Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
dazu ging die Flasche Bier den Weg alles Irdischen und hat mir alles wunderbar geschmeckt. In Hagen kamen wir mit 25 Minuten Verspätung 04.40 an, aber mein Anschluss nach Meinerzhagen war wirklich prima, denn 05.17 Uhr ging es schon weiter. Allerdings keine so bequeme Fahrt, ich hatte zwar auch wieder einen Fensterplatz, aber der Wagen war von Leuten, die in die Heidelbeeren fuhren, dermassen voll, dass bestimmt die berühmte Stecknadel nicht zu Boden fallen konnte. 06.45 Uhr waren wir in Meinerzhagen, da bin ich schnell auf die Güterabfertigung, meine zwei Kisten waren noch nicht da und um 7 Uhr fuhr der Bus nach Valpert. Dort habe ich erst einmal in Ruhe Kaffee getrunken und dann begann der Aufstieg zur Stellung. Es war wunderschönes Wetter und nach der durchfahrenen Nacht tat der Marsch so gut, dass ich einem Forstbeamten, der mich im Auto überholte, abschlug, mitzufahren. Um 10 Uhr war ich oben und wollte eigentlich um 11 Uhr wieder runter, aber ich mußte auf einen Anruf des Inspektors aus Arnheim warten, der mich um 3 Uhr anrufen wollte. Da habe ich dann gleich mit Mittag gegessen und von 12 Uhr bis
½ 3 Uhr geschlafen. Um 4 Uhr konnte ich dann abhauen und in einem Gewaltmarsch ging es zurück nach Valpert, denn der Bus ging ¾ 5 Uhr. Habe ihn auch bekommen und war ½ 6 Uhr wieder in Meinerzhagen. Da wusste ich nun nicht, ob ich über Köln oder Hagen-Dortmund zurückfahren sollte und mit Anschlüssen bekam ich auch keine richtige Auskunft auf dem Kaff. Die Fahrt über Dortmund war mir in Bezug auf meinen Abstecher nach Zwolle günstiger und hatte ich auch überall gleich Anschluss, so dass ich ½ 12 Uhr in Gronau an der Grenze war. Es goss in Strömen, weiter konnte ich auch nicht, denn der nächste Zug nach Enschede fuhr erst früh 9.10 Uhr, ein Bahnhofsoffizier war auch nicht da und dabei war ich hundemüde. Ich bin dann in dem Regen nach dem Rathaus zur Polizei und schickte die mich ins Hotel Brinkmann, bis dorthin waren zehn Minuten Weg. Geschlafen hab ich prima bis früh ½ 9 Uhr, aber bezahlen musste ich 2.20 M für das Zimmer. Dann ging es über Engere, Hengelo nach Zwolle, wo ich ½ 12 Uhr eintraf. Mein erster Gang führte zum Friseur zum Haarschneiden und Rasieren. Dann habe ich wegen Stoff für Vater rumgehorcht und soll ich welchen bekommen, vorrätig war keiner da. Bei meinem Schwarzhändler habe ich ein Pfund Kakao, noch guter van Houten zu
60 hfl = M 80.– gekauft, Kaffee bekomme ich noch. Dann hat der Kerl mir schwarzen Tee besorgt und zwar 200 Gramm. Halte Dich aber fest und bereite Frau Singer schonend darauf vor, das Pfund kostet M 250.– und habe ich für die 200 Gramm M 100.– bezahlt. Lass Dir die restlichen M 50.– (sie hatte Dir doch 50.– M schon gegeben) geben und schick sie mir im Brief, denn ich habe für den Urlaub 20 Pfund Butter und zehn Stück Käse bestellt und wenn ich für Heidi die Sachen noch kaufe, dann wird das Geld gerade noch aufgehen. Nun nochmals wegen Stoff. So ein Stück Stoff, wie ich Dir zwei Stück geschickt habe, kostet jetzt 75 hfl = M 100.– , da lasse ich die Finger wohl lieber davon oder was meinst Du? Am Sonnabend will ich nach Arnheim, um die Spielsachen für Heidi zu besorgen, darauf freue ich mich schon, denn das macht bestimmt viel Freude.
In Zwolle bin ich dann essen gegangen, kam allerdings zu spät und bekam nur zwei Teller Suppe, aber noch dazu drei Zigaretten. ½ 3 Uhr ging mein Zug nach Appeldoorn und hab ich doch noch zwei Stück Seife à 4.– M gekauft, in Zwolle gibt es keine mehr. Um 5 Uhr bin ich dann hier bei der Kompanie angekommen und hatte gleich viel zu tun, ehe ich überhaupt zum Auspacken kam. Jetzt bin ich aber hundemüde und freue mich aufs Bett, denn morgen früh heisst es wieder um 5 Uhr aufstehen. Heute hat es fast den ganzen Tag geregnet, es wurde gegen Abend wieder schön, aber frisch ist es geblieben. Für heute will ich nun Schluss machen, denn die Augenlider klappen schon recht beträchtlich zund
Dir nun recht viele liebe Grüsse und Küsse, das gleiche für Heidi und alle anderen.
Dein Dichliebender Hans.
Leipzig, den 12.7. 43
Mein lieber alter Strolch!
Das Reinemachen ist zum Teil beendet, Gottlob, denn ich bin mal wieder nur ein halber Mensch. Seit Tagen habe ich wieder ganz schöne Magenschmerzen, kein angenehmes Gefühl, aber nicht zu ändern. Ich nehme an, das der Magen wieder irgendwie gedrückt worden ist, so ist es wenigstens. Eben spielen sie im Radio ‘Boheme’, hörst Du vielleicht
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