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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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musste sich dort hingelegt und unter das Bett gerollt haben. Es war ein altmodisches, hohes Bett, unter dem eine Person bequem Platz fand. Gebracht hatte es ihr aber nichts, der Täter hatte sie gefunden. Und er hatte eine Nachricht hinterlassen. Mit wessen Blut sie geschrieben war, würde später das Labor herausfinden, aber Nele tippte auf Miriam Singers Blut.
    Polizistenfotze ich gewinne.
    Auf wen war das gemünzt? Auf sie, auf Anou, auf Simone Lachnitt oder Polizistinnen im Allgemeinen? Und woher kam dieser Hass? Lag es daran, dass sie ihm in die Quere gekommen waren, sein Versteck draußen bei den Mastställen gefunden und entweiht und ihn gezwungen hatten zu improvisieren?
    Ich gewinne.
    Plötzlich wusste Nele wieder, was sie vergessen hatte, welcher Gedanke ihr als erstes durch den Kopf geschossen war, als sie den rotbraunen Schriftzug oben an der Wand über dem Bett entdeckt hatte.
    In der Innentasche ihrer Jacke fand sie die Visitenkarte. Sie tippte die darauf stehende Mobilfunknummer in ihr Handy und wartete.
    Dr. Barbara Sternberg nahm nach dem dritten Läuten ab.
    »Hier ist Nele Karminter, entschuldigen Sie bitte die Störung, Dr. Sternberg.«
    »Frau Karminter«, antwortete die Psychologin überrascht. »Um was geht es denn?«
    »Sie sagten gestern, Sie wären das Wochenende über noch in der Stadt?«
    »Richtig. Warum fragen Sie?«
    »Ich weiß, das kommt jetzt überraschend, und ich halte den offiziellen Dienstweg nicht ein, aber würden Sie mich in einem Fall unterstützen? Im Moment sieht es so aus, als ob wir ein Täterprofil benötigen, und ich dachte …«
    »Frau Karminter«, unterbrach Barbara Sternberg sie. »Was ist denn passiert?«
    Nele berichtete es ihr und spürte, wie sie dabei immer ruhiger wurde und ihre Gedanken in die gewohnt strukturierten Bahnen zurückkehrten. Dr. Sternberg hörte zu, ohne sie zu unterbrechen.
    Erst nachdem Nele fertig war, sagte sie: »Machen Sie sich um den Dienstweg keine Sorgen, der ist zweitrangig. Wo soll ich Sie wann treffen?«
    »Um zwölf im Präsidium. Dort gibt es eine erste Besprechung.«
    Dr. Sternberg versprach zu kommen.
    Nele war erleichtert. Die Entscheidung, die Psychologin und Fallanalytikerin hinzuzuziehen, hatte sie überstürzt und ganz aus dem Moment heraus getroffen, und sie hätte ebenso gut eine Abfuhr kassieren können. Dr. Sternberg würde den Fall nicht für sie lösen, und ob ein Täter- oder Tatortprofil sie schneller voranbringen würde, stand auch nicht fest, aber die Gegebenheiten hier, der Schriftzug an der Wand, der zweite Angriff auf Miriam Singer, all das waren gute Gründe, ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. So wie es aussah, hatten sie es mit einem hochgradig aggressiven, offenbar sehr flexiblen und gut organisierten Psychopathen zu tun.
    Und die waren Dr. Sternbergs Spezialdisziplin.
    Der Schlüssel glitt ins Schloss wie ein spitzes Messer in weiches Fleisch, und Nicola meinte tatsächlich, den gleißenden Schmerz eines Stiches tief in ihren Eingeweiden zu spüren.
    Sie verharrte, drehte den Schlüssel noch nicht herum.
    Drei Stunden hatte sie das graue Metall angestarrt. Drei Stunden lang hatten sich die Umrisse des Schlüssels in ihren Kopf eingebrannt, sodass sie eine exakte Kopie davon hätte anfertigen können, ohne ihn noch einmal sehen zu müssen. Sie wusste genau, es würde kein Zurück geben, und es würde niemals wieder so sein wie zuvor, wenn sie die Tür aufschließen und den Raum betreten würde. Stattdessen könnte sie ihn in ein paar Tagen wieder ins Haus lassen, würde die Strafe ertragen, egal, wie sie ausfiel, und danach würde alles wieder seinen gewohnten Gang gehen und sie ihr altes Leben zurückbekommen. Aber nicht, wenn sie dieses Verbot missachtete. Wenn sie diese Tür öffnete. Wenn sie diese eine Chance nutzte, sich ihm endlich zu widersetzen.
    Doch hier ging es nicht nur um sie, um ihre Zukunft. Das wusste sie. Das hatte ihr ein schneller Blick über seine Schulter hinweg klargemacht. Sie trug Verantwortung, denn sie allein kannte Den Anderen und das Grauen, das er verbreitete. Sie allein hatte hinter die Tür geblickt, und sie allein konnte es beenden.
    Nicola drehte den Schlüssel herum.
    Dann drückte sie die Klinke nieder und stieß die schwere Tür auf.
    »Warum muss dein Lover eigentlich so weit draußen leben?«, fragte Carla während der Rückfahrt vom Literaturbrunch bei Horst Schön.
    Sie kämpfte mit dem kräftigen Westwind. Gerade fuhr sie aus einem geschützten Waldstück hinaus aufs

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