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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Fogli
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über die Tischkante.
    »Was erwarten Sie von uns?«
    »Dass Sie nachdenken. Eins und eins zusammenzählen. Fragen stellen. Versuchen, diese Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.«
    »Und der wäre?«
    »Darüber werden wir bald reden.«
    Er will aufstehen, doch Adrianos Satz lässt ihn innehalten.
    »Und wenn ich Ihnen sagen würde, dass ich weiß, von wo die Fernzündung betätigt wurde, und dass es nicht vom Castello aus war?«
    Giuseppe verschränkt die Arme vor der Brust.
    »Dann würde ich Sie bitten, mir mehr zu verraten.«
    Adriano sieht Elena an. Dann erzählt er von der Terrasse.
    »Es muss einen Polizeibericht geben«, schließt er. »Man muss es nur nachprüfen.«
    »Ihr denkt nicht, dass es Polizisten …«
    »Ich weiß nicht, was wir gedacht haben. Aber getraut haben wir der Sache bestimmt nicht. Und niemand hat das Gebäude untersucht. Jetzt können Sie denken, was Sie wollen.«
    Giuseppe nickt.
    »Genau das meinte ich. Die Dinge aus einem anderen Blickwinkel sehen.«
    »Und Sie?«
    »Ich, Signora?«
    »Ja, Sie. Was haben Sie jetzt vor?«
    »So einiges. Als allererstes werde ich die Telefonanlage auseinandernehmen und rauskriegen, wer sie manipuliert hat.«
    »Und als zweites?«
    Giuseppe lächelt.
    »Das werde ich Ihnen sagen, wenn’s getan ist.« Er steht auf. »Jetzt muss ich los. Und ihr auch, nehme ich an.«
    »Nur noch eine Frage.«
    Der Mann hält inne, legt die Hände auf die Stuhllehne und sieht meinen Vater an.
    »Bitte.«
    »Und wenn ich Sie nach Ermittlungen zur Bauauftragsvergabe frage?«
    Giuseppe verzieht keine Miene.
    »Denken Sie dabei an etwas Bestimmtes?«
    »Ich denke dabei an etwas ganz Großes.«
    Er lächelt.
    »Sie meinen
die Ermittlung
, ich verstehe. Nun, ich könnte Ihnen sagen, das sie nicht sonderlich beliebt ist. Sie wird zu den Akten gelegt. Wenn das nicht schon längst passiert ist.«
    Er drückt meiner Frau die Hand, dann meinem Vater.
    »Wir hören bald voneinander«, sagt er. Gleich darauf fährt sein Wagen davon.
    »Traust du ihm?«
    Elenas Frage bricht ein langes Schweigen.
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Und wieso …«
    »… wieso ich es ihm gesagt habe? Nun, wenn er ehrlich ist, wird er uns helfen. Und sollte er es nicht sein, weiß ich, wie ich’s rauskriege.«
     
    Als Elena nach Hause kommt, liege ich schlafend auf dem Sofa. Ohne mich zu wecken legt sie sich neben mich und starrt mit weit geöffneten Augen an die Decke. Ich weiß nicht, wie lange wir so daliegen. Als ich aufwache, weint sie, ich weiß esnoch wie heute. Ich nehme sie in den Arm, und ohne sich die Tränen wegzuwischen oder sie zu unterdrücken legt sie den Kopf auf meine Brust. Sie liegt nur reglos da und wartet.
    Diese Nacht schläft keiner von uns.
    Weder ich, der ich nicht weiß, was ich tun oder sagen soll. Noch sie, die mir erst sehr viel später gestehen wird, schlaflose Stunden verbracht zu haben, voller Furcht vor den Schatten im Zimmer, vor den Schemen der Kleider auf dem Sessel, den im nächtlichen Schein kaum wahrnehmbaren Umrissen der Tür. Vor den Geräuschen, die allzu nah und nicht zu benennen sind.
    Auch Adriano schläft nicht. Er erzählt mir, wieder einmal dem Morgengrauen entgegengewartet zu haben, umgetrieben von zu vielen Fragen und Antworten. Dann, am nächsten Tag, versuchen wir uns alle einzureden, alles sei wieder wie vorher.
    Abermals ruft mein Vater seinen Freund in Palermo an. Simone bestätigt, dass das Ermittlungsverfahren zur Bauauftragsvergabe vom Generalstaatsanwalt zu den Akten gelegt wurde. Von demselben Generalstaatsanwalt, der zuerst mit Rücktritt droht, es sich dann anders überlegt und sich beurlauben lässt. Acht der ihm unterstellten Staatsanwälte treten zurück, fordern eine ernstzunehmende Führung der Staatsanwaltschaft. Schließlich beantragt der Generalstaatsanwalt seine Versetzung. Nach Rom, zum Obersten Gerichtsrat.
    Adriano und Elena versuchen etwas über das Mietshaus herauszufinden. Das Unternehmen, das es hat bauen lassen, gehört einer Familie Rivalta, palermische Mafia, einer der Brüder ist vor fast dreißig Jahren der
lupara bianca
*, dem perfekten Mord, zum Opfer gefallen. Seit sie auf den Namen gestoßen sind, rechnen sie fast jeden Tag mit einer Festnahme oder wenigstens mit Ermittlungen. Doch es geschieht nichts.
    Adriano ruft wieder bei Simone an. Dem Unternehmen lässt sich nichts nachweisen. Was den Ort angeht, von dem aus die Bombe gezündet wurde, wird in drei Richtungen ermittelt:Die Grünfläche, die die Via

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