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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Fogli
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Gesicht, wie ein flüchtiger Rauchschleier.
    »Hören Sie, Vitale, ich kann Ihnen das Leben einfach oder unmöglich machen. Das hängt ganz von Ihnen ab. Soweit ich weiß, hatten wir eine Abmachung. Ich suche, und wenn ich etwas finde, frage ich Sie. Ich frage, Sie antworten. Wie ein Verhör läuft, wissen Sie doch, oder? Nur, dass es in diesemScheißloch niemanden gibt, der mitschreiben kann.« Er senkt die Stimme. »Hier gibt es nur uns zwei. Ich kann Ihre Haftbedingungen lockern, in Umlauf bringen, dass Sie etwas über ihre ehemaligen Kumpels loswerden wollen. Die haben Sie verraten, stimmt’s? Das haben Sie mir gesagt.« Er sieht weg und reibt sich das Kinn. Während er weiterredet, lässt er den Blick durch das Zimmer wandern, ohne Vitale anzusehen. »Sie haben die Gepflogenheiten des Hauses bereits kennengelernt, richtig? Das Licht brennt Tag und Nacht, und selbst auf dem Klo wird man von Kameras beobachtet. Man kann sich noch nicht mal in Ruhe einen runterholen, was, Vitale? Und es könnte noch schlimmer sein.«
    Er steht auf, geht um den Tisch und stützt sich auf die hölzerne Platte.
    »Stellen Sie sich mal vor, Sie wollen schlafen, um jeden Preis, und dieses verdammte Licht scheint Ihnen direkt ins Gesicht. Endlich gelingt es Ihnen. Da kommt die Wache herein, durchsucht Sie, durchsucht die Zelle. Jeden Zentimeter. Und auch Ihren Körper. Jeden Zentimeter. Und das jede Nacht. Jede Stunde. Wie lange, glauben Sie, braucht es, bis Sie durchdrehen?«
    »Sie drohen mir, Dottore.«
    Daniele lächelt. Diesmal ist er der Hai, der seine Zähne zeigt. »Diese Technik dürfte Ihnen bekannt sein.«
    Er setzt sich, stützt die Ellenbogen auf den Tisch und legt das Kinn in die Hände.
    »Sie sitzen auf der falschen Seite des Tisches, Vitale. Und mit der falschen Person. Ihr könnt mich allenfalls umbringen. Und inzwischen habe ich keine Angst mehr.«
    Er verstummt und hält dem Blick des Mafioso stand. Sekunde für Sekunde. Lange Augenblicke, wie Tropfen, die aus einem undichten Wasserhahn fallen.
    »Die Sadost, Vitale«, sagt er, ohne den Blick von seinem Gegenüber abzuwenden.
    Da blinzelt der Mafioso. Zum ersten Mal.
    »In Palermo gibt es so einen Ort«, sagt er. »In der Nähe vom Giardino Inglese. Dahin wurde das Geld gebracht.«
    »Was für ein Ort?«
    »Eine Immobilienagentur.«
    »Wie heißt die?«
    »Was zum Henker weiß denn ich, Dottore? Ich weiß, wo die war, ist mir doch scheißegal, wie die heißt.«
    »Was hat die Sadost damit zu tun?«
    »Die hat was damit zu tun. Wenn uns das Geld gebracht wurde, setzte sich der Typ, der es abholen sollte, in ein kleines Hinterzimmer und zählte es. Richtig fette Bündel hat der geschnürt, aus Hunderttausend-Lire-Scheinen. Und die Nummern hat er auf einem Zettel notiert. Auf so ’nem Notizblöckchen, wissen Sie?«
    Plötzlich lechzt Daniele nach Wasser, nach Luft, danach, hinauszurennen, die Treppe hinunter ins Freie, in den Hof, in den Regen oder die Sonne. Nach einem Pfefferminzbonbon, damit seine Kehle nicht bei jedem Atemzug brennt wie eine offene Wunde.
    Nach einem anderen Leben. Danach, nicht an diesem Ort zu sein, im Hier und Jetzt.
    Nicht zuzuhören.
    »Ich weiß, was ein Notizblöckchen ist. Die Sadost.«
    »Da war das Zeichen auf dem Papier.«
    »Das Logo der Sadost war auf einem Werbegeschenkblöckchen, das dieser Typ mal in der Hand hatte?«
    »Nicht mal, Dottore.«
    »Öfter als einmal? Wie oft?«
    »Wie oft, wie oft … Keine Ahnung … Die Sadost war von uns, Dottore. Das wurde mir gesagt.«
    »Vitale, bitte reden Sie Klartext. Sie haben das Zeichen gesehen, richtig?«
    »Ja.«
    »Und gefragt, was diese Sadost ist, richtig?«
    »Ja.«
    »Und Ihnen wurde gesagt, das sei eine Gesellschaft, die zu eurer Verfügung steht, richtig?«
    »Ja.«
    »Wer?«
    »Binnu. Binnu selbst hat’s mir gesagt.«
    »Bernardo Provenzano?«
    »Ja.«
    »Geht’s ein bisschen genauer?«
    Vitale knetet sich abermals die Handgelenke.
    »Provenzano hat mir gesagt, diese Sadost sei von uns und wir würden sie benutzen, um Geschäfte mit den Leuten in Mailand zu machen.«
    Daniele schlägt das Notizbuch auf und schreibt etwas hinein. Seine Stimme ist wieder ruhig.
    »Vorhin haben Sie von einem Geldtransfer gesprochen. Ist das nur einmal passiert?«
    »Soweit ich weiß, passierte das dauernd.«
    »Wann hat das angefangen?«
    »Ende ’93.«
    Daniele holt Luft.
    »Wieso sind Sie sich da so sicher?«
    »Wegen der Mailänder Bombe.«
    »Sie meinen das Attentat in der Via Palestro in

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