Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleischwer

Bleischwer

Titel: Bleischwer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Wünsche
Vom Netzwerk:
sich mit dem Rücken an den Kühlschrank und seufzte
auf. »Stefan glaubte mir einfach nicht, dass Sonja ihn bloß ausnutzte. Er blieb
stur. Auch als ich ihm gestand, dass ich ihn schon immer geliebt hatte, blieb
er hart. Ging auf keinen Annäherungsversuch ein. Obwohl er so viele Jahre ohne
Sex hatte auskommen müssen, wollte er keinen mit mir. Er zog meine Schwester
vor, die geldgeile Schlampe. Das hat mich sehr … gekränkt.« In Melanies Augen bildeten sich dicke Tränen. Sie liefen ihr über
die Wangen, ohne dass sie sich darum kümmerte. »Es war einfach nicht fair. Auch
dass Bernd mich verlassen hat … Was ist bloß los? Bin ich so
grottenhässlich?«
    Trotz
ihrer Angst und der Tatsache, dass Melanie ihr die Freundschaft von Anfang an
nur vorgespielt hatte, keimte Mitleid in Jule auf. Das Leben und seine
Enttäuschungen hatten diese Frau gezeichnet und verhärten lassen. Wie die Witwe
des erschossenen Polizisten. Aber bevor Jule irgendetwas sagen konnte,
sprudelte es aus Melanie hektisch weiter.
    »Freitagnacht
gegen drei Uhr ist Stefan dann los, weg aus der Jagdhütte. Er wolle endlich die
Beute holen und anschließend zu Sonja, sagte er. Egal, wie gefährlich das sei.
Er verschwand, ohne sich für meine Hilfe zu bedanken und ohne ein nettes Wort.
Später brachten sie in den Nachrichten, dass man das geklaute Auto, mit dem er
immer noch unterwegs war, in einem Gebüsch am Ortseingang von Steinbach
gefunden hatte. Ich rief Sonja an, aber die hatte nichts ihm gehört oder
gesehen. Zu viele SEK-Leute im Dorf. Samstagabend, es war nach neun, hielt ich
es nicht mehr aus und fuhr zu ihr. Den Smart parkte ich in einer Nebenstraße
und ging hinten rum, durch den Hof, ins Haus. Meine Schwester war halb verrückt
vor Panik und beschimpfte mich, Stefan im Stich gelassen zu haben. Wir gerieten
in heftigen Streit. Das müsse sie gerade sagen, warf ich ihr an den Kopf. Was
habe sie denn damals gemacht, als ihr Verlobter zu Lebenslang mit
anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden war? Sich dem
Nächstbesten an den Hals geschmissen und in den sicheren Hafen der Ehe
gesegelt. Ohne Stefan eine Träne nachzuweinen! Da ist sie ausgerastet und hat
mich geschlagen. Auf dem Esstisch lag ein Laib Brot auf einem Holzbrett, das
Brotmesser daneben. Ich hab einfach zugestochen. Immer wieder.«
    Sie
schluckte und schwieg. Der Blick ihrer verweinten Augen war in weite Ferne
gerichtet.
    »Sie
hatte es verdient«, sagte sie schließlich kalt. »Ich bereue nichts. Ich habe
dann das Messer gründlich gespült und neben Sonja auf den Boden geworfen.
Außerdem habe ich meine Fingerabdrücke von den Türklinken gewischt und alle
Briefe meiner Schwester aus dem Geheimfach geholt. Sicher ist sicher, dachte
ich. Danach bin ich heim nach Vorst gefahren. Ich war wie im Schock. Habe gar
nicht darüber nachgedacht, dass man Stefan verdächtigen könnte. Erst später … «
    Micha
unterbrach sie. »Ich glaube dir deine Geschichte nicht«, wendete er zögernd
ein. »Vorhin hast du behauptet, mit den drei Rechtsverdrehern gemeinsame Sache
zu machen. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede.«
    »Ich
bin noch nicht fertig, Loser«, wies Melanie ihn zurecht. »Aber eins sage ich
dir: Hättest du Stefan damals nach dem Bankraub nicht feige hängen gelassen,
wäre all das nicht passiert. Auch dass du die Beute einem alten, raffgierigen
Trottel wie diesem Platzwart quasi persönlich überlassen hast, war ein
Riesenfehler. Stefan könnte noch leben und längst mit mir in Australien sein.
Du bist schuld, dass er tot ist. Nur du!«
    Micha
sank in sich zusammen. Melanie Pütz-Coenen hatte das ausgesprochen, wovon er
sowieso überzeugt war. Seine bodenlose, allumfassende Schuld an dem Desaster.
    »Und du
trägst keine Verantwortung?«, stieß Jule hervor. »Indem du deine Schwester
getötet hast, hast du Stefan seinen ganzen Lebenswillen genommen. Er war völlig
fertig. Er konnte nicht mehr klar denken … «
    »Schwachsinn!«
Jetzt wurde Melanie zornig. »Er wäre schon noch zur Besinnung gekommen. Aber
dann hat dieser Weyers ihn erschlagen. Brutal und feige. Als ich von dem Mord
hörte, bin ich fast durchgedreht. Konnte mir nicht vorstellen, wer das gewesen
sein sollte. Ich dachte natürlich, der Mörder habe Stefan mitsamt der Beute
erwischt und die mit Gewalt an sich gebracht.« Sie räusperte sich. »Ich
brauchte Verbündete, um die Sache aufzuklären. Außerdem wollte ich jetzt
unbedingt die Diamanten. Ich fand, dass sie mir zustanden nach der

Weitere Kostenlose Bücher