Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
dass ich vollständig unschuldig an dem Postausbleiben bin, denn wie schon geschrieben, hattest Du jede Woche zwei Briefe zu bekommen gehabt. Die Briefe habe ich immer abends geschrieben und dann sind sie am anderen Morgen von einem Flakkameraden nach Schanke gebracht worden. Also mein Brief vom 7.11. ist hier am 8. weggegangen und musste spätestens am 11. in Leipzig sein. Ich hoffe, dass inzwischen mein Brief, den ich am 12. oder 13.11. geschrieben habe, angekommen ist. Deine Briefe habe ich alle erhalten und wie gesagt, auch beantwortet. Ebenso Mutters Briefe. Da nun der eine Brief fehlt, sieht es so aus, als ob ich Deine Briefe nicht richtig beantworte, aber ich tue das sehr gewissenhaft Satz für Satz. Auch wegen der Mädelnamen hab ich Dir geschrieben. Sabine gefällt mir nicht, denn da muss ich immer an ‘war ein Frauenzimmer’ denken. Hast Du Dir mal die Namen rausgezogen, die event. in Frage kommen? Ist der Mantelstoff auch recht schön dick, den Dir der Meister aufgehoben hat und welche Farbe hat er denn? Sag mal, wie ist denn das Essen jetzt bei Euch? Kannst Du denn die Nährmittel entbehren, die Du zum Teil unserer Mutter geben willst? Verbrauch sie doch lieber für Dich, denn ich glaube, Du hast sie selbst sehr nötig und ich werde in Köslin schon noch was auftreiben. Der Brief vom 7.11. sollte Dich also Mittwoch erreichen, hatte ihn schon am 7.11. geschrieben, weil man hier Ruhe zum schreiben hatte, die heute mal wieder neben dem Platz fehlt. – Wir haben auch hier wieder Feuerung bekommen, müssen aber sehr sparsam damit umgehen. Jetzt war es mal ein paar Tage wärmer geworden, aber heute ist es wieder ganz schön kalt. Die Wäsche haben wir hier bei einer Gutsarbeiterin waschen lassen; damit ich es nicht vergesse, Du schickst mir wohl ein kleines Stück Kernseife mit. Wasser haben wir immer einen Eimer voll auf dem Ofen stehen, da wir welches vom Gute kriegen, herrscht kein Mangel, obwohl unsere Plumpe immer noch zugefroren ist. Die Verpflegung ist immer noch gut, an das Knappe hat man sich gewöhnt, also brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Der Lehrgang wird Dich kaum interessieren, das heisst, was wir da machen, jedenfalls als Neuigkeit kann ich Dir nun mitteilen, dass wir wahrscheinlich morgen oder übermorgen hier wieder wegmachen und es ist wohl anzunehmen, dass wir wieder nach Köslin fahren. Du glaubst gar nicht, wie froh ich darüber bin, dass es hier ein Ende hat. Ich schicke diesen Brief wahrscheinlich erst in Berlin mit Marke ab und hoffe, Dir dann am Schluss des Briefes noch genaueres schreiben zu können. Mein Urlaubsgesuch nach Hause für vier Tage hat man abgelehnt, da habe ich mal nach Rathenow geschrieben an Tante Martha und angefragt, ob ich morgen und Sonntag mal kommen könnte. Heute kam ihre zusagende Antwort. Um 14 Uhr war mein Sonntagsurlaub genehmigt und um 15 Uhr war er widerrufen, weil wir eben hier abrücken. Na, das ist mir jedenfalls noch lieber und fange ich nachher gleich an zu packen. Diese Woche bin ich sehr sparsam gewesen und habe fast gar nichts ausgegeben, so dass ich jetzt heute nach Auszahlung des Soldes wieder ein Vermögen von 90,– Mark habe. Die Reiserei kostet ja wieder was, aber Du kannst mit mir ganz zufrieden sein. Ich bin es jedenfalls!! Morgen früh ist erst
¼ 9 Uhr wecken und der Dienst geht auch bloss bis 11 Uhr, vorausgesetzt, dass wir nicht schon morgen in Marsch gesetzt werden. Aber leider ist bei der Luftwaffe Sonntag Reisetag und so wird es auch bei uns sein. D.h. diesmal ist es mir egal, aber morgen wäre ich doch lieber gefahren.
Von Elli kam heute auch ein Brief, aber sie muss diesmal wieder etwas warten. Grüsse sie bitte von mir inzwischen. Sollte ich Dir schreiben, dass wir nach Köslin fahren, dann schicke die Post an die Mittl. Flum. Komp. Z.b.V. mot.2, Köslin.
Nun weiss ich jetzt weiter nichts zu schreiben und hoffe, dass Du mich noch recht lieb hast, trotz des blöden Postversagens. Dir für heute recht viele herzliche Grüsse und Küsse
Dein Dichliebender Hans
Sonnabend, den 22.11.
Mein lieber Strolch! Jetzt müsstest Du mich einmal sehen, mit was für einer Stinkwut ich auf unserer Bude alleine sitze, am liebsten würde ich heute hier alles kaputt schlagen. Da habe ich nun gestern abend alles gepackt und kam heute mittag raus, dass wir hier bleiben und es soll nicht bloss bis zum 1.12. sondern bis zum 20.12., wenn nicht gar bis zum 20. Januar dauern. Jetzt habe ich den Kanal aber gestrichen voll und das muss mal raus,
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