Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
herumgeht wie nichts, wollen wir nur hoffen, dass Euch das ewige in den Keller rennen so viel als möglich erspart bleibt, sonst dauert es nicht lange und das bisschen Erholung ist wieder weg. Liebe Mutter, hoffentlich war mein Brief zum Muttertag für Dich keine zu grosse Enttäuschung, aber ich hatte an diesem Tag eine Stinkwut und war nicht richtig in Stimmung, Briefe zu schreiben. Gott sei Dank fährt morgen der Spiess auf zehn Tage nach Amsterdam, da er am Mittwoch heiratet, da sieht man den Knallkopp wenigstens eine Zeit lang nicht. Aber Du weisst ja, dass ich heute besonders an Dich denke und Dir nochmals in Gedanken für alles Gute und Liebe danke. Heidi hat wohl auch für Dich paar Blümchen gebracht und wird wohl dabei recht gestrahlt haben. Den Bauvertrag habe ich nun unterschrieben und zwei Exemplare nach Leipzig an die Sparkasse geschickt, das Original anbei, allerdings musste ich es nochmals falten, da ich keine grossen Umschläge habe. Sag mal, das Quittungsbuch habt Ihr doch dort und dann wollte ich mal noch wegen der Beitragszahlungen fragen, wie wir das nun machen wollen. Wie war es denn im Kino, hat Euch der Birgelfilm gefallen? Mit Naumanns Kurt ist es wirklich ein Jammer und ist es sehr schwer für Maxens Eltern, man hätte ihnen auch mal richtige Ruhe gegönnt, nach all den Sorgen um Max. Mir hatte es sehr weh getan, als ich es las, denn gerade bei Naumanns habe ich ja so schöne Stunden früher verlebt und nun geht einer nach dem anderen. Aber ich weiss, dass wir uns alle gesund wiedersehen und darfst Du nur den Mut nicht verlieren.
Am Freitag war ich im ‘Kleinen Grenzverkehr’, habt Ihr diesen Film schon gesehen? Schöne Aufnahmen von Salzburg und Reichenhall. Diese Woche werden hier in Arnheim zwei Opern gespielt, am Mittwoch von der Amsterdamer Oper ‘Rigoletto’ und am Freitag vom Deutschen Theater ‘Tosca’ und da ich morgen U.v.D. habe, werde ich beide besuchen können, man ist aber auch nach guter Musik wie ausgehungert. Das Paket an Leni mit Bürsten etc. ist nun heute schon weggegangen und wird in der Nähe von Darmstadt per Post aufgegeben, allerdings schon nach Leipzig adressiert. Wie gefällt es denn Vater in Elster mit so einer grossen Familie und ist er gesundheitlich auf dem Posten? Hier regnet es heute schon seit Vormittag und werde ich zeitig ins Bett gehen, das ist das Beste bei diesem unfreundlichen Wetter. Drück mal Heidi recht für ihre lieben Zeilen. Dir und Vater recht viele liebe Grüsse, geniesst noch die Tage bis zu Eurer Rückreise und grüsst Leni von mir.
Euer Hans.
d. 5.7. 44
Mein lieber Junge!
Nun habe ich Dir lange nicht geschrieben. Du wirst wohl meinen letzten Brief an Deinem Geburtstag erhalten haben. Hoffentlich hast Du denselben in voller Gesundheit verlebt. Wie schön wäre es gewesen, wenn Du ihn hättest daheim feiern können. Also Du hast Dich über Dein Geburtstagspäckchen gefreut, siehst Du, da hat es seinen Zweck erreicht. Ob Dir die Bücher gefallen werden? Man muß eben nehmen, was man bekommt, es gibt keine Auswahl. Heute kam auch das Päckchen mit der Milch an, und ich denke, daß auch die Butter eintrudeln wird. Schramms haben gestern die Butter erhalten. Sie haben sich sehr darüber gefreut. Tante Bertha hat auch zweimal Butter a dreiviertel Pfund und dreiviertel Pfund Kaffee erhalten. Sie wollte Dir nochmals 200 Mark schicken und ziehst Du Dir davon die 22 Mark ab, die Du von ihr noch bekommst.
Ich soll Dich von Tante Ida und Lieschen grüßen. Sie vertragen sich noch nicht besser und weiß man nicht, an wem es liegt. Tante Ida ist ja von jeher ein eigener Mensch gewesen. Es wäre für beide Teile besser, wenn jeder für sich wohnte. Wenn ich an Tante Idas Stelle wär, würde ich mir ein Zimmer für mich suchen, dann würden auch die jungen Leute merken, was sie an ihr für eine Hilfe haben. Ich war heute bei Tante Gretchen und schien es mir, als ob sie etwas besser aussieht, nur die geschwollenen Beine gefallen mir nicht. Sie erzählte mir, der Arzt sei gestern da gewesen, er hätte gesagt, sie solle ins Krankenhaus, sollte geröntgt werden.
Über Friedrich Martin weiß ich nichts, wenn ich seine Schwester treffe, werde ich mal fragen. Wie mir Leni erzählte, bist Du nun mal aus gewesen, haben denn die 10 Mark gereicht und hast Du was besonders Gutes gehabt?
Ja, mein lieber Junge, nun habe ich die Reise nach Großschweidnitz hinter mir. So wie ich es erlebt habe, hatte ich es mir nicht gedacht. Ich bin Mittwoch,
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