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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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Erleichtert atmete ich auf, als ich Noah ohne peinliche Darbietungen erreichte.
    Er sah mich an ... und für die Dauer eines Herzschlages glaubte ich den Anflug eines Lächelns um seine Lippen zucken zu sehen – viel zu schnell verschwunden, als dass ich mir hätte sicher sein können.
    Der Ast auf dem er saß, war kräftig genug uns beide zu tragen, also zog ich mich hoch und nahm kurzerhand neben Noah Platz. Sofort rückte er ein wenig von mir ab. Ich ignorierte den Stich, den diese Geste in mir bewirkte, und sah mich schweigend um.
    Von hier aus konnte man den gesamten Garten überblicken, war jedoch selbst durch die dichten Blätter des Baumes gut getarnt. Ich hatte Noah aufgefordert, mich zu einem Platz zu bringen den er mochte. Offensichtlich war er meiner Bitte nachgekommen. „Schön hier”, befand ich leise.
    „Hm“, brummte er undefinierbar.
    Mit einem Mal, inmitten der neu entstandenen Stille, loderte eine Frage in mir auf und schlüpfte ungefiltert über meine Lippen. „Was tut dir leid?“
    Fragend sah er mich an.
    „Dein Zettel. Ich habe ihn gefunden“, erklärte ich zögerlich.
    Schnell senkte er seinen Blick wieder und deutete ein kurzes Nicken an.
    „Aber ... ich habe mich gefragt, wofür du dich entschuldigst“, fuhr ich fort, als seine Antwort ausblieb. „Für die Beschimpfungen am ersten Tag oder dafür, dass du mich ausgelacht hast?“
    Nun schnellte sein Kopf hoch. Sein Blick war so düster, dass er mir damit einen Schauder über den Rücken jagte. Sein Tonfall hingegen war samtweich. „Ich habe dich nicht ausgelacht“, sagte er und der sanfte Nachdruck in seiner Stimme ließ mich ihm glauben, auch wenn ich seine Aussage nicht verstand. Ich spürte nur, dass es nicht der Zeitpunkt war weiter nachzuhaken.
    Noah hatte sich unter meiner letzten Frage spürbar verkrampft. Das war also der falsche Weg. Ich musste einen anderen suchen, denn so würden wir nicht weiterkommen. „Warum willst du nicht zu den anderen?“, hörte ich mich fragen, ahnte jedoch im selben Moment, dass auch diese Frage nicht die richtige war. Gab es überhaupt richtige Fragen, die man Noah Franklin gefahrlos stellen konnte?
    Auf diese jedenfalls zuckte er nur mit den Schultern und starrte dabei auf seine baumelnden Beine herab. Dann zupfte er einige Blätter von einem Zweig und begann, sie in kleine Stücke zu reißen.
    Verzweifelt durchwühlte ich mein Gehirn nach unverfänglichen Gesprächsthemen, doch mir wollte einfach nichts einfallen. Als Noah seine Blätter atomarisiert hatte, rupfte er ein weiteres von dem Zweig vor seinem Gesicht. Das Schweigen wurde langsam unangenehm. Ich verspannte mich mit jeder verronnenen Sekunde ein wenig mehr und war mir sicher, dass es ihm genauso ging.
    „Hat dir das Arschloch weh getan?“, fragte er mit einem Mal. So leise, dass ich es vermutlich verpasst hätte, wären nicht all meine Sinne derartig auf ihn fokussiert gewesen.
    „Hm?“, entgegnete ich dennoch, weil ich im ersten Moment nicht verstand wovon er sprach.
    „Bill Jankins. Hat er dich verletzt?“, verdeutlichte Noah knapp und kniff dann die Lippen so fest zusammen, dass sein Kinn zuckte.
    „Oh ! ... Nein. Ich glaube, ich habe ihn verletzt.“
    „Gut .“
    „Gut? “ 

    „Du hattest Nein gesagt.“
    Richtig, das hatte ich. Womit auch die Frage geklärt war, wie viel Noah von der gesamten Situation mitbekommen hatte. VIEL!
    Wieder verstrichen etliche stille Minuten zwischen uns, die sich dieses Mal jedoch nicht ganz so erzwun gen anfühlten. Langsam, aber sicher relaxte ich ein wenig neben Noah. Schließlich wagte ich es sogar, ihn anzusehen. Mit leicht geschürzten Lippen saß er da, nur einen halben Meter von mir entfernt, und zerriss weiterhin seine Blätter. Ich bemerkte, wie kahl der Zweig vor ihm bereits war, und als ich mich umsah, erblickte ich schnell weitere, ebenso kahle. Wie oft er wohl hier oben saß und sich den Frust von der Seele rupfte?
    Plötzlich bekam ich eine leise Ahnung davon, wie einsam Noah wirklich war. Hier, in seinem Baum – weit weg und unbemerkt von allen anderen –, versteckte er sich und verlebte einsame Stunden in seiner eigenen Welt. Was hätte ich in diesem Moment nicht dafür gegeben, seine Gedanken zu kennen? Denn nichts an ihm war transparent, nichts leicht zu ergründen. Nur seine tiefe Einsamkeit war so präsent, dass mir das Atmen mit einem Mal schwer fiel. Das Gefühl, ihm zeigen zu wollen, dass er nicht so allein war wie er sich offensichtlich fühlte, wuchs von

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