Blick in Den Abgrund -3-
nicht persönlich nehmen. Ich weiß, dass sie dich wirklich gernhat.«
Davy fuhr herum. »Dass sie mich gernhat? Hast du deinen verdammten Verstand verloren? Dieser Kerl ist ein Profikiller, und sie läuft ihm direkt in die Arme!«
Er ließ sie wütend stehen, packte die Schubkarre, die an dem Holzschuppen lehnte, und schleuderte sie gegen die verwitterte Außenwand. Ein markerschütterndes Krachen, und sie starrten durch ein splittriges dunkles Loch in der Verkleidung. Seth klappte der Mund auf. Miles wich furchtsam zurück.
Davy stolperte durch das lange Gras, während ihn eine grauenerregende Gewissheit überkam. Eine blutrote Dunkelheit. Nicht jetzt, bitte nicht das, nur nicht jetzt …
Kalte kleine Hände um das Lenkrad gekrampft. Schnee, der in dichten, schnellen, stillen Flocken fällt. Nutzlos durchdrehende Räder. Die sich drehen und drehen.
»Davy? Hey! Was ist los? Was ist mit dir … Davy?«
Sein Fuß, der verzweifelt versucht, die Kupplung zu erreichen. Dads heisere Befehle. Mom so bleich und durchscheinend wie eine Wachspuppe. Blut, das sich ausbreitet. Überall. So viel Blut.
»He! Davy! Genug jetzt! Du machst mir eine Scheißangst!«
Die Bilder verblassten vor seinem geistigen Auge. Er beugte sich vornüber, die Stirn glänzend vor Schweiß. Das Frühstück drohte ihm hochzukommen.
Davy richtete sich vorsichtig auf und versuchte, seine abgehackte, keuchende Atmung zu normalisieren. Er blickte hoch in Seths zornige Miene. Miles hielt sich in sicherer Entfernung, sein Gesicht käsebleich, die Augen riesig hinter seiner runden Brille.
»Herrgott, Mann! Hast du uns einen Schrecken eingejagt! Was zur Hölle war das?«
Davy zwang sein rasendes Herz in einen langsameren Rhythmus. Er ignorierte Seths Frage und ersetzte die Horrorvisionen durch neutrale, nichtssagende Bilder – seine bewährten Favoriten: Eisfelder, Sanddünen, das raue Antlitz des Mondes.
Es funktionierte nicht – nicht mit Margots Gesicht, das sie alle überlagerte. »Jeder hat seine eigenen Probleme, die er bewältigen muss«, murmelte er.
»Das kannst du laut sagen«, pflichtete Seth ihm bei. Er klopfte Davy so vorsichtig auf den Rücken, als hätte er Angst, dass er zerbrach. »Du wirst doch nicht …«
»Mir geht’s gut«, fiel Davy ihm scharf ins Wort. Er drehte sich zu Miles um und sah auch ihn düster an. »Es ist alles in bester Ordnung.«
Miles nickte rasch, noch immer sprachlos. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab.
Seth wirkte nicht überzeugt. »Du willst ihr also nachfahren?«
Davy starrte trübsinnig die Straße hinunter. »Ich weiß, dass ich nicht Snakey bin. Sie weiß das nicht. Ich kann nicht einfach untätig auf meinem Hintern herumsitzen, während sie in Gefahr schwebt.« Er drehte sich wieder zum Haus um. »Ich muss ihr folgen. Jetzt sofort.«
»Du kannst unmöglich deinen eigenen Wagen nehmen«, warnte Seth ihn. »Falls sie jetzt noch nicht nach ihm suchen, werden sie es schon bald tun.«
»Ich habe nicht die Zeit, mir einen anderen zu besorgen.«
»Nimm meinen«, bot Seth an. »Ich stelle deinen irgendwo in der Stadt ab.«
»Du meinst das Batmobil?« Davy drehte sich verblüfft zu ihm um. Seth hütete sein mit allem technischen Schnickschnack ausgestattetes Auto wie seinen Augapfel.
»Es spart dir Zeit«, erwiderte Seth mit stoischer Opferbereitschaft.
»Danke! Ich nehme das Angebot an. Jetzt gib mir die Schlüssel!«
»Vielleicht sollten Miles und ich mit dir kommen«, schlug er zaghaft vor. »Du solltest in deinem, äh, Zustand besser nicht selbst Auto fahren.«
»Ich bin in keinem verfluchten Zustand «, herrschte Davy ihn an.
»Also hast du noch nie einen dieser Anfälle gehabt, während du hinter dem Lenkrad saßt? Ich liebe diesen Wagen, Mann!«
»Ich habe für diesen Schwachsinn keine Zeit.« Davy marschierte in die Küche. »Ich mache mich jetzt auf den Weg. Nicht, dass ich auch nur einen blassen Schimmer hätte, in welche Richtung sie gefahren sein könnte.«
»Doch, den hast du«, rief Seth ihm hinterher. »Folge einfach dem Peilsender.«
Davy schoss zu ihm herum. »Was? Welchem Peilsender?«
Seth hatte ein selbstzufriedenes Funkeln in den Augen, als er zurück in die Küche geschlendert kam. »Ich habe ihr ein Tierortungsgerät gegeben. Hat sie dir nichts davon erzählt? Ihr Hund hat es nicht getragen, als Miles und ich heute Morgen aufgebrochen sind, folglich ist es wahrscheinlich noch in ihrer Handtasche. Bingo, Kumpel. Du hast sie.«
Davy verstaute seine Waffe im Hosenbund
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