Bleischwer
«
»Und ich brauch nicht mehr als
drei Schüsse.«
Jule,
Micha und Gerti schraken zusammen. Die Frau, die plötzlich mitten in Gertis
Küche stand, trug Latexhandschuhe und einen schweren Revolver in der Hand.
»Ich
muss schließlich vernünftig zu Ende bringen, was meine drei Kollegen so elendig
hingestümpert haben.«
»Melanie,
was … ?«
Jule
begriff nicht, was vor sich ging. Melanie Pütz-Coenens Gesicht war hart und
ausdruckslos. Die schmalen Lippen bildeten eine blutleere Linie. Sie mied Jules
Blick. Stattdessen fixierte sie Gerti.
»Du
bist zuerst dran«, sagte sie. Die Hand mit der großen Waffe, von der Jule
vermutete, dass sie aus Michas Plastiktüte stammte, zitterte. »Dein Mann und
du, ihr habt Stefan auf dem Gewissen!«
»Halt!«
Das kam von Micha. »Mel, was soll das?«
»Was
das soll? Was das soll?« Die Frau, die Jule hatte glauben lassen, ihre Freundin
zu sein, funkelte Micha böse an. »Rühr dich nicht von der Stelle, Loser. Nein,
halt, erst gibst du mir deine Pistole. Mit der linken Hand. Die rechte nimmst
du schön hoch.« Sie nickte zufrieden, als Micha gehorchte, mit ungelenken
Fingern in den Gürtel griff und seine Pistole hervorzog. »Wirf sie auf den
Boden. Hierhin.« Krachend landete die Waffe auf den Fliesen und schlidderte
Melanie vor die Füße.
»Ich
kann dir sagen, was das soll. Meine Schlampe von Schwester ist schuld, dass
alles so kommen musste, verstehst du? Immer kriegte sie die Männer, die für
mich bestimmt waren. Und dann hat sie sie nach Strich und Faden verarscht. Der
ging es nur ums Geld. Stefan wollte mir das einfach nicht glauben. Nicht in
meinen Briefen zu Beginn seiner Haftzeit und nicht am Donnerstagabend, als ich
ihn auf Sonjas Geheiß am vereinbarten Treffpunkt auf dem Waldparkplatz
abgefangen und in Jürgen Bohrs Jagdhütte untergebracht habe.«
»Stefan
war von Donnerstag bis Samstagmorgen mit dir zusammen?«, fragte Micha
ungläubig.
»Was
sonst? Ich war die Einzige, der meine Schwester vertraute. Sie wusste, dass mir
Stefan am Herzen lag und ich ihn nie an die Bullen verpfiffen hätte. Sogar
Becker hatte keine Ahnung, dass ich involviert war.« Melanie grinste zufrieden.
Dann legte sie die Stirn in tiefe Falten und spuckte aus.
»Was
Sonja nicht wusste, war, dass ich ihn ihr nicht gönnte. Ums Verrecken nicht!
Sie hatte ihn damals, als er in den Knast kam, fallen gelassen wie eine heiße
Kartoffel. Jetzt wollte sie ihn zurück, wegen des Geldes und der verschissenen
Diamanten! Das konnte ich nicht zulassen. Also bearbeitete ich ihn in Bohrs
Jagdhütte.«
»Halt.
Das geht mir zu schnell«, mischte sich Jule ein. »Vom Dorfpolizisten wissen
wir, dass Stefan eine Stunde zu früh aus der JVA Ossendorf ausbrach. Wer sollte
ihn denn aus der Gefahrenzone bringen? Du?«
»Nein.«
Melanie streifte sie mit verächtlichem Blick, als sei sie nicht ganz richtig im
Kopf. »Sonja natürlich, die war auch schon unterwegs, da rief Becker sie übers
Handy an. Er brachte ihr schonend bei, dass Stefan längst draußen war und in
Euskirchen eine Geisel genommen hatte. Seinen Kollegen sei spätestens jetzt
klar, dass Stefan die Eifel anpeilte. Sonja ging davon aus, dass die Polizei
ihr längst auf die Schliche gekommen war und traute sich nicht, selbst zu dem
Waldparkplatz unterhalb von Bohrs Jagdhütte zu kommen. Sie und Stefan hatten
den als Notfalltreffpunkt vereinbart, falls etwas schief gehen sollte. Denn
Stefan verfügte nicht mal über ein Handy. Absichtlich, weil die beiden Angst
vor einer möglichen Ortung hatten.
Also
kam ich ins Spiel, während Sonja einen auf unschuldig machte und zurück nach
Steinbach in Omas Häuschen fuhr.«
Melanie
atmete tief durch, bevor sie wie gehetzt weiter holperte. »In der Jagdhütte
versuchte ich, Stefan davon zu überzeugen, was für eine falsche Schlange Sonja
war. Ich schlug ihm vor, die Beute aus dem Versteck zu holen und gemeinsam mit
mir zu fliehen. Sonja hatte ihm ja schon einen gefälschten Ausweis besorgt und
die Tickets für die Reise nach Australien für Mitte März.«
»März?
Auf dem Bestätigungsschreiben des Reisebüros stand aber August«, stieß Jule
verwirrt aus.
»Ist ja
wohl kein Problem, aus einer 3 eine 8 zu machen, Jule. Ich wollte dir
weismachen, dass Sonjas Urlaubspläne nichts mit Stefans Flucht zu tun hätten.
Dass sie ihr Leben ohne ihn plante. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall. Die
beiden wollten sich die Beute holen und so schnell wie möglich ins Ausland
absetzen.« Melanie lehnte
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