Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Hans.
E.O., den 17.8. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Ich danke Dir recht vielmals für Deine lieben Zeilen vom 14.7., die ich nach meiner Rückkehr von Zutphen hier vorfand. Hoffentlich ist nun die Butter mit den 20 Zigaretten und der Keks angekommen; ich werde aber versuchen, noch 20 Stück für Dich und 20 für Frau Klemm zu bekommen, denn ich weiss ja selbst, wie das ist, wenn man ohne Stäbchen ist. ...Wegen den Ueberraschungen brauchst Du nun nicht gerade Kopf zu stehen, aber Du weisst ja, wie ich über den Verlauf des Krieges denke und scheint meine Erwartung betr. dieses Jahr in Erfüllung zu gehen. Aber um nun auf Deine geplante Rückreise zurückzukommen, so tu mir den Gefallen und fahr vorläufig nicht nach Leipzig zurück. Gestern früh sind sie wieder in Merseburg und Dessau und vielleicht auch in Leipzig gewesen und hab ich gestern gleich noch an Mutter geschrieben und warte nun auf Antwort. Ich kann Dir es ja nachfühlen, dass es Dir bei den Streitigkeiten in Saaz nicht gefällt, aber Du schriebst doch, dass Frau Klemm Dich für längere Zeit eingeladen hat. Kannst Du Dich nun nicht eine längere Zeit in Ostrau aufhalten? Für Heidi wäre das vielleicht auch besser, denn da kann sie doch schliesslich recht viele Nackischbäder nehmen? Vielleicht kommt Gretel dann mit im Oktober nach Leipzig, da ist es vielleicht nicht mehr so schlimm wie gerade jetzt. Also sieh mal zu, was sich machen lässt. Unsere Verpflegungszigaretten bekommen wir seit gestern wieder, auch haben wir die fünf Tage nachgeliefert bekommen. Angeblich waren Nachschubschwierigkeiten eingetreten, aber man munkelte, dass wir erst überhaupt keine mehr bekommen sollten. Kleine Frau, es freut mich sehr, dass Du in unserer Ehe zufrieden und glücklich bist. Manchmal mache ich mir eben solche dummen Gedanken und da ich Dich doch wirklich sehr lieb habe, quält mich das dann immer. Man hatte sich ja früher Vorstellungen gemacht, wie man sich seine Ehe einrichten wollte und wie ist doch alles anders gekommen durch diesen Krieg. Aber man klammert sich immer daran, dass er auch einmal sein Ende finden wird und können wir uns dann hoffentlich unser Leben nach unserem Empfinden einrichten. Du hast ja nun Heidi und wirst Du wohl Deine Freude an ihr haben. Ist sie denn immer noch so leierig oder kam das nur durch die Reiseaufregungen? Du machst da ja allerhand Gewinne, da werde ich mich wohl, wenn Du mir das ‘Zwicken’ beibringst, recht vorsehen müssen, damit ich nicht mein ganzes Taschengeld los werde. Aber mit der Butter komme ich vorläufig selbst noch nicht ins Reine; durch meinen Umzug, dann mangelndes Packmaterial und die Sorge, wie und wem ich Pakete mitgeben konnte, hat diesmal alles durcheinander gebracht. Heute habe ich nun nach Lemmer geschrieben und für mich 15 Pfund Butter, zwei Käse, ein halbes Pfund Kaffee und zwei Pfund Kakao bestellt. ...Eine genaue Abrechnung schicke ich Dir, wenn ich genau weiss, wieviel ich Butter weggeschickt habe. Lotte L. und Schramms haben bestimmt nur je ein halbes Pfund direkt bekommen, aber wieviel in Deinem, Mutters und Tante Bertas Paketen war, müsst Ihr mir alle erst schreiben. Im Ganzen hatte ich die Butter auch nicht schicken können, denn die Kameraden, die die Pakete mitnehmen, sind ja so überladen, dass man ihnen schwere Pakete nicht zumuten kann. Na, wir wollen nun mal abwarten, bis alles eingetrudelt ist. Bis nächste Woche habe ich noch allerhand zu tun, aber jetzt habe ich wenigstens meine N.G.V. 13) eingerichtet, das war eine Sauarbeit. Am Sonntag ist hier Kameradschaftsabend, aber ich gehe lieber am Sonnabend mal in ‘Titanic’. Sonst gibt es hier nichts Neues, ich hoffe nur, dass Dich und Heidi meine Zeilen recht gesund antreffen.Sei nicht böse, wenn ich heute schon wieder am Schluss angelangt bin, aber bald werden es wieder längere Briefe.
Bis zum nächsten male Dir und Heidi viele liebe Grüsse und Dir viele Süsse, grüsse Gretel und Mutter
Dein Dichliebender Hans.
E.O., den 21.8. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Diesmal war es ein Wochenende ohne Post und nehme ich an, dass heute Mittag der Posterich was für mich mitbringt. Ich bin anscheinend durch Dich und Mutter zu sehr verwöhnt worden, denn dadurch, dass überhaupt von niemandem was gekommen ist, fehlt mir direkt etwas. Wollte Dir schon gestern Abend schreiben, aber da war hier ein kleiner Kameradschaftsabend, der als Dienst angesetzt wurde und zu dem man demzufolge erscheinen musste. Die
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