Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
Augenwinkeln und rang mir ein tapferes Lächeln ab.
„Du kommst doch trotzdem mit zu der Party am Samstag, oder?“, fragte Kathy hoffnungsvoll.
Oh Mann , die Party! Die Vorstellung bedeutete plötzlich nichts anderes, als einen kompletten Abend im Hause dieses Idioten verbringen zu müssen. Nein danke, ich konnte mir einen schöneren Zeitvertreib ausmalen. Andererseits waren Lucy und Adrian wirklich sehr nett, und ich hatte ihnen schließlich schon zugesagt.
Als Kathy meine Unsicherheit bemerkte, griff sie nach meiner Hand und drückte sie. „Komm schon, Emily! Lucy würde sich bestimmt sehr freuen. Und Adrian ist der liebste Kerl, den du dir nur vorstellen kannst.“ Sie lächelte und ... errötete dabei.
„Ja, aber ...“
„Noah wird sich höchstwahrscheinlich nicht mal blicken lassen“, versicherte sie mir schnell.
„Ja, aber ...“
„Bitte Emily!“
„Aber ...“
„Emily!“
„Was? “
„ Bitte! “ Kathys Tonfall hatte sich vollständig gewandelt; mit gerunzelter Stirn sah sie mich nun an. Wesentlich bestimmter als jemals zuvor.
„Ja, aber ...“, startete ich erneut – und dieses Mal durfte ich ausreden: „Ich weiß doch überhaupt nicht, was ich zu so einer Party anziehen soll.“
Kathy neigte den Kopf zur Seite und sah mich verdutzt an. Zwei Sekunden später brachen wir in gemeinsames Lachen aus.
Noah Franklin war vergessen. Zumindest für diesen Augenblick.
Ich setzte K athy ab und fuhr danach auf direktem Wege zu dem Haus, das ich nach wie vor nicht als mein Zuhause bezeichnen wollte. Ich drehte das Radio bis zum Anschlag auf, und als Miley Cyrusʼ The Climb lief, sang ich so laut mit, wie ich nur konnte.
Mein Bruder erwartete mich schon sehnsüchtig. Die Haustür flog auf, bevor ich den Schlüssel überhaupt ins Schloss stecken konnte. Das hieß, nein, eigentlich erwartete Jason nicht mich , sondern vielmehr meine Kochkünste. Zumindest hatte er es schon geschafft, die Steaks aufzutauen. Ich wechselte mein Schuloutfit schnell gegen mein löchriges Lieblings-Shirt und die roten Shorts, die Jane mir schon vor Jahren mal zum Geburtstag geschenkt hatte. Dann begab ich mich ans Kochen.
Jay und ich aßen gemeinsam. Während ich eher appetitlos auf meinem Teller herumstocherte, erzählte er aufgeregt von seinem College, das er sich an diesem Vormittag endlich angeschaut hatte. Als sein Handy klingelte, erkannte ich sofort, dass es sich bei dem Anrufer um ein Mädchen handeln musste. Die Augen meines Bruders weiteten sich, die Mundwinkel zuckten. Im Aufspringen stopfte er sich schnell den Rest seines Steaks in den Mund (ja, komplett!), und polterte die Treppe hoch. Nur eine Sekunde später fiel seine Zimmertür lautstark ins Schloss.
Seufzend starrte ich auf den gedeckten Tisch und die schmutzige Pfanne vor mir. Ich konnte mich oft nicht so recht entscheiden, ob ich Jay nun furchtbar oder doch ganz süß finden sollte. Vermutlich war das mit Brüdern einfach so.
Gemütlich räumte ich die Spülmaschine ein, fegte die Küche und wischte den Fliesenboden. Zweimal.
Da Jason nach seiner Stippvisite am College wohl recht schnell wieder zurückgekehrt war und den restlichen Tag allein im Haus verbracht hatte, empfing mich auch das Wohnzimmer entsprechend verwüstet. Ich holte den Staubsauger und befreite die Couch von den Krümeln, die in ihrer Vielzahl und Art Aufschluss über das unmögliche Essverhalten meines Bruders gaben. Chips, Popcorn, Müsli, Erdnüsse, Haselnussschnitte. All das konnte ich identifizieren. Den Rest wollte ich lieber gar nicht wissen.
Als ich mich endlich die Treppe hinauf in mein Zimmer schleppte und völlig fertig auf mein Bett schmiss, wurde mir klar, was ich unterbewusst mit meiner Putzaktion versucht hatte. Denn nun, in der Ruhe meines Zimmers, ließ die ablenkende Wirkung schlagartig nach. Meine Bemühungen, nicht zurück in meine Grübeleien zu verfallen, scheiterten in dem Moment, als ich meine Augen schloss und ohne es zu wollen für einen Moment einschlummerte.
Tausende Bilder – Bruchstücke meiner heutigen Erlebnisse – prasselten scheinbar ungefiltert auf mich ein: Das Wiedersehen mit Kathy, die Französische Revolution, unsere strenge Mathelehrerin, mein peinlicher Tadel, ewig lange Algebra-Formeln, die einfach keinen Sinn ergeben wollten. Eine hüpfende Lucy, französische Modemagazine, Adrians muskelbepackte Oberarme, seine dünnen bewegungslosen Beine und natürlich Noah. Noah, Noah, Noah ... Ahhhh!
Plötzlich war ich wieder
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