Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
tobte vor Wut, als ihm per Protokoll die volle Schuld zugesprochen wurde, weil seine Beschreibung des Unfalls nicht zu den Beschädigungen an meinem Wagen passte. Noahs hingegen schon, daher glaubte man ihm.
Noah nahm meine Kopie des Protokolls an sich und verlor danach keine weitere Zeit. Schnell schob er mich vor sich her, an den Polizisten vorbei. Dann öffnete er die Beifahrertür seines Wagens, half mir beim Einsteigen und schnallte mich sogar an. Unvergleichlich süß und wie ein Gentleman. Ein Gentlemen, der allerdings hinter meinem Rücken nicht gerade nett über mich sprach.
Schweigend fuhren wir los und ließen den tobenden BMW-Fahrer und die gleichmütigen Cops am Straßenrand zurück .
Noah beobachtete das Geschehen so lange er konnte im Rückspiegel.
„Wenn der sich weiter so aufspielt, bekommt er noch eine Anzeig e wegen Beamtenbeleidigung obendrauf.“
„So schlimm?“, fragte ich matt.
„Na ja, er sieht aus wie Rumpelstilzchen”, befand Noah und entlockte mir damit ein mildes Lächeln, dessen Kraftlosigkeit seinem kritischen Blick nicht verborgen blieb.
„Geht ʼs dir wirklich gut? “
„Ich bin nur müde.“
„Hm, kein Wunder”, brummte Noah. „Ich hätte dich früher zu Bett gehen lassen sollen. Dann wäre der Unfall vielleicht gar nicht erst passiert.“
Moment mal, gab er sich die Schuld?
Noch ehe ich protestieren konnte, wandte er sich mir zu. „Sag mir, wo ich langfahren muss!“
Das kam gerade noch rechtzeitig, denn die Kreuzung, an der wir links abbiegen mussten, befand sich unmittelbar vor uns. Noah trat kräftig auf die Bremse, um die Kurve noch zu kriegen. Die Tatsache, dass er dabei seinen Arm ausstreckte und mich in meinem Sitz festhielt, erfüllte mein Herz mit einem unbekannten warmen Gefühl.
Richt ig, Noah wusste ja nicht, wo ich wohnte. Komisch , schoss es mir durch den Kopf. Wir waren uns wirklich erst vor sechs Tagen begegnet. In diesem Moment kam es mir so vor, als würden wir uns schon ewig kennen. „ʼTschuldigung“, sagte ich mit dünner Stimme, doch er ging nicht darauf ein. Mit starrem Blick sah er auf die Fahrbahn. Ich spürte, dass seine Gedanken woanders waren.
Die Stille nährte die Anspannung. Sie wuchs und wuchs, breitete sich unaufhaltsam aus und wurde schließlich so dick, dass man sie wohl mit einem Messer hätte schneiden können. Endlich unterbrach Noahs sanfte Stimme unser Schweigen. „Warum bist du vorhin einfach so gefahren?“
So eine bescheuerte Frage. „Emily ist der letzte Mensch, dem ich so nah sein will“, ächzte eine ketzerische Stimme in mir.
„Die nächste rechts”, sagte ich stattdessen und zeigte auf das mit Abstand größte Haus am Ende der breiten Straße, in die er eingebogen war. „Da hinten.“
Noah nickte kaum wahrnehmbar und fuhr langsam durch das schmiedeeiserne Flügeltor, das ich per Knopfdruck auf meinen Sender geöffnet hatte. „Nett”, sagte er und sah sich neugierig um.
Ich rümpfte die Nase. „Wenn du es sagst.“
Erneut brach Stille über uns ein. Das Auto meines Vaters war nicht da, ebenso wenig wie Jasons Motorrad. Ich atmete erleichtert durch. Die Tatsache, dass ich allein zu Hause war, bedeutete für mich in diesem Moment nichts anderes, als vorerst von nervigen Fragen verschont zu bleiben.
„Kommst du noch mit rein?“, hörte ich mich fragen, aber Noah schüttelte den Kopf.
„Warum nicht?“ Die Enttäuschung, die meiner Frage anhaftete, hallte überdeutlich in meinen Ohren nach. Erbärmlich.
Noah sah mich sekundenlang an. Ausdruckslos, ohne mir zu antworten. „Warum bist du einfach gefahren, Emily?“
Mist! Schnell ließ ich den Blick in meinen Schoß sinken. Mein Körper verkrampfte sich unter seinen unnachgiebigen Augen.
„Was hast du erwartet – nach dem, was ich gehört habe?“
„Was hast du gehört?“
Ich atmete tief durch. „Du hast gesagt, ich wäre der letzte Mensch auf der Welt, dem du nah sein willst.“
„Oh!“
„Ja, oh!“ Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, dass er den Kopf schüttelte.
„Was?“, fragte ich.
„Es stimmt. Du bist der letzte Mensch, dem ich so nah sein möchte. Du bist die Letzte, die ich mit ... mit meinem ganzen Scheiß vergraulen möchte. Du bist die Letzte, der ich nah sein möchte, weil ... weil ich dich wirklich sehr mag, Emily.“
Fassungslos hörte ich seine Worte. Sie ergaben keinen Sinn – oder doch? „Aber du warst so wütend“, sagte ich mit bleischwerer Zunge. „Ich habe dich gehört. Du hast geschrien,
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