzten Mal dran glauben. Bloß gut, dass es nur wie das erste Mal 0,5 ccm sind. Die werden wir wohl gut überstehen. Auch das letzte Mal Schiessen steigt diese Woche, hoffentlich ist da gutes Wetter, denn da kann man sich immer so schön ausruhen. Vor ¾ 6 Uhr komme ich hier nicht von der Wache weg und ehe ich mich hinten in Ordnung bringe, wird es auch ½ 7 Uhr, ehe ich unten an der Straßenbahn bin. Mein Kragen und Schlips trage ich doch zum Krätzchen, denn hier sind gestern abend und jetzt zum Mittag so viele in dieser Aufmachung raus, dass ich gar nicht auffalle. Ob wir nun irgendwohin gehen, weiss ich nicht, am liebsten irgendwohin, wo es recht ruhig ist. Und morgen fahren wir bestimmt nach Cossebaude. Und dann, wenn ich vom Bahnhof komme, fahre ich gleich zur Kaserne und dann geht’s sofort ins Bett. Um nochmals auf meine weitere hiesige ‘Zukunft’ zu sprechen zu kommen, ich kann Dir wirklich nichts sagen, was wird. Vorgestern sind aus unserer Kompanie 20 Mann Vorkommando nach Brüssel weg, ob das aber für uns bestimmt ist, ist noch eine große Frage. Jetzt geht der Besucherschwarm los, kleine Maus, Du kennst ja nun hier den Betrieb und ich muss nun Deinen Sonntagsbrief schliessen. Bleib mir nur recht gesund und verliere den Humor nicht, alter Strolch.
    Mit tausend Grüssen und Küssen bin ich
    Dein Dichliebender Hans.
     
     
     
    Leipzig, Dienstag, 21.1. 41
    Mein lieber Strolch!
    Du siehst, kaum bist Du fort, es ist ja noch nicht mal einen Tag her, sitze ich schon hier und schreibe, und sobald ich Deine

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