Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
unsterblich, so Hals über Kopf und gegen jede Vernunft, verliebt hatte. Meine Mitschülerinnen ließen sich von den Müttern ihrer Freunde deren peinlich-niedliche Kindheitsstorys erzählen und sahen sich Fotos in mehr oder weniger liebevoll gestalteten Alben an. Bei Noah gab es nichts dergleichen. Nur eine düstere Vergangenheit, die niemand außer ihm kannte. Eine Vergangenheit, die von Tag zu Tag an seinen Eingeweiden nagte und ihn von innen heraus auffraß.
Ich musste wissen, was so sehr an ihm zehrte, musste den bösen Geistern seiner Vergangenheit begegnen und sie ertragen . Genau wie er. Vielleicht konnten wir sie gemeinsam bekämpfen, vielleicht konnte ich ihm dabei helfen. Mit all meiner Geduld und Liebe, wenn er mich nur ließ.
„Entschuldige“, flüsterte ich. „Heute nicht, schon gut.“
Noah blickte noch lange schweigend auf unsere Hände, bis er schließlich den Kopf hob und mich ansah. „Ich bin dran.“
„Du bist dran“, erwiderte ich mit einem erleichterten Lächeln. Er war so schön.
„Betreibst du irgendeine gefährliche Sportart? Klettern, Paragliding ... etwas in der Art?“
„Noah!“ Sein Name schoss ihm wie eine Warnung entgegen. „Was tust du? Was sollen diese eigenartigen Fragen?“
Er sah mich mit einer unglaublichen Unschuldsmine an. „Was? Es interessiert mich. Bist du sportlich?“
„Zumindest nicht unsportlich, denke ich. Ich spiele gern Volleyball und Hockey. Und Fußball natürlich .“
„Fußba ll? Wirklich?“
Ich lachte über sein unverhohlenes Erstaunen.
„Britin, du erinnerst dich?“
Er grinste. „Richtig! Und was noch?“
„Ich bin ziemlich gut auf meinen Inlineskates und schwimme auch sehr gerne. Das warʼs.“
„Klingt nicht lebensbedrohlich . Obwohl ... in deinem Fall vielleicht schon“, murmelte Noah.
Wäre er nicht er gewesen, hätte ich ihm für diesen Spruch vermutlich in die Seite geboxt. So entzog ich ihm lediglich meine Hände und stützte sie empört in meine Seiten. „Hey, ist es nicht! Ich bin nicht immer so ungeschickt, wie ... wie du mich kennengelernt hast.“
Seine Augen verengten sich. „Wie meinst du das?“
Ich zuckte mit den Schultern. „So, wie ich es sage. Seitdem ich dich kenne, sind mir mehr Ungeschicke passiert als in dem gesamten Jahr zuvor.“ Ich lachte über meine eigene Bemerkung, obwohl ich feststellte, dass sich sein Blick noch stärker verfinsterte. „Du hast das schon richtig beobachtet. Auch wenn es mir nicht aufgefallen war, bis du es erwähnt hast. Mein Knöchel, der Ohnmachtsanfall, der Autounfall ... Du warst immer unmittelbar beteiligt.“
Noah blinzelte einige Male schnell hintereinander, wie man es tut, wenn einem tausend Gedanken durch den Kopf zischen. Er wirkte ... verwirrt. „Ich war ... Ja, aber ...“ Er brachte keinen klaren Satz zustande, und auf einmal befürchtete ich, er könnte meinen Scherz zu ernst nehmen. Schnell ergriff ich seine Hände wieder. „Wage es nicht, darüber zu grübeln.“ Wir schwiegen für einige Sekunden.
„Der Ohnmachtsanfall?“, fragte Noah dann. Oh Mist!
Für eine Sekunde zu ertappt, entzog ich ihm meine Hände wieder – es war wie ein Reflex. „Ich ... ähm ... Du ...“ Nun war ich diejenige, die sinnlose Wortfetzen stammelte.
„Jaaa?“, fragte Noah herausfordernd.
„Du warst so nah und so unfassbar schö... Ich habe vergessen zu atmen“, sprudelte es aus mir hervor. Mittlerweile – so oft, wie mir seine Nähe mittlerweile die Luft zum Atmen geraubt hatte – war ich mir sicher, dass es so gewesen sein musste.
Noahs Blick war mit einem Mal zu tief, zu prüfend. Schnell stand ich auf und wandte mich ab. Ging zu meinem Schreibtisch, weil ich nicht wusste, wohin mit mir und meiner grenzenlosen Verlegenheit. Beschämt starrte ich auf die leere Holzplatte, während sich die Hitze in meinen Wangen ausbreitete. „Jetzt weißt duʼs. Und nur fürs Protokoll: Unser Spiel ist an dieser Stelle beendet.“
Ich hörte sein gehauchtes Lachen, dann das Geräusch meiner Matratze, als er sich erhob. Noahs Schritte hörte ich nicht. Aber seine Nähe, seine zaghafte Berührung, seinen Atem in meinem Nacken – all das spürte ich überdeutlich.
„Emily“, flüsterte er, während seine Fingerspitzen über meine nackten Arme strichen. Mein Herz raste wie verrückt, mein Brustkorb hob und senkte sich, hob und senkte sich ... immer schneller, immer flacher, immer uneffektiver – je höher Noahs Hände glitten.
„Atme!“, wisperte er in mein Ohr und drückte
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