Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod
es gleich herausfinden, denn dass ihm nichts anderes übrigblieb, als die beiden Polizistinnen hereinzulassen, war ihm klar. Die Weiße, die sich als Karminter vorgestellt hatte, schien nicht zum Scherzen aufgelegt zu sein. Von ihr ging eine regelrecht düstere Stimmung aus.
»Okay«, sagte Alex, »dann kommen Sie bitte herein.«
Er eilte voraus und schaltete den Bildschirm seines Computers ab. Natürlich bemerkten die beiden Frauen das, und er konnte ihnen ansehen, wie merkwürdig sie sein Verhalten fanden. Und noch etwas anderes meinte er ihnen ansehen zu können: Horst Schön hatte sie nicht geschickt. Die beiden waren aus einem ganz anderen Grund hier.
»Haben Sie Daniela gefunden?«, sprach er seinen Gedanken aus.
Die Weiße starrte ihn an. Ihr Blick gefiel ihm immer weniger. Scheinbar hielt sie ihn für verdächtig.
»Leben Sie hier?«, sagte sie, statt seine Frage zu beantworten.
Das klang unhöflich, aber Alex war gewillt, darüber hinwegzuhören.
Er zuckte mit den Schultern. »Klar. Es ist zwar eine Wochenendhütte, aber als ständiger Wohnsitz zugelassen und angemeldet.«
Sie ließ ihren Blick durch das nicht gerade aufgeräumte und ziemlich vollgestellte Wohnzimmer gleiten, verweilte etwas zu lange beim Schreibtisch, auf dem noch immer Danielas Laptop stand, und sah ihn dann wieder an. »Können wir uns setzen?«
Alex nickte und zeigte auf die Sitzgruppe aus billigem Kiefernholz, die er eigentlich nie benutzte. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
Zwei Stühle musste er von irgendwelchen Zeitschriften befreien, dann erst konnten sie sich alle setzen.
»Wir kommen gerade von Danielas Eltern«, begann Nele Karminter. »Herr Gerstein sagte uns, Sie seien für ihn tätig und im Besitz des Computers seiner Tochter. Stimmt das?«
»Die Eltern haben ihn mir für die Ermittlungen überlassen, das stimmt.«
»Den benötigen wir jetzt. Haben Sie etwas gelöscht, verändert oder kopiert? Befindet sich sonst noch etwas aus dem Besitz des Mädchens hier bei Ihnen?«
Der Ton der Blondine gefiel Alex immer weniger. Nicht nur, dass sie seine Frage immer noch nicht beantwortet hatte, sie war auch noch unfreundlich, und dazu hatte sie keinen Anlass. Bisher zumindest nicht, aber das würde sich gleich ändern. Er spürte, wie es in seinem Inneren zu brodeln begann.
»Ist Daniela tot?«, fragte er.
»Könnten Sie bitte meine Frage beantworten.«
»Nachdem Sie meine beantwortet haben, gern.«
Schwarz und Weiß wechselten einen schnellen Blick, dann nickte die Karminter. »Ja, Daniela Gerstein ist tot. Mehr werde ich Ihnen zu den laufenden Ermittlungen aber nicht sagen. Wie sieht es nun aus mit …«
»Nein, außer dem PC habe ich nichts von ihr«, log Alex. »Und den können Sie gern mitnehmen. Da ist nämlich nichts von Interesse drauf. Wie ist sie gestorben?«
»Ich sagte doch gerade, dass ich mich dazu nicht äußern werde.« Nele Karminter beugte sich vor und sah ihn fest an. »Wir benötigen eine Speichelprobe von Ihnen«, sagte sie.
»Geht es Ihnen noch gut?«, platzte es aus Alex heraus. »Sie kommen hier rein wie ein Überfallkommando und behandeln mich wie einen Verdächtigen, statt mich um Hilfe zu bitten. Macht man das heutzutage so bei der Polizei?«
Alex war etwas zu laut geworden, aber die Frau kotzte ihn wirklich an. So ein großspuriges Verhalten, allein gegründet auf staatliche Autorität, konnte er auf den Tod nicht ausstehen.
»Wir können Sie auch mit aufs Revier nehmen, wenn Sie nicht kooperieren. Treiben Sie keine Spielchen mit mir, Herr Seitz, dazu bin ich im Moment überhaupt nicht aufgelegt. Sagen Sie uns einfach, wie weit Sie mit Ihren Ermittlungen gekommen sind, um alles andere kümmern wir uns.«
Da war ein gefährliches Funkeln in ihren Augen, aber das interessierte Alex jetzt überhaupt nicht mehr. So gefährlich wie die blöde Kuh war er schon lange.
»Nee«, sagte er, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wissen Sie was? Nehmen Sie mich doch mit. Da scheiß ich drauf. Aber Informationen bekommen Sie von mir erst, nachdem Sie sich entschuldigt haben.«
»Herr Seitz! Übertreiben Sie es nicht. Wir ermitteln in einem Mordfall. Da gibt es keinen Raum und keine Zeit für persönliche Animositäten.«
»Sie können mich mal«, sagte Alex und wusste im selben Moment, wie unklug das war. Aber er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Da war sie wieder, diese allzu leicht zu entfachende Wut, die so viel zerstören konnte und so viel zerstört hatte.
Nele
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