Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
er hatte diese Art der Inszenierung auch echt drauf, das musste man ihm lassen. Doch in dieser Nacht war ich nicht zu himmlischen Showeinlagen aufgelegt, so überwältigend sie auch sein mochten.
„Lass den Mist!“, fluchte ich wütend.
„So verbittert?“, fragte er. Wie immer war es unmöglich einzuschätzen, ob er sich noch amüsierte oder doch eher sorgte. Nun, er mochte pokern, was seine Gemütslage anging, aber mir war es ernst. Und das sollte er spüren.
„Ich bin … du weißt schon. Ich bin dabei, mich in sie zu verlieben, Michael.“
„Du bist dabei?“, fragte er sanft, aber skeptisch.
Ich rieb mir über die müden Augen. „Ich ... nein, es ... ist schon geschehen, denke ich.“
Gedankenverloren strich ich mir über die Unterlippe, auf der Emilys Kuss, auch Stunden später, noch immer zu kribbeln schien . So weiche Lippen.
Schnell schüttelte ich den Kopf, als mir bewusst wurde, dass Michael unmittelbarer Zeuge meiner Gedanken wurde.
„Wobei ich keine Ahnung habe, wie man sich in jemanden verlieben kann, den man doch eigentlich gar nicht kennt“, fügte ich wütend hinzu.
Seit Emily Rossberg in mein Dasein getreten war, stellte sie es vollkommen auf den Kopf. Nervös lief ich auf und ab. Als ich bemerkte, dass ich sprichwörtlich dabei war, mich zu tief in meine Gedanken zu verrennen, blieb ich abrupt stehen und sah Michael durchdringend an.
„Bist du das, ja? … Machst du das mit mir? Wenn ja, dann sag mir, was das soll? … Ich meine, ist das meine Strafe? Dass ich sie lieben, aber nicht haben kann? Und wenn ja, warum bestrafst du sie gleich mit? Denn sie scheint … also, ich denke ... nein, ich weiß , dass sie auch … Sie fühlt dasselbe wie ich, das spüre ich.“
„Ja, i ch weiß!“ Michael nickte. Und obwohl seine Bestätigung unnötig war und die Tatsache, dass Emily genauso fühlte wie ich, die ganze Situation nur noch weiter komplizierte, durchfloss mich ein wohliger Schauder bei seinen Worten.
Emily fühlt e also wirklich wie ich. Für mich.
Michael lächelte – mit schmerzerfüllten Augen. Wie bereits erwähnt, ich wurde nur selten schlau aus seiner Mimik.
„Ich habe nichts damit zu tun, Noah “, versicherte er mir. „So ist es nun mal, solche Dinge passieren. Auch Engel können sich verlieben. Aber … du wirst schon sehen, für irgendetwas ist es gut. Nichts geschieht ohne Grund, mein Junge. Du darfst das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren. Du hast einen Auftrag. Du bist da, um Emily zu beschützen. Ihr droht großes Unheil.“
Mit diesen Worten rüttelte er mich wach.
Verdammter Mist, was zum Henker droht ihr denn?
„Noah, dieses ewige Fluchen …“ Michael schüttelte missbilligend den Kopf.
Bisweilen ist es verdammt lästig, dass du meine Gedanken lesen kannst, weißt du das?
„Noah!“
Ja, ja. Kein verdammt mehr, kapiert!
Ich schlenderte bis an die Kante der Klippe vor und kickte einen faustgroßen Stein über den Abgrund. Das Geräusch, mit dem er die wogende Wasseroberfläche durchbrach, hörte sich in meinen Ohren ebenso zwiespältig an, wie ich mich fühlte. Kraftvoll und stark ... und doch so fremdbestimmt und machtlos, dass der unausweichliche Untergang – das endgültige Abtauchen – einfach hingenommen werden musste. Dieser Stein und ich, wir waren Brüder. Leblose Brüder.
Obwohl – seit wenigen Tagen fühlte ich mich im Grunde meines stoischen Herzens endlich wieder lebendig.
... Lebendig. Ausgerechnet ich. Durch sie.
„Ich spüre sie, Michael. Wenn ich sie berühre, fühle ich, was sie fü hlt. Ich weiß, dass sie ... Sie mag mich wirklich“, gestand ich flüsternd, als wüsste er das nicht längst.
„Oh ja, sie mag dich sogar sehr, mein Junge.“ Michael ging auf mich zu und fuhr mir mit der schlanken Hand über den Kopf.
Wer kennt sie nicht, die leichte, warme Meeresbrise, die einen so sanft streichelt, dass man ganz unwillkürlich die Augen schließt und tief durchatmet. So war Michaels Berührung. Sie hatte nichts Menschliches an sich, daher fürchtete ich sie auch nicht. Wenn mich Michael berührte, fühlte ich, dass ich kein Mensch mehr war.
Sag mir was es ist, forderte ich in Gedanken. Was wird ihr geschehen?
„Du weißt, das kann ich nicht“, antwortete er.
„Aber … was ist, wenn ich versage? Sie wird … ich meine, wird sie … sterben?“
„Ja, das würde sie.“
Erschrocken wirbelte ich herum und sah ihn an. Er schüttelte den Kopf, das sanfte Lächeln unangetastet. „Aber sie wird es nicht. Denn
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