Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Augen macht, wenn wir mal alle zusammen an die See fahren. Ich glaube, dass sie bei ihrer Begeisterung bald das Schwimmen lernt. Wenn Du gern die Stäbchen bei Deiner Knappheit haben willst, so schreib nur Mutter, dass sie Dir dieselben schickt, aber rauch sie allein, denn wer weiss, ob ich noch mal welche bekomme. Und schreib ihr auch gleich, was Du von der Butter und den anderen Sachen haben willst, denn 13½ Pfund habe ich ja direkt an Mutter geschickt. Seit Sonntag ist es nun mit dem heissen Wetter vorbei und seitdem regnet es und vor allem sehr böige Winde. In Lemmer am Hafen konnte man kaum stehen, so heftig war der Wind und auf der Zuidersee rollten ganz schöne Wellen. Es freut mich, dass Dir das Buch so gut gefällt, hoffentlich hast Du es nun in Ruhe zu Ende lesen können. Vielleicht ändert sich das Wetter bald auf einen gelinden Herbst, damit Ihr nicht vorzeitig Euren Kohlenvorrat angreifen müsst, ob der Regen noch gross den Kartoffeln nützlich ist, bezweifle ich, denn dazu wird er wohl zu spät kommen. Hier oben auf unserer ‘Burg’ hat man zwar einen ganz annehmbaren Rundblick, aber dafür ist man auch jedem Wind und Wetter ausgesetzt. Nun musst Du Dir noch vorstellen, dass rings um die Baracke eine zwei Meter hohe Splitterschutzmauer gebaut ist, auf die Du durch die Fenster schaust. Unten hat es mir bedeutend besser gefallen und war ich da nämlich auch nicht so beschränkt wie hier.
Baracke mit Splitterschutzgraben in Terlet
Hat sich denn nun eine Lösung für Lisa gefunden, damit sie nun mal endlich Ruhe bekommt? Ulli ist ja nun schon in Leipzig und hat sich nach Mutters Brief gut herausgemacht und hat sich mit Mutter auch schon angefreundet. Nun sind ja die Eltern auch nach Marienbrunn gezogen, sie werden sich wohl trotz der Enge wohlfühlen. Vielleicht kannst Du mir bald die Bilder schicken, aber nicht den Film, denn ich würde ihn doch nicht zum Abzüge machen wegschaffen, das dauert 14 Tage und wer weiss, was da alles los ist. Den heutigen Brief schicke ich nun schon mal nach Ostrau, denn ich nehme an, dass Du am 2.9. von Saaz wegfährst. Jetzt wäre ich nun am Schluss mal wieder angelangt, kleine Frau und hoffe, dass Dich meine Zeilen bei guter Gesundheit antreffen.
Dir und Heidi recht viele liebe Grüsse und Küsse und hab ich Dich auch noch so lieb. Drück das Heidikind von mir und grüss Frau Klemm.
Dein Dichliebender Hans.
E.O., den 12.9. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Gestern kam nun Dein letzter Saazer Brief und danke ich Dir recht vielmals für Deine lieben Zeilen. In Ostrau hast Du ja nun einen Brief von mir vorgefunden und inzwischen wird ja auch mein letzter nach Leipzig gerichteter Brief eingetroffen sein. Hoffentlich hast Du Dich mit Heidi doch noch einige Zeit in Ostrau aufgehalten, denn ich wollte ja nur, dass Du aus den Sudeten heraus kommst. Nun seid Ihr ja wieder schwer heimgesucht worden durch Terrorangriffe und warte ich mit Schmerzen auf Post, wie es bei Euch aussieht; man macht sich immer selbst Mut in Gedanken, dass Ihr alle gesundheitlich gut davongekommen seid, aber Ruhe findet man doch erst, wenn von Euch ein Lebenszeichen eingetroffen ist. Es scheint wieder toll bei Euch zugegangen zu sein, nach dem, was man so hört. Hoffentlich höre ich bald was von Euch und vor allem dann auch Beruhigendes. Die Lage ist ja jetzt weniger schön und Deinen Rat werde ich sowie Gelegenheit da ist und die Zeit gekommen ist, befolgen. Aber ich hatte Euch ja schon geschrieben, dass Ihr Euch nicht ängstigen sollt, wenn es mit der Post nicht so hinhauen will; dass wir uns alle gesund wiedersehen, davon bin ich überzeugt und lasse es mir auch nicht ausreden. Wie hast Du denn nun die Rückreise überstanden, ich kann mir denken, dass es mit unserem Kerlchen und dann noch dem ganzen Gepäck kein Vergnügen ist zu reisen, zumal bei den jetzigen Zeiten. In Saaz ist ja die Stimmung auch nicht gerade schön gewesen durch die Verwundung von Gretels Bruder und dem Unfall des Mädels. Hoffentlich ist letzterer noch zu helfen gewesen, denn es ist doch schade um so ein junges Ding. Dann noch die Unruhe und Arbeit mit den Handwerkern, ich kann mir gar nicht vorstellen, wo Ihr Euch da alle in der kleinen Wohnung aufgehalten habt. Ist denn Heidi nun wieder folgsamer oder macht sie Dir immer noch Sorgen? Wer weiss, was dem kleinen Kerlchen zuwider gelaufen ist. Den Film habe ich heute fortgebracht und soll ich die Bilder am Montag haben. Damit habe ich aber glaube einen Fehler
Weitere Kostenlose Bücher