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Bleischwer

Bleischwer

Titel: Bleischwer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Wünsche
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ganzen
Hilfe, die ich geleistet hatte. Mir fiel ein, was Sonja mir vor langer Zeit
erzählt hatte: Dass es da drei Jurastudenten gab, die sich sehr für den Raub
und den Verbleib der Beute interessierten. Während des Prozesses kontaktierten
sie meine Schwester und versuchten, sie unter Druck zu setzen. Erst waren es
nur Odenthal und Fröhlich. Irgendwann klingelte dann Theisen, dieser Schleimer,
bei ihr an und zog alle Register. Ohne Erfolg. Das war’s erst mal. Das Trio gab
sich geschlagen.
    Nachdem
Sonja aber vor einem halben Jahr nach Steinbach ins Haus unserer Großeltern
gezogen war, begegnete sie Odenthal, Fröhlich und Theisen in der
›Eifelwind‹-Kneipe. Die drei spielten da Skat. Odenthal erkannte meine
Schwester trotz ihres veränderten Aussehens sofort. Später besuchte er sie in
ihrem Häuschen. Hatte wohl Erkundigungen eingezogen und löcherte sie nun wegen
der Beute. Die Juwelen seien seither nie wieder aufgetaucht, sagte er. Es sei
ein juristisches und detektivisches Rätsel, das man doch gemeinsam lösen könne.
Sonja lehnte dankend ab und schmiss den Typen raus. Aber vielleicht gaben
Odenthals Worte den Ausschlag für ihre Kontaktaufnahme mit Stefan im Bau? Wer
weiß?« Melanies Stirn hatte sich gerunzelt, als sei ihr dieser Gedanke gerade
selbst erst gekommen. »Sie stellte sich ja auch ziemlich an mit dieser ominösen
Krebsgeschichte. Steigerte sich da rein; keiner durfte was wissen. In
Wirklichkeit hatte sie totalen Schiss um ihr Leben. Und keine Knete für
irgendwelche alternativen Therapien. Da fand sie die Idee, auf einen Schlag
Millionen abzuräumen, nicht übel. Und den Stefan hatte sie doch früher schon
gemolken wie ’ne Milchkuh.« Wütend kniff sie die Augen zusammen. »Nun, wie dem
auch sei: Nach Stefans Tod schrieb ich Theisen unter einem Vorwand eine E-Mail
an seine Neusser Kanzlei. Wir kannten uns flüchtig. Bernd und Jörg haben mal
zusammen mit ein paar anderen Typen aus dem Schützenverein Badminton gespielt.
So klein ist die Welt.«
    Melanie
lächelte Jule bittersüß an. »Jörg meldete sich sofort zurück. Es hat mich keine
große Überredungskunst gekostet, ihn zusammen mit seinen beiden Freunden einmal
mehr auf die Spur der Beute anzusetzen. Geld und Diamanten könnten nicht weit
sein, erzählte ich. Ich präsentierte ihm das Gedicht, das ich in Sonjas
Unterlagen gefunden hatte. Aber Jörg wusste längst, wo das Versteck gewesen
war. Er hatte Sonntagnachmittag nach seiner Ankunft im ›Eifelwind‹ bei der
Suche nach dir den Wohnwagen umrundet. Neben dem Weinstock gab die Erde
plötzlich nach. Jörgs Fuß verfing sich in einem stümperhaft zugeschütteten
Loch. Ein Spaten lag daneben. Das kam ihm seltsam vor. Er schaute nach und
entdeckte eine leere Brotdose. Der Fitzel eines 500 DM-Geldscheins klemmte in
einem Scharnier. Jörg hat daraufhin die Büchse in den Steinbach geschmissen,
total frustriert, dass er all die Jahre im Urlaub nur wenige Zentimeter über
dem Versteck geschlafen hat. Ich ermutigte ihn, dass die Beute noch nicht
verloren sei und dass der Dieb des Geldes und der Diamanten eigentlich nur
jemand aus dem ›Eifelwind‹, aus Steinbach oder der unbekannte Komplize von
damals sein könne. Wir taten uns, wie gesagt, zusammen.«
    Melanie
verzog ihr Gesicht zu einem triumphierenden Grinsen.
    »Und
dann bist du, Jule, mir direkt in die Arme gelaufen. Das war echt der Hammer,
wie ein Sechser im Lotto! Und hast auch noch geglaubt, mich aushorchen zu
können. Dabei wusste ich sofort, wer du warst. Maiwald … meine
Güte. Ich brauchte bloß eins und eins zusammen zu zählen! Und nicht nur das. Du
präsentiertest mir sogar Michael Faßbinder auf dem Silbertablett. Den hatte ich
erst für Stefans Mörder gehalten. Irrtümlich, wie sich schnell rausstellte.
Leider reagierte Jörg ziemlich eifersüchtig, als er hörte, dass du Faßbinder im
Haus deiner Mutter versteckt hieltest … «
    »Du
warst die Frau, mit der Theisen telefoniert hat, als ich gefesselt und
geknebelt in seinem Auto lag!«, rief Micha aus.
    Jule
starrte Melanie aufgebracht an. Ihr Mitleid hatte sich schlagartig verflüchtigt.
Gleichzeitig packte sie das schlechte Gewissen. Sie hatte Jana verdächtigt!
Ihre kleine Schwester! Wie dumm sie gewesen war!
    »Ja,
natürlich. Ziemlich dämlich von Jörg. Mich auch noch ›Süße‹ zu nennen. Aber der
ist sowieso nicht der Hellste, wenn du mich fragst.« In Melanies Miene
spiegelte sich Abscheu. »Genau wie die beiden anderen Anwälte. Alles
Fachidioten.

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