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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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Hausarrest stellen, sagt er. Und dann bringen wir dir die Bilder.
    Ich erinnere mich, dass ich eine Weile geschwiegen habe. Dann habe ich genickt und gelächelt. Er hat mein Lächeln nicht erwidert.
    Du bist doch nicht etwa vom Geheimdienst, hat er mich gefragt.
    Ich hab gedacht, hier komm ich nicht mehr lebend weg. Und niemand würde mich finden. Ich hab die Brieftasche rausgezogen und ihm meinen Personalausweis gezeigt. Zur Ausreise ungültig, stand darauf. Ich kann noch nicht mal hin, wo ich will, hab ich ihm gesagt, schöner Dienst, den sie mir da erwiesen haben.
    Er hat gelacht. Reglos, die Hände in den Taschen, hat er in der brütenden Hitze gestanden. Ich hab versucht, was zu sagen, um die Spannung zu lockern, aber er blieb ungerührt. Er hat mich gefragt, ob auch Freimaurer unter meinen Verbindungen seien, denn wenn ich mit denen kungelte, hätte er keine Verwendung für mich. Dann würde er alleine weitermachen, mit denen aus Trapani.
    Ich hab ihm gesagt, ich kenne keine Freimaurer. Das hätte ich ihm so oder so gesagt.
    Er hat tief Luft geholt und mir eine Hand auf die Schulter gelegt. Die machen uns nämlich Schwierigkeiten, hat er gesagt. Da sind die Frauen und Kinder und Geschwister, die sich beklagen, dass sie ihre Lieben im Knast noch nicht mal anfassen dürfen. Dann ist er laut geworden. Was haben die sich eigentlich in den Kopf gesetzt, verdammt noch mal? Die wollen sie zum Auspacken zwingen, das wollen die!
    Er hat rumgeschrien, ohne die Hand von meiner Schulter zu nehmen. Der ganze Scheißsteinbruch hallte davon wieder. Da wurde mir klar, dass ich davongekommen war, aber ich hoffte trotzdem, er würde endlich damit aufhören. Dieser Steinbruch, sein Gebrüll … Ich glaubte, ersticken zu müssen.
    Eine halbe Stunde Hausarrest reicht, hat er schließlich gesagt. Er hat fast geflüstert. Eine halbe Stunde, hat er wiederholt. Dann hat er die Hand weggenommen und mich zum Mittagessen eingeladen.
    Ich glaub, ich hab noch nie so gut gegessen. Wir plaudern wie immer. Und wie immer erzählt er mir ein bisschen was von sich. Nur, dass es diesmal klingt, als spräche er im Namen der Cosa Nostra. Er sagt mir, er würde gern mal ein großes Ding in Pianosa landen, um denen, die drin sind, zu zeigen, dass man sie nicht vergessen hat. Er fragt mich, ob ich einen Hubschrauber fliegen kann. Ich sage ihm, dass ich den Flugschein habe, aber seit einer Ewigkeit nicht mehr geflogen bin.
    Schließlich verabschieden wir uns, und ich verspreche ihm, bald von mir hören zu lassen. Am Tag danach rufe ich den Maresciallo an und fahre wieder heim.
    Er wartet vor dem Haus auf mich. Ich gebe ihm die Fotos und sage ihm, um welches Gemälde es sich handelt, aber das weiß er schon. Dann erzähle ich ihm von den Namen und nenne ihm meine Bedingungen, um den Kontakt aufrechtzuerhalten. Dreihundert Millionen und die Annullierung einer dreijährigen Haftstrafe, die ich in ein paar Monaten antreten soll. Es ist klar, dass sich meine Position wesentlich verbessert, wenn ich Donnie etwas liefern kann.
    Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Während ich rede, liest er den Zettel mit den Namen. Die Situation ist jetzt ganz anders, sagt er schließlich, ich muss mit jemandem reden. Und auch er lässt nichts mehr von sich hören.
    Ich warte ein Weilchen, dann rufe ich ihn an. Er sagt mir, was diese Namen betrifft, könne man nichts machen. Die seien noch nicht mal krank, und die gegenwärtigen Umstände böten keinerlei Spielraum. Ich lege auf und denke, dass ich Donnie so was nicht sagen kann. Nicht so.
    Ich rufe ihn an, wir verabreden uns, und ich fahre wieder nach Sizilien. Wieder in diesen elenden Steinbruch. Ich erkläre ihm, es sei unmöglich, etwas für alle zu tun. Allenfalls für den ältesten. Den Vater von Brusca. Donnie hatte mir gesagt, dass es ihm nicht gutgehe, also behaupte ich das einfach. Wir arbeiten ein bisschen daran, und dann kommt schon was dabei rum. Ich schlage ihm vor, inzwischen den Caravaggio zu finden, als Zeichen des guten Willens.
    Doch er hört mir schon nicht mehr zu.
    Er lächelt, und dieses Lächeln ist alles andere als belustigt. Er fängt an zu reden, und es klingt, als spräche er mit sich selbst, doch ich weiß, dass es an mich gerichtet ist.
    Die Democrazia Cristiana hat uns in den Arsch gefickt, sagt er. Die haben uns Versprechen gemacht und sie nicht gehalten. Die in Rom, nicht die hier unten. Die in Rom. Er wiederholt es dreimal. Und auch diese dreckigen Sozis, die ohne uns noch nicht mal

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