Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
verstehen, aber ich wusste genau, was ich zuvor gehört hatte. Und selbst wenn es eine Erklärung dafür gab, so wollte ich sie doch nicht hören. Nicht einmal Noah hätte einen Satz wie „Emily ist der letzte Mensch, dem ich so nah sein will“ entschärfen oder gar geraderücken können.
Aus stechenden Augen brachen meine Tränen los und rollten mir über die Wangen. Sie verschleierten meine Sicht, also versuchte ich, sie wegzuwischen, kam aber gegen den aufgestauten Strom nicht an. Schon zerfloss die Disneyland-Landschaft um mich herum zu bunten Flecken, die aussahen, als hätte ein Kleinkind mit Wasserfarben herumexperimentiert.
Vermutlich würde ich nie erfahren, ob der BMW-Fahrer den Unfall tatsächlich verschuldet hatte. Fakt war, dass vollkommen unvermittelt rot-verschwommene Lichter vor mir auftauchten, sich viel zu schnell näherten ... und einen lauten Knall mit sich brachten. Ich wurde ruckartig in meinen Anschnallgurt gepresst; ein harter Schlag traf mich.
Dunkelheit.
Für ein paar Sekunden (oder waren es Minuten?) gab ich mich der Überzeugung hin, gestorben zu sein. Die Annahme bewegte mich dazu, meine Augen weit aufzureißen, denn wenn ich schon starb, wollte ich wenigstens nichts davon verpassen.
Ja, das war der Himmel, ganz sicher.
Alles um mich herum war weiß und weich. Und es wurde immer weicher, weicher und weicher.
Dann öffnete sich eine Tür neben mir ( Die Himmelspforte? ), ein angenehm warmer Windstoß traf mich ( Gut klimatisiert hier oben ) und jemand riss unsanft an meinem Arm ( Dass Petrus so ein Grobian war, hatten sie im Religionsunterricht mit keinem Wort erwähnt ).
„Sind Sie in Ordnung? ... Miss? Geht es Ihnen gut? Sagen Sie doch etwas !“ Eine tiefe kratzige Stimme brüllte mir ins Ohr.
Endlich begann ich zu verstehen, wenn auch nur zögerlich. Das hier war nicht der Himmel, es war mein Airbag.
O h nein, mein Mini!
Mein Gesicht lag bei dieser Erkenntnis noch immer in dem langsam erschlaffenden Weiß ve rgraben. Nur beiläufig nahm ich wahr, dass die aufgebrachte Stimme von zuvor in die Ferne rückte und durch eine andere, viel sanftere ersetzt wurde.
„Emily?“
Für einen Moment stellte ich meine Theorie erneut in Frage .
Ein Engel? Er kannte schließlich meinen Namen. Und diese Stimme ...
War ich etwa doch im Himmel?
Eine Hand griff an meinem Rücken vorbei und löste geschickt den Anschnallgurt aus seiner Halterung. Dann, noch ehe ich mich rühren konnte, schob sich eine zweite Hand unter meinen Knien hindurch.
Nicht schon wieder!
Dieser Griff war mir seit gestern bestens bekannt. Zuvor hatte mich, zumindest seitdem ich das Kleinkind -Stadium hinter mir gelassen hatte, niemand mehr auf die Arme gehoben. Gestern direkt zweimal.
Das letzte Mal war es Noah gewesen, und ich fühlte mich noch nicht bereit, diese Erinnerung gegen eine neue auszutauschen. Ich wehrte mich dagegen, dass mich nun jemand anderes so tragen wollte.
„Nein, nein ...”, murmelte ich verzweifelt, doch es klang kraftlos – selbst in meinen eigenen Ohren.
„Schhhh, scho n gut“, sagte die sanfte Stimme und ignorierte meinen Protest. Behutsam hob mich der Engel aus meinem Auto. Ob er wohl sehr zerquetscht aussah, mein armer kleiner Mini? Die Neugier trieb mich an, endlich meine Augen zu öffnen. Mühevoll blinzelte ich gegen grelles Hellblau an.
Also doch Himmel.
„Schon gut“, sagte die schöne Stimme erneut. Ich blinzelte heftiger, konnte ich es doch kaum erwarten, meinen ersten Engel zu sehen. Als sich seine Konturen gegen das gleißende Licht durchsetzten und zunehmend an Schärfe gewannen, traute ich meinen Augen kaum.
„ Du bist ein Engel?“, fragte ich ungläubig.
Noahs Mundwinkel zuckten für einen kurzen Augenblick. Dann gewann die Sorge die Überhand und ließ ihn ernst auf mich herabblicken. „Ja, klar . Und du hast dir den Kopf viel stärker angeschlagen als ich dachte.“
Ich vergrub meine Nase in der Beuge zwischen sei nem Hals und seiner Schulter. Atmete tief seinen Duft ein. Er roch so gut. Alles andere rückte weit in den Hintergrund, wurde unwichtig.
Mein Mini, der Unfall, mein Knöchel, der plötzlich wieder schmerzte ... Das alles hatte Zeit. So viel Zeit.
Noah war hier und trug mich auf seinen Armen. Nur das zählte. „Emily, was mache ich nur mit dir?“, fragte er leise, dicht an meinem Ohr.
Ganz egal was, nur lass mich nicht los! Halt mich weiter, bitte!
Ich kuschelte mich schamlos an ihn, und Noah zögerte keine Sekunde, mich noch fester
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