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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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wartet darauf, dass es passiert. Clara wusste, dass etwas passieren würde. Als wir den Knall gehört haben, wusste sie genau, wo sie hinfahren musste. Sie ist direkt in die Via d’Amelio gefahren.«
    »Hast du je versucht, sie ausfindig zu machen?«
    Er atmet tief durch.
    »Elena hat’s versucht. Das ist eines von den Dingen, die ich weiß und nicht weiß. Doch wenn es ihr gelungen wäre, hätte sie es mir wohl gesagt.«
    Einen Moment lang bleibe ich stumm. Ich denke an all die Telefonnummern in den Unterlagen meiner Frau. Daran, wie zäh und langwierig es werden wird, herauszufinden, zu wem sie gehören.
    Mein Vater führt seine Gedanken fort.
    »Eine Minute nach der Explosion ruft jemand, der dort war, bei Giordano an. Und Giordano ruft den offiziellen Sitz des SISDE in Palermo an. Das tut er vermutlich aus zwei Gründen.«
    »Entweder, um eine Bestätigung zu kriegen, oder, um den Vorfall mitzuteilen.«
    »Richtig. Darüber habe ich viel mit Elena gesprochen.«
    »Und was meinte sie?«
    »Dass es kein Zufall sein konnte, wenn der Sitz des SISDE ausgerechnet an diesem Sonntag geöffnet war.«
    Ich nicke.
    »Das sehe ich genauso.«
    »Ich auch. Die Bombe geht hoch. Jemand setzt ihn in Kenntnis. Er ruft an. Sie antworten. Als man Giordano fragt, streitet er ab. Soweit die Fakten.«
    Er kramt in der Bonbonschachtel herum. Murmelt etwas in sich hinein, greift in eine andere Tasche, holt die Zigaretten heraus und zündet sich eine an, ehe ich etwas einwenden kann.
    »Sag jetzt bitte nichts. Jeden zweiten Tag rauche ich ein paar. Und heute könnten es sogar drei werden, okay?«
    Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Er nimmt einen genussvollen Zug und redet weiter.
    »Wenn der, der den Anruf erhält, und der, der ihn tätigt, vom Geheimdienst sind – ich meine, wenn sie es damals waren –, müssen sie absolute Vertrauensmänner gewesen sein. Wir reden hier von der Via d’Amelio. Und von einer Gruppe von Personen, die zumindest formal für den Staat gearbeitet haben.«
    »Kein einfaches Fußvolk …«
    »Gute Metapher. Wenn man so ein Geheimnis mit sich herumschleppt, gibt es aus dem Arbeitsleben nur zwei Auswege.«
    Ich denke an die Personalliste des Sitzes in Palermo. Wenn sie es denn wirklich ist.
    »Entweder man macht Karriere, oder man stirbt«, sage ich.
    »Vielleicht durch einen Haushaltsunfall. Oder durch einen Tumor. Oder im Einsatz. Oder in einer schiefgegangenen Entführung, deren Schuldige niemals gefunden wurden.«
    Ich sehe zu Boden.
    Ich denke an Danieles Unterlagen, an die Urteile, die ich gerade gelesen habe. Capaci. Die Bomben von ’93. Francesco Ceccarelli, wispere ich. Doch es kommt kein Ton über meine Lippen. Francesco Ceccarelli ist mit Giordano auf dem Boot. Seine Telefonnummer steht auf dem Zettel, der 1992 in Capaci gefunden wurde. Sein Auto steht nicht weit von der Via Fauro, in der 1993 die Bombe explodiert. Er wohnt ganz in der Nähe.
    Ich sehe auf und blicke meinen Vater an, der nachlässig durch die Zeitung blättert.
    »In dieser Geschichte steckt zu viel Staat«, sage ich.
    Er lächelt bitter.
    »Willkommen im Klub.«
    Ich erzähle ihm von Ceccarelli. Er klappt die Zeitung zu. »Wenn du glaubst, er habe in der ganzen Angelegenheit eine Rolle gespielt, dann hast du recht. Elena war überzeugt, dass der Zettel auf dem Hügel bei Capaci eine Nachricht war, eine Warnung. Etwas in der Art. Ich glaube nicht, dass er ihn dort oben verloren hat.«
    Ich sage nichts, meine Gedanken ziehen weite Kreise. Die Fragen kommen schnell. Zusammenhanglos und ohne ersichtliche Logik. Zu viele, um eine Antwort zu finden. Zumindest für den Moment.
    »Ich versuche, etwas über die Namen auf der Liste herauszufinden«, sage ich. »Wenn Elena sie aufgeschrieben hat, gab es dafür einen Grund.«
    »Bleibt noch die Immobilienagentur.«
    Ich zucke zusammen. Arianna rührt an dieser Agentur, und schon kriegt sie Ärger. Ich halte es nicht für eine besonders gute Idee, schlafende Hunde zu wecken. Als ich es meinem Vater sage, tut er entrüstet.
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich da mit meinem Rollstuhl auftauche und frage, ob sie mir einen Termin bei Ignazio Solara geben können? Ich will nur ein paar Anrufe machen. Mehr nicht. Rein geschäftlich.«
    Ich höre nicht hin. Es gibt noch eine Sache, die ich ansprechen muss.
    »Ich will mehr über Giulio Occhipinti wissen«, sage ich.
    Adriano lacht.
    »Und wie willst du das anstellen?«
    »Sag du’s mir.«
    Mein Vater denkt sehr ernsthaft nach.
    »Ich

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