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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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offene Feld, und ihr kleiner Fiat wurde von einer Böe auf die andere Fahrbahn hinübergedrückt. Zum Glück gab es auf der einsamen Landstraße keinen Gegenverkehr.
    Jördis zuckte zurück. Sie saß verspannt auf dem Beifahrersitz, eine Hand um den Türgriff geklammert, und sah mit wachsender Angst die Bäume am Straßenrand näher kommen. Nur weil sie ihre Freundin nicht beleidigen wollte, schrie sie nicht laut auf.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie stattdessen. »Er spricht nicht darüber. Dass er sich so zurückgezogen hat, muss irgendwas mit seinem früheren Leben zu tun haben. Diese Ferienhütte hat er von seinen Eltern vererbt bekommen.«
    Carla schaffte es in ihre Fahrspur zurück und warf Jördis einen schnellen Seitenblick zu. »Ein bisschen merkwürdig ist er ja schon.«
    »Weil du ihn nicht so gut kennst wie ich«, entgegnete Jördis. »Alex ist zwar verschlossen und wirkt oft sehr hart, aber eigentlich ist er für einen Mann ziemlich sensibel.«
    »Wenn du das sagst.«
    Jördis wusste, dass Carla Alex nicht wirklich mochte. Sie führte das einzig und allein darauf zurück, dass Alex für ihre Freundin undurchschaubar blieb. In großen Teilen blieb er das auch für sie selbst, aber gerade das war es ja, was sie so faszinierend fand an ihm.
    Außerdem brachte er sie zum Lachen und konnte wirklich sehr einfühlsam sein, was ihr Gespräch gestern Abend mal wieder bewiesen hatte. Zurückblickend musste sie sagen, dass sie ihm von Anfang an verfallen gewesen war. Von jenem Tag vor drei Monaten an, als sie sich zum ersten Mal in einem Café in der Stadt getroffen hatten. Jördis hatte seine Nummer von einer Freundin ihrer Mutter bekommen. Der Privatdetektiv Alexander Seitz stand in dem Ruf, praktisch jeden finden zu können. Heute bereute Jördis es, ihm den Auftrag erteilt zu haben, ihren Vater zu suchen, den sie noch nie gesehen hatte. Alex hatte ihn ausfindig gemacht, und Roman Kettelhake war genau das Arschloch gewesen, vor dem Jördis’ Mutter sie gewarnt hatte. Sie hatte nicht auf sie hören wollen, und durch ihre eigene Schuld war die romantische Vorstellung, die sie immer von ihrem Vater gehabt hatte, zerstört worden.
    Aber immerhin hatte sie über diesen Umweg Alex kennen gelernt, sodass die ganze Sache doch noch ihr Gutes hatte.
    War es Liebe zwischen ihnen beiden?
    Jördis war sich nicht ganz sicher. Was sie selbst betraf, schon, aber Alex hatte bisher nicht von Liebe gesprochen, hatte noch nie »Ich liebe dich« zu ihr gesagt.
    Das schien für ihn nicht so leicht zu sein. Er kämpfte wohl mit seinen Gefühlen genauso wie mit seinem Leben. Er brauchte Zeit, und die würde sie ihm geben.
    »Vorsicht!«, schrie Jördis, als erneut eine Windböe den Wagen gefährlich nah an die Bäume drückte.
    Ihr Herz sackte in den Magen.
    Hoffentlich habe ich diese Zeit noch , dachte sie.
    Es war dunkel. Kühle Luft schlug ihr entgegen. Sie roch leicht süßlich, aber nur ein bisschen. Nicola streckte ihren Arm aus, legte die Hand an das kalte Mauerwerk und tastete mit den Fingern um die Ecke, dorthin, wo sie den Lichtschalter vermutete. Dabei zog sich die Haut an ihrem Arm bis hinauf zum Schulterblatt zusammen, und eine fast schmerzhafte Gänsehaut überfiel ihren gesamten Körper.
    Aber sie zuckte nicht zurück. Ihre Finger fanden und betätigten den Schalter.
    Mit lautem Geklicke erwachten sechs Leuchtstoffröhren unter der niedrigen Decke zum Leben. Es wurde nicht schlagartig hell, sondern nach und nach, und nach und nach enthüllte das stroboskopische Flackern die Wahrheit.
    Nicola schlug die Hand vor den Mund.
    Vielleicht hätte sie trotzdem geschrien, hätte sie durch den kurzen Blick über seine Schulter hinweg nicht schon eine gewisse Vorstellung von dem gehabt, was sie erwartete. So aber war der Schock merkwürdig sanft, wie eine heimtückische Krankheit, die sich leise durch die Hintertür hereinschlich.
    Sie hatte sich vorgestern nicht getäuscht.
    Die Köpfe waren da!
    Vier Köpfe, aufgereiht auf dem Tapetentisch, auf dem sämtliche Tapeten, die im Haus die Wände verzierten, zugeschnitten und bekleistert worden waren. Sie waren da, und doch war es nicht, was Nicola erwartet hatte. Sie stieg die zwei Stufen in die tiefer gelegene Garage hinab und näherte sich dem langen Aluminiumtisch.
    Die Köpfe waren auf Bambusstäbe aufgespießt, die wiederum steckten in Tontöpfen mit dunkler Erde. Unter ihrer Last bog sich der dünne Tisch durch.
    Es waren vier Köpfe von weiblichen Schaufensterpuppen, und alle

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