Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
ich mich einem Trugbild hingab, und Noah wusste ganz sicher genauso gut wie ich, dass wir die unangenehmen Themen nicht ewig meiden konnten. Aber in diesen allerersten Tagen – dort, wo alles begann – ließen wir sie und unser neu erworbenes Glück unangetastet.
Lediglich meine Theorie, Noah könn te vielleicht meine Gedanken lesen, erahnen, erfühlen ... was auch immer ... ließ sich nie sehr lange ausblenden. Denn es stimmte: Bezog ich meine Gedanken mit ein, ergaben Noahs Reaktionen stets einen Sinn. Ich schwor mir, ihm diese irrwitzige Idee nie zu unterbreiten.
Freitag trafen wir uns nach der Schule auf dem Parkplatz. Endlich Wochenende! Wieder einmal hatten wir unsere Autos nebeneinander abgestellt.
Noah legte seine Arme um meine Taille und seine Stirn gegen meine. Er war noch nicht bereit dazu, mich in aller Öffentlichkeit zu küssen – und das war absolut okay. Ich schloss meine Augen, sog tief die warme Luft ein und mit ihr auch Noahs unvergleichlichen Duft. Er roch wie der Himmel. Mein ganz persönliches Paradies.
Er stieß ein wenig Luft aus und vergrub seinen Kopf an meinem Schlüsselbein. Ich spürte sein Lächeln und fragte mich, was ihn so a müsierte, kam jedoch nicht dazu ihn zu fragen.
„Kommst du heute mit zu uns, oder musst du nach Hause?“, flüsterte er.
„Wenn du möchtest, komme ich gerne mit zu dir.“
Er nickte. „Das wäre schön .“
Ich fuhr nur kurz nach Hause, machte mich frisch und zog mir ein neues T -Shirt über. Jay war nicht da und konnte mich somit auch nicht zum Kochen zwingen. Als ich bei den Franklins ankam, hatten sie bereits gegessen. Marie fragte mich sofort, ob ich Hunger hätte und tadelte meine zu dünne Figur, als ich höflich verneinte.
„Noah ist auf seine Zimmer“, verkündete sie dann mit einem wissenden Lächeln. Ich nickte und wollte mich gerade abwenden, als sich ihre zierlichen Finger um meine Handgelenke schlossen.
„Emily, isch wollte dir noch sagen, wie glücklisch wir alle sind. Noah ist in die Woche mit dir so sehr aus sisch ʼerausgekommen, wie davor in volle sechs Jahre nischt. Isch ...“ Tränen stiegen in ihre Augen und überschwemmten das dunkle Braun, sodass es wie geschmolzene Zartbitterschokolade wirkte. „Isch bin so froh, dass wir zurückgekommen sind. ... Dass er disch ʼier gefunden hat. Für uns alle bist du eine Engel, Emily. Eine Geschenk des ʼImmels!“
Ich spürte, wie sich die wohlbekannte Hitze über mein Gesicht verteilte. „Ich habe gar nichts getan“, befand ich verlegen. „Noah ist ...“ Ich suchte nach den richtigen Worten. „ Er ist der Engel, Marie! Und niemand hatte das Recht, ihn so zu verletzen, wie man es getan hat.“ Nun kämpfte ich mit meinen eigenen Tränen. „Ich werde verrückt, wenn ich auch nur eine Sekunde darüber nachdenke.“
„Hat er mit dir darüber gesprochen?“, fragte Marie leise und warf einen schnellen Seitenblick zur Küchentür, als befürchtete sie, Noah könn te jeden Moment um die Ecke biegen.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, er hat das Thema nur einmal kurz angerissen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob er vorhat, mir mehr zu erzählen. Aber irgendwann muss ich die gesamte Wahrheit erfahren. So hart sie auch ist. Ich will wissen, wie tief man ihn verletzt hat.“
Marie nickte in stummem Verständnis. „Die Zeit wird es bringen“, sagte sie schließlich und ich senkte schnell meinen Kopf, um ihr keine Chance zu lassen, den Zweifel in meinen Augen zu erkennen. Denn – so sehr ich auch versuchte, es zu vermeiden – ich fragte mich jeden Tag, wie viel Zeit uns noch blieb und was Noah überhaupt im Schilde führte.
Als ich an seine Zimmertür klopfte, blieb alles still. Ich klopfte noch einmal, dann drückte ich die Klinke herab und öffnete die Tür einen schmalen Spalt, durch den ich hineinlugte. Die wenigen Möbel – Schreibtisch, Sessel, CD-Ständer, Bücherregal – standen in der Mitte des großen Raums, der Teppich lehnte aufgerollt am Bücherregal, der Computer stand auf dem Schreibtisch, die Kabel hingen lose herab. Noah hatte alles für die anstehenden Malerarbeiten vorbereitet.
Nur sein Bett stand nach wie vor an seinem Platz. Und dort lag er – rücklings auf der blanken Matratze – und schlief. Mein Herz schmolz bei seinem Anblick, und plötzlich wünschte ich mir nichts sehnlicher, als eine Nacht in seinen Armen zu schlafen. Dann fiel mir ein, wie mein Bett morgens aussah, ganz zu schweigen von meinen Zottelhaaren – und ich verwarf den
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