Blick in Die Angst
möchte sie dort bleiben. Es wäre besser, wenn Sie sich in Zukunft einfach von dort fernhielten.«
Er hatte recht. Ich konnte nichts mehr tun.
An diesem Tag stürzte ich mich bei der Arbeit auf die Behandlung meiner Patienten. Mit Brandon bereitete ich ein Treffen mit einem Berufsberater nach, und mit Jodie ging ich ihren neuen Ernährungsplan durch. Francines Zustand war stabil, aber sie war immer noch depressiv und leicht erregt. Ich saß eine Weile bei ihr. Sie nannte mich wieder Angela, kicherte über das Aktgemälde, an dem sie gerade arbeitete, und schlug vor, dass wir schon bald wieder nach Mexiko reisen sollten. Als es Zeit für mich wurde zu gehen, sah sie mich ängstlich an. »Dieses Hotel gefällt mir nicht. Ich möchte nach Hause.« Ich erinnerte sie daran, dass sie im Krankenhaus war, und sie begann zu weinen.
Ich tätschelte ihr den Rücken und versuchte, sie zu trösten. Als das nicht funktionierte, sprach ich von Mexiko, vom klaren blauen Wasser, dem weißen Sand, dem Tropenwind, der beim Strandspaziergang an den Kleidern und Haaren zerrte und liebkosend über die sonnenverbrannte Haut strich. Endlich schlief sie ein, ein kleines Lächeln in dem traurigen Gesicht.
Später schaute Kevin kurz in meinem Büro vorbei. »Ich habe deine Nachricht erst gestern Abend abgehört, aber es war zu spät, um zurückzurufen. Ist alles in Ordnung?«
»Ja«, sagte ich. »Ich wollte dich etwas fragen, aber dann habe ich es für mich allein geklärt.« Ich hatte bereits entschieden, dass er nicht erfahren sollte, was im Zentrum vorgefallen war.
Er bedachte mich mit einem fragenden Blick. »Bist du sicher?«
»Ich habe gerade einiges um die Ohren«, ich deutete auf die Akten, die auf meinem Tisch lagen, »und versuche, mit dem Schreibkram hinterherzukommen.«
Er nickte. »Na dann, ich wünsche dir einen schönen Tag.« Er wirkte irritiert, und ich wollte zu einer weiteren Erklärung ansetzen, doch ehe ich noch etwas sagen konnte, klingelte mein Telefon. Er winkte mir zu und verließ das Büro.
Am nächsten Abend brühte ich mir gerade Tee in der Küche auf und dachte an Francine, für die sich endlich ein Platz in einem guten Pflegeheim, das auch Kunsttherapie anbot, gefunden hatte – wenigstens eine gute Nachricht –, als ich meinte, draußen ein Geräusch zu hören. Ich spähte aus dem Fenster, konnte aber nichts erkennen. War es die Katze gewesen? Ich stieß die Tür auf, die prompt hinter mir wieder zufiel. Ich blieb stehen und rief: »Miez, miez, miez!«, während ich in den Garten starrte. Kein Miauen als Antwort, nichts regte sich im Gras. Ich schaute nach links. Die Außenbeleuchtung im Garten meines Nachbarn war angegangen und erzeugte unheimliche Schatten. Hatte die Katze den Bewegungsmelder ausgelöst oder etwas Größeres? Ich lauschte angestrengt nach Schritten. In der Ferne hörte ich einen Wagen starten und mit quietschenden Reifen davonfahren.
In dieser Nacht schlief ich unruhig. Ich wachte jede Stunde auf, und mein Herz klopfte unregelmäßig beim leisesten Knacken im Haus. Am nächsten Tag rief ich eine Psychiaterin im Krankenhaus an und bat sie, mich zu vertreten, dann telefonierte ich mit Corporal Cruikshank in Shawnigan. Sie erzählte mir, dass ihre Kollegen sie kontaktiert hätten, nachdem sie in der Kommune gewesen und Aaron gesprochen hatten, so dass sie bereits wusste, was geschehen war.
Es fiel mir schwer, nicht vor Enttäuschung zu schreien, als ich ihr versicherte, dass ich mir das alles nicht ausgedacht hatte. Sie reagierte sehr professionell, achtete darauf, sachlich zu bleiben, und erklärte, dass jemand in Victoria sich trotzdem mit Garret unterhalten würde. Aber sie warnte mich, dass es wahrscheinlich zu nichts führen würde, solange Lisa nicht bereit war, eine Aussage zu machen, was wir beide bezweifelten. Dann schlug sie ebenfalls vor, ich solle mich von der Kommune fernhalten und von nun an der Polizei die Angelegenheit überlassen. Meine Einmischung würde es nur noch schwieriger machen und meinem eigenen Fall möglicherweise mehr schaden als nutzen. Ich willigte ein.
Ich erzählte ihr auch von dem Lärm in meinem Garten und von dem davonfahrenden Auto. Sie schlug mir vor, eine Alarmanlage installieren zu lassen, damit ich wieder ruhig schlafen konnte. Das war keine schlechte Idee. Nachdem wir aufgelegt hatten, rief ich ein paar Firmen an, die Alarmanlagen vertrieben, und veranlasste, dass so schnell wie möglich ein System in meinem Haus eingebaut würde.
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