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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Frau fragen … Oder diesen Detektiv, der weiß auch alles.«
    »Welchen Detektiv?«
    »Den wir vor ein paar Tagen damit beauftragt haben, unsere Tochter zu finden, nachdem die Polizei ja nichts getan hat.«
    »Warum haben Sie ihn nicht verhaftet?«
    Mit Tränen in den Augen, der ganze Körper angespannt, stand die Frau in der geöffneten Haustür, als Tanja Schildknecht auf sie zutrat.
    »So einfach ist das nicht.«
    »Aber er darf doch nicht hier rein! Sie müssen ihn verhaften, bitte! Lassen Sie ihn nicht frei herumlaufen.«
    Tanja Schildknecht legte Nicola eine Hand auf den Unterarm – sie stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
    »Kommen Sie, wir gehen hinein. Dort können wir reden.«
    Zitternd ließ Nicola sich in die Küche führen. Tanja sorgte dafür, dass sie sich hinsetzte, dann füllte sie Wasser in einen Schnellkocher, ließ sich zeigen, wo Teebeutel und Tassen standen, und brühte für sie beide einen Tee auf. Derweil saß Nicola weinend am Tisch und schnäuzte sich immer wieder in ein Papiertaschentuch.
    Tanja setzte sich ihr gegenüber und sah sie fest an.
    »Waren Sie heute bei Gericht und haben ein Annäherungsverbot beantragt, so wie ich es Ihnen am Samstag geraten habe?«, fragte sie.
    Nicola schüttelte den Kopf. »Ich … Ich hatte so viel zu tun.«
    Tanja hatte es geahnt.
    In den letzten beiden Jahren, seitdem sie in der Sondereinheit für häusliche Gewalt arbeitete, hatte sie viele Frauen kennen gelernt, die von ihren Partnern geschlagen wurden. Einige davon über Jahre hinweg immer wieder, so wie Nicola. Es waren verängstigte, eingeschüchterte Frauen ohne jedes Selbstbewusstsein, die sogar noch in ein tiefes Loch stürzten, wenn der prügelnde Mann plötzlich nicht mehr da war. Es reichte einfach nicht, die Männer aus dem Haus zu verbannen, solange sie noch in den Köpfen dieser Frauen präsent waren, und sie da rauszubekommen konnte lang dauern. Bei manchen gelang das nie.
    Nicht wenige ließen ihre Männer wieder herein und fügten sich in ihr Schicksal. Vielleicht gerade die Hälfte der Frauen, die sie betreut hatte, so schätzte Tanja, hatte es bis zum erfolgreichen Ende durchgezogen, und oft waren es nur die, die wirklich in Lebensgefahr schwebten und das auch wussten. Die meisten hätte man eigentlich an die Hand nehmen und zumindest auf den ersten Schritten in ein anderes, selbstbestimmtes Leben begleiten müssen. Dafür waren die Hilfsgruppen und Frauenhäuser da, aber was nützte das, wenn selbst dieser eine Schritt zu viel war. Tanja konnte nicht jede Frau dorthin begleiten. Anfangs hatte sie das getan, aber schnell erkannt, dass es auf Dauer zu viel Kraft und Zeit kostete. Mittlerweile neigte sie sogar zu der Ansicht, dass die Frauen, die diesen einen Schritt nicht gehen wollten, es nicht anders verdient hatten. Sie wusste, wie zynisch das klang, konnte sich aber nicht dagegen wehren. Vielleicht war Zynismus mittlerweile ihre einzige Verteidigung gegen die seelische Überlastung, die so ein Dienst mit sich brachte.
    »Nicola … Bitte, lügen Sie mich nicht an. Sie hätten Zeit gehabt, dorthin zu gehen. Oder zu einer der Selbsthilfegruppen, die ich Ihnen empfohlen habe.«
    Ihr Gegenüber nickte mit gesenktem Blick.
    Tanja seufzte. »Wenn Sie kein gerichtliches Annäherungsverbot erwirken, kann ich Ihren Mann auch nicht verhaften, er war schließlich nicht im Haus. Ich weiß, das klingt erschreckend, aber anders geht es nicht. Die Beratungsstelle hätte Sie auch beim Gang zum Gericht unterstützt. Und was machen Sie? Sie sitzen hier in ihrem Haus und warten darauf, dass er wiederkommt.«
    »Das stimmt nicht. Ich habe nicht gewartet.«
    Nicola hob ihre Teetasse an, dabei zitterte ihre Hand jedoch derart, dass sie sie wieder absetzen musste.
    Mit leerem Blick sah sie Tanja an. »Doch … Sie haben Recht. Ich habe gewartet. Ich habe sogar gehofft, dass er wiederkommt. Ich habe gehofft, dass alles wieder so werden würde wie früher, als er … als er noch nicht so war. Ich dachte wirklich, er hätte etwas gelernt dadurch.«
    »Nicola. Sie sind so mutig gewesen und haben im Krankenhaus mit uns gesprochen. Das darf nicht umsonst gewesen sein. Sie können nicht wieder in Ihr altes Leben zurück. Ihr Mann wird Ihnen das hier nie verzeihen. Sie können und dürfen ihm nicht trauen, selbst wenn er Ihnen das Blaue vom Himmel herunter verspricht, hören Sie!«
    Nicola nickte. Ihre Mundwinkel zuckten nervös.
    »Ich wünschte mir, es wäre anders, aber glauben Sie mir, solche

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