Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Spielereien haben, wo wir doch ein Kind kriegen und für das ist nichts gut genug. Und das Rommégeld bleibt auf alle Fälle für unsere nächste Urlaubsreise, sonst werde ich ganz grob. Wann kann man denn einen Kinderwagen kaufen, so nach Weihnachten müsste das doch gehen, was meinst Du dazu, wenn wir beide zusammen ihn besorgen? Dass Du es jetzt nicht leicht hast, alles das für so ein kleines Würmchen zu besorgen, damit es gut ausstaffiert wird, kann ich mir denken, aber Du siehst wie gut es ist, dass die Erbstücke Deiner ersten Lebenstage so gut und pietätvoll aufgehoben wurden. Da kann ich mir dann gleich mal vorstellen, wie Du als Säugling ausgesehen hast, vorausgesetzt dass es kein Junge ist. Aber aussenrum gleichen sich die Säuglinge ja alle. Sowie ich nach Köslin komme, werde ich mich wegen der Schnullerei umtun. Langen da zwölf Stück? Sind dabei irgendwelche Besonderheiten zu beachten? Vielleicht lachst Du mich jetzt aus, aber ich habe mich mein Lebtag nicht um Schnuller gekümmert, als wie zu der Zeit, wo ich Selbstverbraucher war. Wenn Du Dich wegen der Unterstützung für Babyneuanschaffungen erkundigst, dann musst Du aber gleich in Betracht ziehen, dass Du Gehalt von der Wehrmacht bekommst. Bambergs wissen wohl schon Bescheid? Was Du mir von Erie schreibst, tut mir sehr leid, aber die Hauptsache ist, dass sie jetzt wieder gesund ist. Hier ist bis auf den einen Alarm, von dem ich Dir ja geschrieben habe, immer Ruhe gewesen, das scheint überall dort zu sein, wo die z.b.V. (zur besonderen Verwendung) Kompanie resp. wir als deren Vertreter erscheinen. So war es in Leba und auch in Köslin. Seit gestern herrscht hier allerlei Aufregung, denn die Batterie kommt bis zum 20.11. weg, sodass wir hier vorläufig die Alleinherrscher sind, das hat seine Vor- und Nachteile. Erstens müssen wir eine zeitlang selber kochen, dann müssen wir aber auch Wachen stellen; wenn ich auch nicht auf Posten mehr ziehen muss, so tut mir doch meine Nachtruhe leid, die ich als Wachführender ein oder zweimal einbüsse. Es soll aber wieder Flak herkommen, bloss es fragt sich wann. Deine Ansichten über die Filme finde ich sehr richtig. Aber ob Du sie immer, d.h. jetzt in der Zeit befolgen wirst? Hoffentlich kann Dir Frau Kolbes Schwester all das besorgen, was Du Dir wünschst. Auch ich werde versuchen, noch was Alkoholisches zum Urlaub mitzubringen und werde auch nochmals deswegen ins Fluko schreiben. Dass das Zeug alle geworden ist, stört mich nicht, die Hauptsache ist, es hat Euch geschmeckt. Ich habe jetzt hier in der Kantine auch öfters mir mal paar Liköre geleistet, aber auf die Dauer läuft das ins Geld, und wenn die Batterie wegmacht, ist es dann aus. Ich habe versucht, eine ganze Flasche zu kaufen, aber das machen sie nicht. Beim Skaten habe ich in der letzten Zeit auch viel Pech gehabt, aber nachdem ich vor paar Tagen einen tüchtigen Reibbach gemacht habe und damit fast alles verlorene aufgeholt habe, lasse ich jetzt mal eine Zeitlang die Finger davon. Ich wäre jetzt ganz zufrieden, wenn ich mit Euch wieder Rommé spielen könnte und würde auch nicht mehr soviel schimpfen. Für Herberts Gruss besten Dank, Deine Besorgnisse wegen Fränze kann ich durchaus verstehen, aber gegen solche Begabungen lässt sich nichts machen. Wie war es denn mit Deinem Besuch am Mittwoch, hat denn Hannas Mann geschrieben? Da habt Ihr wohl wieder mal Doppelkopf gespielt? Du, der Name Christa oder Christine gefällt mir nicht ganz. Wenn Dir Heike nicht gefällt, suchen wir mal noch weiter. Jetzt will ich für heute Schluss machen, aber gleich morgen Mittag nach dem Postempfang schreibe ich den Brief zu Ende. Ich kann kaum den Halter noch halten und da es genau ½ 23 Uhr ist, ist es auch Zeit für das zweite Abendessen. Also gute Nacht für heute und auf Wiedersehen morgen Nachmittag.
Sonntag nachmittag ¼ 4 Uhr.
So, kleiner Hase, nun will ich Deinen Brief weiterschreiben. Heute früh bin ich als erster um 9 Uhr aufgestanden, Feuer hatte August schon um 5 Uhr gemacht und habe ich allein und in aller Ruhe Kaffee getrunken. Dann habe ich zwei Taschentücher und eine Halsbinde gewaschen. Nachdem ich wieder von meinem Bette aus das Stubenreinigen verfolgt habe, habe ich mir lauter alte Illustrierte zusammengefochten und bis zum Postempfang gegen 12 Uhr gelesen. Für Deinen lieben Kartengruss vielen Dank.- Der Schnupfen ist noch immer da und sind bei mir sämtliche Zähne locker, was aber meinem Appetit durchaus keinen Abbruch tut.
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