Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
nicht erschrecken dürfen, Noah. Es war meine Schuld. Ich ...“
Nun wandte er sich um. Wie ein Wirbelwind fegte er herum und warf mir Blicke wie glühende Blitze zu. In ihm tobte die Wut, unverkennbar. Ich verstand es nicht, aber der Zorn in seinen Augen zwang mich, auf der Stelle innezuhalten.
„ Deine Schuld?“, presste er zwischen den Zähnen hindurch. „Siehst du denn nicht, was wirklich los ist, Emily?“ Mein Name klang so hart, dass ich mir wünschte, er würde stattdessen meinen neuen Spitznamen gebrauchen. Denn den schien er nur sanft aussprechen zu können.
„Ich bin so kaputt, dass ich dich beinahe verletzt hätte“, zischte Noah. Damit wandte er sich erneut ab und entfernte sich so weit von mir, wie es die Größe seines Zimmers zuließ. „Scheiße! Was denkst du dir nur dabei? Wie kannst du glauben, dass ich das schaffe?“, schimpfte er.
„Was schaffst?“, fragte ich völlig hilflos. Warum war er so wütend auf mich? Ich spürte die Tränen aufsteigen; schon stachen sie spitz hinter meinen Augen.
Noah beantwortete meine Frage nicht. Aber als er hörte, wie stark meine Stimme vibrierte, kam er auf mich zu und schloss mich fest in seine Arme.
„Es tut mir so leid!“, sagte er immer wieder und küsste mein Haar.
„Es ist doch gar nichts passiert. Ich wünschte nur, du würdest dich nicht so fertig machen“, schluchzte ich an seiner Brust.
„Schon gut“, tröstete er mich und streichelte meinen Rücken. Ich drehte ihm mein verheultes Gesicht zu. „Was meintest du eben?“
„Hm?“
„Wie kann ich glauben, dass du was schaffst?“
Meine Frage schien Noah in Verlegenheit zu bringen. Er löste eine seiner Hände von meinem Rücken und fuhr sich über die Stirn. „Ähm, ich ... Das war nicht so direkt ... an dich gerichtet.“
„An wen denn sonst?“, hakte ich nach.
Noah wand sich hin und her, schien nicht zu wissen, wohin er schauen sollte, aber er blieb mir seine Antwort schuldig. Sekunden später, inmitten der angespannten Stille, klopfte es an seiner Zimmertür. Da wir unmittelbar hinter der Tür standen, sparte sich Noah seine Antwort, indem er direkt seinen Arm ausstreckte und öffnete.
Lucy stand vor uns – winzig, bildhübsch ... und offenbar etwas angesäuert. „Ihr habt Farbe gekauft? Und deine Möbel stehen in de r Mitte des Raums? Also stimmt es, ihr wollt dein Zimmer neu gestalten. Ohne mich!“, stellte sie mit vor der Brust verschränkten Armen fest. Ihr Ton war eindeutig vorwurfsvoll und der Zeitpunkt ihrer Anklage so ungünstig wie kein anderer der vergangenen zwei Tage.
„Gott, Lucy! Und? Es ist schließlich mein verdammtes Zimmer“, motzte Noah, was seine Schwester sofort dazu brachte, einen Gang zurückzuschalten. Resignierend ließ sie die Arme fallen. „Ich weiß. Es ist nur, ... ich hätte wirklich gerne geholfen. Du weißt ...“
„... w ie gerne du renovierst?“ Noah seufzte. „Ja, das ist mir nicht entgangen.“ Damit trat er zur Seite und bedeutete seiner Schwester hereinzukommen.
„Ach Noah“, sagte Lucy leise. „Entschuldige, ich bin so albern.“ Noahs Lächeln fiel ebenso matt aus wie das seiner Schwester.
„Nicht albern, nur sehr ... einnehmend “, definierte er vorsichtig. Nun lachte Lucy auf.
„Ja, du hast recht. Ich habe mir oft gewünscht, deinem Zim mer Gemütlichkeit zu geben und ihm ... na ja, Leben einhauchen zu dürfen. Aber ich habe mich nie getraut dich zu fragen. Ich dachte, du würdest mir sofort an die Kehle springen.“
Noah zuckte zusammen und betrachtete beschämt seine Schuhspitzen. Lucy konnte nicht ahnen, wie akut wund der Punkt war, den sie mit ihrem kleinen Statement getroffen hatte.
„Also, nicht wörtlich gemeint, aber ...“, versuchte sie ihre Aussage zu entschärfen. Dann sah sie mich an und schien Gott sei Dank nicht zu bemerken, dass ich eine Minute zuvor noch geheult hatte.
„Und, welche Farben habt ihr ausgesucht?“
„Willst du sie sehen?“ Noah ging zu seinem Wandschrank, ohne die Antwort seiner Schwester abzuwarten. Die nickte und rieb sich aufgeregt die Hände. Noah holte beide Eimer.
Lucy befand seine Wahl für gut und klatschte aufgeregt in die Hände, als Noah ihr etwas steif erklärte, wie er sich sein Zimmer vorstellte.
„Das wird schön!“, rief sie aus.
Ich ahnte, dass sie ihrem Bruder am liebsten um den Hals gefallen wäre, aber sie hielt sich unter Kontrolle und hüpfte stattdessen auf und ab, um ihrem Temperament gerecht zu werden. „Also, ... viel Spaß!“ Damit
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