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Blick in Den Abgrund -3-

Blick in Den Abgrund -3-

Titel: Blick in Den Abgrund -3- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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und schnappte sich eine Jacke vom Wandhaken. Er nahm seine Wagenschlüssel vom Schlüsselbrett und warf sie Seth zu. »Ich schulde dir einen Drink.«
    »Du schuldest mir ein Sechs-Gänge-Menü, du armseliger Hurensohn.« Seth kramte seine eigenen Schlüssel heraus und gab sie Davy. »Ich habe X-Ray-Specs auf dem Computer im Armaturenbrett installiert. Tippe einfach nur diesen Code ein …« Er zog eine Karte aus seiner Brieftasche und gab sie ihm. »Du hast schon mal mit dem Programm gearbeitet, oder?«
    »Natürlich.« Davy steckte die bedruckte Karte in seine Tasche.
    »Im Kofferraum ist eine Aktentasche. Mein Notfallkoffer. Darin befinden sich mein Laptop und meine elektronischen Spionagespielereien, falls du sie benötigen solltest. Nicht, dass du es verdienst, von meinem Genie zu profitieren, nachdem du meinen Sender aus deinem Handy entfernt hast. Das hat meine Gefühle verletzt, du humorloser Dickschädel.«
    Davy gab den Alarmcode für die Tür ein. »Mit einem Peilsender verwanzt zu sein, ist ein inakzeptabler Eingriff in meine Privatsphäre und meine persönliche Freiheit«, wiederholte er zum gefühlt tausendsten Mal.
    »Erspar mir deine Moralpredigten. Immerhin hast du rein gar nichts dagegen, wenn ich praktischerweise in die Privatsphäre und persönliche Freiheit deiner Freundin eingreife, oder? Alter Heuchler!«
    »Ihr ist ein Mörder auf den Fersen«, konterte er.
    Seth verdrehte die Augen. »Ja, klar. Das kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Wach endlich auf, Seth! Ich stecke bis zum Hals in der Scheiße«, brüllte Davy. »Wie kannst du darüber ausgerechnet jetzt Witze reißen?«
    Seth und Miles wechselten einen besorgten Blick. »Weil es hilft«, sagte Seth unverblümt. »Ich lache, um nicht zu heulen. Probier es bei Gelegenheit mal aus.«
    »Heute ist für mich nicht der richtige Tag, um einen beschissenen Sinn für Humor zu entwickeln.« Davy stieg in den Chevy und startete den Motor. Er wendete ihn mit knirschenden Reifen, wirbelte Kies auf und trat das Gaspedal durch.
    Theoretisch benötigte ihr Körper Nahrung. Sie war zwölf Stunden wie eine Besessene durchgefahren und hatte nur angehalten, um zu tanken und zu pinkeln. Sie müsste eigentlich am Verhungern sein. Aber vielleicht setzte das Gehirn ja irgendeinen seltsamen chemischen Botenstoff frei, wenn es einem Menschen gleichgültig geworden war, was mit ihm geschah. Sie fühlte sich losgelöst, im luftleeren Raum treibend. Die Tränen, die sie heute Morgen vergossen hatte, waren versiegt und durch eine innere Leere ersetzt worden. Es war besser so.
    Wenigstens hatte sie ein Ziel. San Cataldo war der einzige Ort, dessen magnetische Anziehung groß genug war, um ihre letzten Kraftreserven zu mobilisieren.
    Nichts war ihr mehr wichtig genug, um weiter vor dem Monster, das Craig und Mandi umgebracht hatte, davonzulaufen. Sie hatte nicht die Energie für einen Neuanfang. Sogar Mikey war inzwischen fort, und er war das Einzige gewesen, das sie noch geerdet hatte.
    Genug. Sie würde nicht länger wegrennen, sich verstecken und lügen, um zu überleben. Sie würde das tun, was Davy angeboten hatte, für sie zu tun. Steine umdrehen, an Bäumen rütteln, bis jemand die Nerven verlor. Die Vorstellung, im Gefängnis zu landen oder zu sterben, rief bei ihr keinerlei emotionale Reaktion mehr hervor.
    Sie fragte sich, ob Tamara das damit gemeint hatte, als sie davon gesprochen hatte, die Angst und die Hoffnung aufzugeben. Fühlte sich so wahre Freiheit an? Innerlich betäubt, kein Bedürfnis nach Essen oder Trinken, Gesellschaft oder Trost? Eine Irrfahrt durch Raum und Zeit, ohne Vergangenheit, ohne Zukunft? Eine Sekunde nach der anderen bewältigen?
    Sie hatte sich an die kleineren Straßen gehalten. Die Nadel auf dem Tachometer zuckte über die Hundertdreißig-Stundenkilometer-Marke. Es war ein Wunder, dass sie noch nicht aufgehalten worden war. Sobald sie kein Geld mehr für Benzin haben würde, würde sie das Auto stehen lassen und trampen. Eine Minute würde auf die nächste folgen, bis die Minuten aufhörten. Aus welchem Grund auch immer.
    Die Stunden verstrichen. Bizarre Wachträume liefen in ihrem Kopf ab – sie waren realer als die unterbrochene Linie auf dem Straßenbelag. Zweimal geriet sie auf den Seitenstreifen und riss alarmiert das Lenkrad herum, um wieder auf die Straße einzuscheren. Beim nächsten Mal könnte sie über die Leitplanke rasen oder mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidieren. Nicht, dass der Tod ihr wirklich Angst

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