Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
wisperte er resignierend. „Die Antwort auf deine eigentliche Frage kenne ich selbst nicht.“
Ich glaubte ihm, natürlich tat ich das.
„Warum fragst du, Em?“
U nsere ineinander verschränkten Hände hielten sich, als stünde die befürchtete Trennung unmittelbar bevor. Wir brauchten einander. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so vollkommen gefühlt, so komplett und glücklich, wie an Noahs Seite.
„Wei l ich dich nicht verlieren will“, gestand ich kleinlaut und schloss die Augen, als er meinen Nacken mit seinem Mund berührte.
In diesem Moment, Noah setzte gerade zu einer Antwort an, ertönte ein lautes, lang gezogenes Hupen von der Straße hinter uns. „Nicht wirklich, oder?“, brummte es in meinem Haar, ehe ich begriff, was hier geschah.
„Es war nicht meine Idee! Ich habe ihm tausendmal gesagt, er soll euch in Ruhe lassen“, brüllte uns Lucy vom Straßenrand aus zu. Tom schmiss die Tür seines Wagens hinter sich zu und winkte johlend.
Eine Sekunde lang war ich enttäuscht, unsere friedliche Zweisamkeit vorerst aufgeben zu müssen – so abrupt noch dazu. Aber als Noah meine Hand umklammerte und mich entschuldigend ansah, versicherte ich ihm in Gedanken, dass alles in Ordnung war. Und es stimmte, denn über diese heimliche Art der Kommunikation waren wir immer für uns. Es war etwas Besonderes. Ein Geheimnis, das nur wir beide teilten. Während wir gemeinsam beobachteten, wie Lucy stehenblieb und sich an Toms Oberarm festhielt, um sich ihrer hochhackigen Schuhe zu entledigen (diesmal war zumindest nicht ich der Depp!), fragte ich mich zum ersten Mal, warum sich Noah vor der Begegnung mit mir nie seiner Gabe bedient hatte.
„Anfangs konnte ich niemanden berühren, weil die Panik noch zu groß war“, flüst erte er bereitwillig. „Und dann ... wollte ich niemanden mehr anfassen. Ich war mir sicher, alle hielten mich für einen Freak. Und ich hätte es nicht ertragen, das so direkt und ... ungefiltert aus ihren Köpfen zu erfahren.“
„Aber deine Familie doch nicht!“, empörte ich mich.
Er schüttelte den Kopf und sah mit traurigen Augen auf mich herab. „Nein, vermutlich nicht. Aber ... hätte ich damals gewusst, wirklich gewusst , wie aufrichtig sie sich um mich bemühten, dann hätte ich mich noch schäbiger gefühlt. ... Das verstehst du nicht, oder?“
Ich schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. Ausreichend für Noah, um sich weiter zu erklären. „Ohne die Gewissheit, die ihre Gedanken mit sich gebracht hätten, war es leichter für mich so ... fies zu ihnen zu sein.“
Ich riss die Augen auf und starrte ihn fassungslos an. „Du hast das mit Absicht getan? All die Jahre lang hast du sie bewusst auf Abstand gehalten?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, das würde die Sache erleichtern.“ Es war zu spät, Noahs eigenartige Antwort und die Sache , von der er sprach, zu hinterfragen.
„Hallo!“, rief Lucy, jetzt nur noch wenige Meter von uns entfernt.
Schnell schüttelte ich die erste neu erworbene Erkenntnis seit Wochen, sowie all die damit verbundenen Fragen, aus meinem Kopf und riss meinen Blick von seinem schönen Gesicht.
Wie Noah am Nachmittag, so stapfte nun auch Tom vollbeladen durch den Sand. Aus einer spontanen Idee heraus hatte er den dreibeinigen Schwenkgrill der Franklins eingepackt, Kohle und Anzünder an einer Tankstelle besorgt und im Supermarkt frische Steaks, Red Bull, Maiskolben und Baguette gekauft.
„Wo ist Adrian?“, hörte ich Noah fragen, während er das Feuer entzündete.
„Zu Hause“, erwiderte Lucy, die neben mir auf der Matratze Platz genommen hatte und seitdem mit meinen Haaren spielte. Ihr Ton war bedeutungsvoll. So bedeutungsvoll, dass Noah aufblickte und sie fragend ansah.
In der nun herrschenden Dunkelheit, hinter den lodernden Flammen, sah er ... unglaublich heiß aus – in jederlei Hinsicht. Ich beobachtete ihn, seine schönen, hellen Augen, die sich unter den dunklen Augenbrauen prüfend zusammenzogen, das Spiel der Muskeln und Sehnen seiner Oberarme, ausgelöst durch die fächelnden Be wegungen, die er mit der Frisbee-Scheibe über dem Feuer ausführte. Als ich wieder zurück in sein Gesicht schaute, hatte er Lucy seinen Blick bereits entzogen und sah stattdessen mich an – mit verräterisch zuckenden Mundwinkeln.
Ver flixt!
Reichte es nicht, dass er meine Gedanken bespitzeln konnte, sobald er mich berührte? Musste er mich auch so noch dabei erwischen, wenn ich ihn anschmachtete? Und sollten das wirklich die
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