Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
auskommen, aber, na Du weißt schon, und reden wir nicht davon 4) . Über Heidis Weihnachten bist Du ja genau unterrichtet, jeden früh kommt sie in die Stube. “Ist noch alles da?” fragt sie, und dann ist sie zufrieden. Über sie am Ende des Briefes mehr. Mit der Seife kann ich Dir leider auch nicht helfen. Wir haben auch schon lange keine Zuteilung bekommen. Ich helfe mir immer mit flüssiger Seife, denn die gibt es markenfrei. Gibt es so was nicht bei Euch in der englischen Zone? Versuchs doch mal! Da habt Ihr wenigstens durch die 96 Stäbchen Euch die Feiertage ein bissel verschönern können, etwas macht es doch immerhin aus, und freue ich mich da mit für Dich. Auf die 24 mir zugedachten freue ich mich schon jetzt wieder. Die letzten haben bis gestern gereicht. Drei Stück habe ich verschenkt. Eine Papa, Mutti und Frau Kürbis. Denkst Du, daß der Vater des Röthaer Kameraden trotz der Sperre herkommen will? Gestern ist in dem Haus uns gegenüber ein Mann aus englischer Gefangenschaft ... entlassen worden. Ganz ordnungsgemäß. War auch in Holland, und dann im Lager in Friedland. Schlitten fahren war ich mit Heidi immer noch nicht, bei uns hat bis auf das bißchen das eine Mal noch kein Schnee gelegen. Aber ganz schön kalt ist es schon geworden. Aber sobald Schnee ist, muß ich schon mal mit ihr in den Albertpark rollen.Für den Heinz Krause ist es ja nun schön, daß er endlich Nachricht hat. Ich hatte Dir ja geschrieben, daß Papa sämtliche Briefe an die Verwandtschaft am dritten Feiertag hingetragen hat und hatten sie da immer noch keine Nachricht. Ich versteh das nicht. Ob denn der Russe nun wirklich geht? Man kann es oft nicht glauben, weil schon so oft falsche Gerüchte im Umlauf waren. Allerdings sieht es jetzt so aus. Onkel Ernst von Krolls muß sich am Sonnabend auch den Russen zur Verfügung stellen. Wozu? Auch Martin ist gewarnt worden. Er soll verduften, da er mit seinem Wagen auf der Liste steht. Aber ihm würde es nicht so schaden, mir würde es nur Lisas wegen wegen des Wagens leid tun. Fünfmal ist diese Nacht in Holzhausen die Sirene gegangen, das bedeutet jedesmal plündern.
In ‘Hoffmanns Erzählungen’ hat es mir sehr gut gefallen, und freue ich mich jetzt schon wieder auf den ‘Sommernachtstraum’ im Schauspiel. Wie wird es sein, wenn wir wieder gemeinsam gehen? Weißt Du, manchmal, da will man es gar nicht glauben, daß es wieder eine Zeit geben wird, wo wir wieder für immer zusammen sein können. Sechs Jahre hat man uns genommen und die Zeit hat uns alle umgeformt. Wie haben wir früher manchmal rumgealbert und gedöst. Weißt Du das noch? Ich glaube, das wird nicht wieder, dazu sind wir zu ernst geworden. Und dann sind wir ja auch Vater und Mutter geworden und haben Vorbild zu sein. Und trotzdem möchte ich für das Vorbild nicht garantieren.
Ich freue mich, daß Ihr nun wenigstens paar nette Bücher habt, da brauchst Du meine Berliner wohl gar nicht. Heute hole ich wieder eine. Mal sehen, ob ich sie als Drucksache schicken kann. Auch bei uns gibt es Streichhölzer überhaupt nicht zu kaufen. Ich habe von Papa ein Feuerzeug geschenkt bekommen, leider war da Heinz schon weg, sonst hätte ich es Dir mitgeschickt. Na, hast Du doch wenigstens an einem Feiertag mal ein bissel im Privathaushalt Dich aalen können. Was gab es denn Gutes? Und war es ein bissel nett? Wie alt ist denn der Röthaer und warum solltest Du ihn nicht mitnehmen? Wie war der Obstkuchen und die Stäbchen? Du, da säge ich einmal mit! Ist doch eine ganz lohnende Beschäftigung. An Silvester war ich zu Hause und waren Schramms mit da. Sie haben eine Flasche Weißwein mitgebracht, Vater eine Flasche Sekt und ich mein einziges Glas Erdbeeren und haben wir da eine Erdbeerbowle gebraut. Dazwischen habe ich einmal ein Gläschen Likör spendiert, den ich am Abend zuvor gebraut hatte und mich 32 M der halbe Liter kostet. Eigentlich wollte ich ihn für Dich aufheben, aber Du mußt bald kommen, sonst kann ich nicht garantieren. Vielleicht kaufe ich noch mal, und hebe den auf. Heute hat Mutter ein Glas Tee mit Korn spendiert und schmeckte das prima. Silvester haben wir ein bissel Karten gespielt und ein bissel unterhalten. Um 12 Uhr haben wir unser Glas erhoben und auf ein besseres Jahr angestoßen, dazu stand Dein Bild auf dem Tisch unter uns, aber nur angelehnt an die Bowle. Du wurdest vom Riechen satt, was?
(Rest fehlt)
Nienburg, den 3. 1. 46
Meine liebe kleine Lenifrau!
Vor einer Stunde bin ich mit dem
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