Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
er mit einer seltsamen Betonung. Das Zucken seiner Mundwinkel blieb mir nicht verborgen. Es sah aus, als würde er sich nur mit großer Mühe ein Lächeln verkneifen. „Ähm, nun, wenn du so fragst, ... mit einem Freund. Michael.“
„Du hast Freunde?“, platzte es aus mir heraus. Sofort schlug ich mir die Hände vor den Mund, aber Noah lachte laut auf.
„ Einen Freund, ja. Ich denke jedenfalls, dass er so etwas in der Art ist. Zumindest ist er ziemlich schmerzfrei, was meine Gefühlsausbrüche angeht.“
Ich wagte es zunächst kaum, doch als Noah mich herausfordernd ansah, stimmte ich in sein Lachen ein.
„Und was hast du wirklich gesagt?“, hakte ich nach.
„Was hast du denn gehört?“
Ich schluckte, denn die Erinnerung tat weh. „ Ausgerechnet Emily “, sagte ich leise und senkte den Blick auf meine Hände. Bis jetzt fiel mir beim besten Willen nicht ein, wie man diese Bemerkung falsch verstehen könnte. Noah seufzte. „... zu der ich mich hingezogen fühle.“
Oh,... so, zum Beispiel .
Ich blickte zu ihm auf. Noahs Blick war fest und tief; er wich mir nicht aus. „Ich bin dran“, sagte er schließlich. „Hast du irgendwelche Krankheiten?“
„Hä?“, fragte ich fassungslos. Was für ein Themenwechsel.
„ Naja, so etwas wie einen angeborenen Herzfehler vielleicht, oder häufige Kopfschmerzen, irgendetwas Auffälliges?“, erläuterte Noah.
„Ähm, ... nein . Nichts wovon ich wüsste“, erwiderte ich verständnislos.
Er atmete sichtbar auf und nickte mir zu. „Du .“
„Wirst du mir irgendwann erzählen, warum du es getan hast?“, fragte ich. Er zuckte zusammen – wohlwissend, worauf ich anspielte.
„Emily, ich ...“
„Noah, ich möchte wissen, was passiert ist. Ich möchte wissen, warum dir dieses Leben nicht mehr lebenswert erschien. Warum du aufgeben woll test. Ich meine, ich weiß nicht was dir widerfahren ist, aber zu diesem Zeitpunkt hattest du doch schon eine neue Familie. Eltern und Geschwister, die dich von ganzem Herzen liebten und alles für dich taten. Warum ...?“
„Da s verstehst du nicht“, brummte er und schüttelte den Kopf.
„Natürlich nicht. Darum bitte ich dich ja, es mir zu erklären“, wisperte ich und ergriff seine Hände, die sich unter meiner letzten Frage verkrampft hatten.
Es erschien mir wie ein kleines Wunder, dass er die Berührung zuließ und den Druck sogar erwiderte. Seine Daumen kreisten sanft über meine Handrücken, während er sich unter meinem flehenden Blick wand. Zunächst schloss er die Augen und atmete tief durch, doch dann sah er mir direkt ins Gesicht.
„Adrian und Lucy haben recht mit ihren Vermutungen“, sagte er geraderaus. „Aber sie wissen längst nicht alles.“
Ich war mir sicher, dass ihm pures Entsetzen entgegenstarrte. Dennoch konnte ich mich nicht dazu bringen, meinen Blick abzuwenden.
„Noch schlimmer?“, fragte ich halb erstickt.
Er nickte. Dann legte sich sein Kopf schief und sein Gesicht verzog sich, als hätte er mit einem Mal starke Schmerzen. „Und weißt du, ... wenn ... wenn du so lange in der Hölle gelebt hast – dein Leben lang –, dann fühlst du dich im Himmel nicht zu Hause. Egal, ... ganz egal, wie sehr sich die Engel um dich bemühen.“
Noch ehe ich die Bedeutungstiefe seiner Worte erfasste, stieß er sein charakteristisches, bitteres Lachen aus. „Was für ein Scheißvergleich!“
Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich verstand genau, was er sagte. Ich verstand es so gut, dass mein Herz vor Kummer dro hte aus meiner Brust zu springen. „Noah, was haben sie dir angetan?“
Er schüttelte den Kopf. „Heute nicht. ... Bitte!“, krächzte er leise.
Mein Nicken kostete mich eine enorme Überwindung. Nicht, weil ich nur neugierig war – ein großer Teil von mir wollte die Wahrheit, aus Angst an ihr zu zerbrechen, gar nicht hören. Nein, es war etwas anderes: Ich war nicht nur dabei, ich hatte mich bereits in diesen Jungen verliebt, dessen wurde ich mir schlagartig bewusst.
Trotz der kurzen Zeit, die wir uns erst kannten, liebte ich ihn so sehr, wie ich noch nie zuvor jemanden geliebt hatte. So irrational mir die Heftigkeit meiner Gefühle auch erschien, Zeit spielte dabei offenbar keine Rolle. Im Gegenteil. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, Noah irgendwann einmal nicht geliebt zu haben. Mein gesamtes Leben verblasste hinter den wenigen Stunden, die ich mit ihm geteilt hatte.
Und ich musste wissen – ob ich nun wollte oder nicht – in wen ich mich so
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