Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
vom Fleck, sondern stiere bloß vor mich hin. Morgen will ich an Erika einen Geburtstagsbrief schreiben, sie hat am 13. November. Mutti hat am 16. November. Vielleicht kannst Du ihr eine Karte schreiben, sie wird sich sicherlich freuen. Und vergiß den Geburtstag von Tante Anna am Reformationsfest nicht.
Reihenfolge: Tante Anna 31.10.
Tante Gretchen 6.11.
Mutti 16.11.
Kannst Du Dir das merken? Nun mach es gut. Ich werde die Daumen für Euch halten, daß Ihr nach Mitteldeutschland kommt. Es wäre doch zu schön, wenn Du hier eines Tages vor der Tür stehen würdest.
Nun laß Dich tausendmal grüßen und einen Kuß von Deiner kleinen
Lenimaus.
Grüße von den Eltern. Herr Feldmann ist nun am Freitag eingeschlafen.
Köslin, den 23.10. 41
Mein lieber kleiner Strolch!
Endlich Feierabend und nachdem ich gleich Abendbrot, Butter, Marga, Leberwurst, Tilsiter und Kaffee gegessen habe, sitze ich nun an Deinem Dir zugedachten Sonntagsbrief. Deinen lieben Brief bekam ich gestern und danke ich Dir vielmals dafür. Aber weißt Du, ehe ich auf Deinen Brief näher eingehe, muss ich mal ganz offen mit Dir reden. Ich habe den Brief nun schon viermal durchgelesen und immer hab ich das Gefühl, ja wie soll ich das ausdrücken, vielleicht als ob etwas zwischen uns steht. Ich weiss nicht, kleine Lenimaus, ob das nur Dummheit von mir ist, aber schreib mir doch gleich in Deinem nächsten Brief, ob Du mich genau noch so lieb hast wie früher, denn ich bin wirklich sehr unruhig deshalb. Vielleicht bin ich wirklich dumm, aber es ist eben mein Gefühl, also schreib mir mal offen darüber. Warum der ‘Rekordbrief’ so lange hat auf sich warten lassen, hatte ich Dir ja geschrieben, auch über meine Gewissensbisse, aber das hast Du wohl eingesehen. Auf den Brief an die alte Adresse habe ich Dir ja inzwischen geantwortet. Über unseren Weggang von Köslin ist noch gar nichts raus. Es kann leider Gottes der Kasernenbetrieb noch über Weihnachten dauern, es kann aber auch jeden Tag weggehen. Dass ich mich schwer an eine andere Umgebung anschliessen kann, weißt Du ja. Hier hatten Rank und ich durch unseren Flukodienst ganz netten Anschluss gefunden und war ich jedesmal froh, (wenn ich) wieder paar Stunden als Mensch leben konnte. Dann hatte ich ja doch auch noch die Gelegenheit, ein paar Pfennige zu verdienen und was das wichtigste war, dass man als Selbstverpfleger nebenbei noch Marken sparen konnte. Ich glaube kaum, dass wir in dieser Beziehung es wieder so gut treffen. Na, wir wollen mal sehen, wie die Sache ausläuft.
Dass wir sechs Mann weiter zusammenbleiben, glaube ich bestimmt, denn mit unserer Arbeit sind sie ja sehr zufrieden gewesen; ausserdem haben wir da Beziehungen und haben schon dieserhalb unsere Fühler ausgestreckt. Dass die Eltern Kartoffeln bekommen ist ganz gut, denn ich hatte wohl welche kaufen können, aber ich hätte nicht gewusst, wie wegschicken, denn es gibt hier keine Säcke. Aus Leba habe ich wegen der Gans nichts wieder gehört. Nun fährt Frau Franke am Sonnabend aufs Land und will ich nochmals anbohren, ob sie mir nicht doch so einen toten Vogel besorgen kann. Sonst hat man hier bei den sturen Pommern keine Aussicht, was zu bekommen, die fressen lieber alles selber, trotz der grossen Gänseherden, die man hier zu sehen bekommt. Mach Dir also keine Sorgen, wenn es keine Gans zu Weihnachten gibt, so habe ich doch einen schönen Vorrat an Fleischmarken, die dann umgesetzt werden,.
Liebe kleine Maus! Lass nur den Mut nicht sinken, einmal muss der Krieg ein Ende haben und dann wollen wir es uns recht schön machen. Ich habe Dir wohl auch in der letzten Zeit auch immer wohl viel vorgejammert und könnte mich jetzt deswegen direkt ohrfeigen. Aber das liegt daran, dass ich Dich doch so lieb habe und mir die Trennung so schwer fällt. In Zukunft werde ich aber mich bessern, zumal der Urlaub ja langsam ranrückt. Du mit Deinen letzten und ich mit meinem Zukunftskaffee haben ja tüchtiges Pech; dass wir hier bei den Preussen in Truppenverpflegung welchen bekommen ist kaum glaubhaft. Da müssen wir eben halb und halb trinken, wenn ich nach Hause komme. Betr. unserer Feldpostnummer so kann ich Dir schreiben, dass wir diese Nummer schon seit Köthen haben. Wir haben uns immer andere Anschriften gewählt, damit die Post nicht erst durch die Kompanie ging, was immer mit Verzug verbunden war. Du kannst auch noch an die alte Kompanieadresse schreiben, also: mittl. Flum-Komp. Mot. Z.b.V.2, Köslin i.P. Die
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