Blick in Den Abgrund -3-
verhangenes Fenster hoch oben an der Wand. Es gab nichts, das ihr als Waffe dienen könnte. Dünne Handtücher. Billige Seife. Oh, Davy! Was habe ich nur getan?
» Du hast mich in diesem Hotelzimmer zurückgelassen?«, flüsterte sie.
In seiner Wange zuckte ein Muskel. »Du hättest warten sollen, Margaret.« Seine Stimme zitterte vor unterdrückter Anspannung. »Du hättest nicht weglaufen dürfen. Du hast mir eine Menge Probleme bereitet. Du hast mich verletzt.«
Eine Selbstbeherrschung, von der sie nicht einmal geahnt hatte, dass sie sie besaß, erstickte die scharfen Erwiderungen, die ihr durch den Kopf schossen. Sie zwang sich, andere, demütige Worte auszusprechen. »Es tut mir leid. Ich … ich hatte ja keine Ahnung.«
Es war die richtige Antwort. Seine Miene entspannte sich. »Das weiß ich doch«, schnurrte er. »Du wolltest mich nicht hintergehen. Und jetzt bringen wir es in Ordnung.«
Die Zärtlichkeit im Gesicht dieses Mannes war fast furchteinflößender als sein Zorn. »Wie hätte ich dich hintergehen können?«, platzte sie heraus, angetrieben von Monaten verzweifelter Verwirrung. »Ich kenne dich doch gar nicht!«
Er verzog den Mund zu einem geisterhaften Lächeln. »Doch, du kennst mich«, widersprach er. »Ich wusste es, als ich das hier fand.« Er fasste in seine Tasche und zog ein gefaltetes Blatt Papier heraus. Er klappte es auseinander. Es war eine Zeichnung aus einem von Margots gestohlenen Skizzenbüchern. Eine zusammengerollte Schlange, die ihren Kopf aus der Dunkelheit erhob. Eine Vision aus ihren wiederkehrenden Albträumen. Eines Morgens hatte sie sie in einem blindwütigen Selbsthilfeversuch gezeichnet, in der Hoffnung, sie damit zu exorzieren, sich ihren Gefühlen zu stellen, und all das. Es hatte ihre Albträume nicht vertrieben.
Als sie nun in Snakeys blasse, wahnsinnige Augen sah, verstand sie den Grund. Ihr Unterbewusstsein hatte erkannt, wie entsetzlich tief die Scheiße war, in der sie steckte, auch wenn der Rest von ihr es nicht realisierte. »Ich habe das gezeichnet«, sagte sie.
»Das bin ich.« Seine Stimme war grauenvoll samtig. »Ich bin die Schlange. Es ist mein Orden. Mein Symbol. Als ich das sah, wusste ich, dass du mich fühlen kannst, Margaret. Du bist die einzige Frau, die mich wirklich versteht.«
Ihr stieg die Galle hoch. Sie würgte sie runter. Um nichts in der Welt wollte sie die Gefühle dieses Kerls verletzen, indem sie auf seine Liebeserklärung kotzte. »Das ist, na ja, ein bisschen viel auf einmal«, stammelte sie. »Also hast du den Hund getötet, der Mikey attackiert hat?«
»Ich bin dein Beschützer«, sagte er in einem inbrünstigen Ton. »Für immer und ewig.«
»Und …« Sie musste wieder schlucken. »Joe Pantani?«
»Dieser elende Wurm!« Er verzog das Gesicht, und seine Kiefermuskeln zuckten. »Du hättest ihn hören sollen. Ich hab ihn zum Quieken gebracht wie ein Schwein, wegen dem, was er dir angetan hat.«
Margot hielt den Atem an und ließ ihn langsam entweichen, während sie versuchte, ruhig und gelassen auszusehen. Der arme, arme Joe.
»Er hat erfahren, was dem widerfährt, der meinem Engel wehtut«, fuhr Snakey leise fort. »McCloud werde ich es auch noch zeigen. Ich werde es allen zeigen.«
»Nein!«, entfuhr es ihr.
Snakeys Lächeln erstarb, und an seine Stelle trat wieder diese irre zuckende Maske.
Margot ruderte panisch zurück. »Ich meinte nur, dass McCloud mir nie wehgetan hat. Er ist so unwichtig. Vergeude deine Zeit nicht mit ihm. Er bedeutet nichts für uns. Absolut gar nichts.«
Snakey faltete die Schlangenskizze zusammen und steckte sie wieder ein. »Du bist sehr tapfer, Margaret. Aber ich kenne die Wahrheit. Ich habe deine Flucht beobachtet. Er hat dich entführt. Er hat sich an dir vergangen.«
»Aber er …«
»Verschwende nie mehr einen Gedanken an ihn.« Snakeys Stimme brach vor Verbitterung. »Du gehörst jetzt mir. Ich werde dich beschützen, und um ihn werde ich mich schon noch kümmern.«
Margot hatte keine Ahnung, was bei ihm das Fass zum Überlaufen bringen würde, deshalb bemühte sie sich, ihre zitternde Stimme warm und sanft klingen zu lassen. »Was willst du von mir?«
»Wir werden jetzt in Ordnung bringen, was du vor acht Monaten kaputtgemacht hast.« Snakey stand auf und nahm ihre Hände. Er zog sie an seine Lippen.
Der heiße, feuchte Hautkontakt ließ sie beinahe würgen. Ihr Handtuch begann zu rutschen. Sie versuchte, es mit den Achseln festzuhalten, aber Snakey hob ihre Arme hoch. Das
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