Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
meine Schultern dabei mit seinen großen schlanken Händen. Ich schloss die Augen und tat einen tiefen Atemzug.
„Es gibt hundert Gründe, warum wir nicht zusammen sein sollten“, flüsterte er weiter.
Ich drehte mich zu ihm um und umfasste seine Handgelenke. „Es gibt unzählige, warum wir es doch sein sollten“, erwiderte ich entschlossen und sah dabei fest in seine wunderschönen Augen. Dann, als Noah hart schluckte, fiel mein Blick auf seinen Adamsapfel, wanderte langsam wieder höher, über sein Kinn, und landete schließlich auf seinem perfekt geschwungenen Mund.
Einen Augenblick später waren seine Lippen auf meinen. ... Himmel! Dieses Mal war ich mir sicher, ihn erreicht zu haben. Weich, warm, süß ... Perfekt.
Noahs Arme umschlangen meinen Rücken, seine Hände fassten mich mit einer Hingabe, von der ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte, und sein Atem kam und ging so flach und zittrig wie meiner nur wenige Sekunden zuvor. Meine Hände pressten sich gegen seinen Brustkorb. Sein Herz – es schlug regelmäßig und fest. Nichts im Vergleich zu meinem eigenen, das sich unter seinem Kuss vollkommen verhaspelte.
Doch dann – ich entspannte mich gerade in Noahs Armen – stieß er mich ohne jede Vorwarnung von sich. Und in diesem Stoß lag eine solche Kraft, dass ich völlig überrascht nach hinten taumelte, das Gleichgewicht verlor und den Aufprall erwartend die Augen zusammenkniff. Doch ich landete viel weicher als befürchtet, öffnete die Lider wieder und blickte direkt in Noahs Gesicht. Er hatte ein Knie auf dem Boden platziert und mich über dem aufgestellten Oberschenkel seines anderen Beines aufgefangen. Mit schmerzerfülltem Blick sah er auf mich hinab.
„Emily! Es tut mir leid. Ich…“ Er richtete sich auf und zog mich mit sich. „Ich kann das einfach nicht.“ In offensichtlicher Zerrissenheit raufte er sein blondes Haar. „Schlaf gut!“
Damit wandte er sich ab , drehte den Schlüssel im Schloss und stürmte aus meinem Zimmer, noch ehe ich meine Sprache wiederfinden konnte.
XV.
„Michael!“, rief ich. Bereits zum dritten Mal.
Emilys Haus lag zirka eine Meile weit entfernt. Weit genug, um meinen Sinnen eine Pause zu gewähren. Ja, ich hatte die Flucht ergriffen.
Der Amarok stand viele Meter unter mir, in einer Ausbuchtung am Rande der Küstenstraße. Wenn ich mich konzentrierte, spürte ich die abebbende Hitze seines ruhenden Motors bis hier oben auf den Gipfel.
Für menschliche Augen war es schon lange stockdunkel, nicht aber für meine. Ich sah alles. Genauso klar und deutlich wie am Tag konnte ich jedes Detail der Umgebung erkennen . Nur dass mir die Welt nun in einem anderen Licht erschien – als hätte man sie mit einem Sepia-Effekt unterlegt. Die Berge, der Ozean, die kurvige Straße, die Lichter der Stadt – alles wirkte wie in einem dieser alten Stummfilme.
Nur die Geräusche zerstörten die Illusion.
Tief unter mir schlug der tosende Pazifik in einem seit vielen Jahrmillionen währenden Kampf gegen die Klippen. Als ich mich darauf konzentrierte, dröhnte das Rauschen der wütenden, weißgekrönten Wellen beinahe schmerzhaft laut in meinen Ohren. Ich verlor das letzte Quäntchen meiner überstrapazierten Geduld. „MICHAEL!“
„Warum brüllst du so, Noah? Du weißt, dass das völlig unnötig ist, also lass die Theatralik!”, tadelte er mich, noch bevor ich ihn sah. Ich blickte mich in alle Himmelsrichtungen um. Vergebens.
„Ja, ich weiß! Aber es tut mir gut und ich will dich sehen. Also komm zu mir! Nur deshalb bin ich hier hochgestiegen. Um dir begegnen zu können, ohne die ständige Sorge, dass man mich hört. Ich will dich ansehen, will dir gegenüberstehen, wenn du mir versicherst, dass du wirklich ein Engel bist, ein Erzengel noch dazu, und nicht doch der …“
Mein Satz verhallte unvollendet. Ich traute mich nicht, SEINEN Namen auszusprechen. So wütend ich auch sein mochte, ER war tabu.
„… dass du nicht doch für die Gegenseite spielst“, rettete ich mich.
„Aber Noah!“ Michaels Stimme klang unglaublich besänftigend; sie umspielte mich wie das zärtlichste Schlaflied. Es war so schwer, sich nicht auf der Stelle von ihr einlullen zu lassen. Verbissen hielt ich meinen Zorn aufrecht.
Michael erschien direkt vor mir, hell erleuchtet wie immer. Weiße Funken sprühten über das Gipfelplateau des Berges, und die Spannweite seiner unglaublichen Flügel reichte mehrere Meter weit. So viel zum Thema Theatralik. Michael liebte die Show, und
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