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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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(die sein Verhalten offensichtlich nicht guthieß, aber dennoch niemals beanstandete) aufrief, kannte er die korrekte Antwort auf ihre Frage. Es war fast unheimlich.
    Als die Schulklingel erklang, hatte Noah seinen Stuhl bereits verlassen und befand sich auf halbem Weg zur Tür.
    In der Mittagspause ertappte ich mich dabei, nach ihm Ausschau zu halten. Natürlich erfolglos. „Noah geht nicht in die Kantine“ , schallten Adrians Worte in meinem Kopf wider.
    Dienstagabend ging ich mit dem festen Vorsatz zu Bett, Noah nicht weiter zu beachten und ihn einfach links liegen zu lassen – wie es auch alle anderen taten. Wenn selbst er das so wollte, dann bitte!
    Unsere Mittwochs -Begegnung schrieb ich eher dem Zufall zu.
    Mein Schultag begann an diesem Morgen erst zur zweiten Stunde und zwar mit Geschichte. Der Korridor war leer; die Eingangshalle der Schule wirkte wie ausgestorben. Unmittelbar bevor ich um die Ecke zu meinem Spind bog, hörte ich seine Stimme und blieb wie angewurzelt stehen. Zum Henker, er hatte wirklich eine tolle Stimme. Selbst die Tatsache, dass er so gut wie immer in diesem tiefen, verbissenen Ton sprach – wie auch in diesem Moment – tat ihr keinen Abbruch.
    „Wenn du willst , dass ich mich verpisse, dann sag es doch einfach, Lucy!“, grummelte er böse.
    „ Aber das will ich doch gar nicht. Es war nur ein Gedanke, Noah. Auch für dich, weil du es doch nicht magst, wenn so viele ...“ Lucy beendete ihren Satz nicht. Resignierend stieß sie etwas Luft aus. Ich wusste, ohne sie zu sehen, dass sich ihre hübschen dunklen Augen verdrehten. Die folgenden Worte klangen erschöpft und ein wenig hilflos: „Ich habe an dich gedacht, Noah. Wirklich! Natürlich kannst du bleiben, wenn du willst. Ich würde mich freuen. Sehr sogar.“
    Noah schien ihre letzten Worte überhaupt nicht zu hören. Barsch fuhr er seiner Schwester über den Mund: „Verdammt richtig, ich kann bleiben. Und das habe ich auch vor. Also lass mich in Ruhe, Lucy, hörst du?“
    Das klang eher wie eine Drohung, als nach einer Aufforderung, und machte den Moment aus, in dem ich beschloss mich zu zeigen. Also bog ich um die Ecke und war mit nur zwei Schritten bei ihnen. „Hallo Lucy!“, grüßte ich freundlich.
    „Hallo Emily!“ Sie erwiderte mein Lächeln, doch ihre Augen blieben matt.
    „Na, hast du auch alles mitbekommen?“, fragte Noah hämisch. Aus zusammengekniffenen Augen funkelte er mich an.
    „Bitte? Ich ... ähm ... nein, ich habe euch nicht belauscht”, log ich, versuchte dabei, stärker zu sein als ich mich fühlte, und hielt seinem Blick mit angehaltenem Atem stand.
    Wieder dieses bittere Lachen. „Sicher hast du“, presste er abfällig hervor. Scheppernd flog die Tür seines Spinds ins Schloss. Mit großen Schritten marschierte Noah davon.
    Lucy schüttelte den Kopf und hakte sich dann bei mir unter. „Ich hab ihn nur gefragt, ob er am Samstag auch da ist oder ob er etwas anderes vorhat.“ Schulterzuckend sah sie zu mir auf; ihre sonst so unbeschwerten Augen wirkten traurig und erschöpft. „Bestimmt hab ich es falsch rübergebracht. Natürlich hätte ich ihn gerne dabei, aber normalerweise mag er es nicht, wenn wir Besuch bekommen.“
    „Du hast gar nichts falsch gemacht“, stellte eine tiefe Stimme unmittelbar hinter uns klar. Adrian.
    Wie aus dem Nichts war er plötzlich da und lächelte ermutigend zu uns empor. Dann plauderte er drauflos und vertrieb mit seiner fröhlichen Art binnen Sekunden jeglichen Anflug von Melancholie aus Lucys Gesicht. Die beiden schienen den Kummer mit ihrem Adoptivbruder gewohnt zu sein; ihre Geduld war ziemlich beeindruckend.
     
    Noah saß in den Kursen, die wir gemeinsam besuchten, immer in der letzten Reihe. Außer in Mathe, wo ich auch an diesem Mittwoch wieder neben ihm saß, spürte ich seinen Blick immer in meinem Nacken. Jedenfalls empfand ich es so. Ich kam mir beobachtet vor, obwohl ich wusste, dass das nicht stimmen konnte. Er kritzelte in seinem Notizblock herum oder spielte unter dem Tisch mit seinem iPod – beides hatte ich beobachtet –, aber er beachtete keinen unserer Mitschüler und beteiligte sich nur am Unterricht, wenn er dazu aufgefordert wurde. Und selbst dann nur so knapp wie irgend möglich. Aufgaben bearbeitete er in Rekordzeit und seine Lösungen waren ausnahmslos korrekt, soweit ich das beurteilen konnte. Ganz sicher sah er mich zu keiner Sekunde an. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, seinen Blick zu spüren.
    Auf der Heimfahrt nahm ich

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