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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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Team arbeiteten.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Wir haben einen gemeinsamen Bekannten …« Warum redete ich um den heißen Brei herum? Ich war ein Profi, er war ein Profi. Es gab keinen Grund, verlegen zu sein.
    »Und Sie glauben, deshalb könnte es Ihnen schwerfallen, objektiv zu bleiben?« Er klang freundlich und sachlich. Ich verstand, warum er bei den Patienten so beliebt war.
    »Ja, aber es ist etwas kompliziert.« Ich holte tief Luft. »Die Patientin hat bis vor kurzem mit ihrem Mann in einer Kommune in Jordan River gelebt.«
    Er runzelte die Stirn. »Sie meinen das River of Life Center?«
    »Sie kennen es?«
    »Ich habe letztes Jahr bei einem Yoga-Retreat mitgemacht.«
    »Was halten Sie davon?«
    »Die Leute waren etwas aufdringlich und haben mich nach dem Retreat noch ein paarmal angerufen. Sie wollten, dass ich noch weitere Kurse buche, aber davon abgesehen waren sie ganz in Ordnung. Sie scheinen recht stark von östlicher Philosophie, Hinduismus, Buddhismus und Mystizismus beeinflusst zu sein. Sie stümpern mit einer Art Gestalttherapie herum, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie irgendeiner Glaubensrichtung besonders anhängen würden. Außerdem«, fügte er hinzu, »engagieren sie sich sehr in der Gemeinde, unterstützen Recycling- und Naturschutzprojekte und haben einen öffentlichen Park angelegt.«
    Ich dachte über das nach, was er gesagt hatte. Es passte zu dem, was ich von Heather und durch meine eigenen Nachforschungen im Internet erfahren hatte.
    »Was hat denn das Zentrum mit Ihrem Dilemma zu tun?«, fragte er.
    »Meine Patientin und ihr Mann lebten dort eine Weile als Mitglieder, und seit sie dort weggegangen sind, scheint man sie zu belästigen.«
    Er runzelte die Stirn. »Was für Belästigungen?«
    »Soweit ich weiß, sind es vor allem Telefonanrufe, ähnlich wie die, die Sie bekommen haben, aber man scheint die beiden stärker unter Druck zu setzen. Die Leute aus dem Zentrum wollen, dass sie zurückkommen.«
    »Wissen Sie, warum die beiden gegangen sind?«
    »Meine Patientin war schwanger.« Ich erklärte, was Heather mir über die Ansichten des Zentrums mitgeteilt hatte, und dass sie das Gefühl hatte, die Mitglieder würden ihr die Schuld für die Fehlgeburt geben.
    »Wie geht es ihr jetzt? Zeigt sie Anzeichen einer Paranoia?«
    »Sie ist verständlicherweise deprimiert. Außerdem zeigt sie einige Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, und sie ist sehr abhängig von ihrem Mann.« Meine Gedanken schweiften zurück zu unserer Zeit bei der Kommune. Als wir wieder zu Hause waren, wollte meine Mutter anfangs nicht mehr allein in die Stadt fahren und brachte meinen Vater dazu, sie überallhin zu begleiten.
    Kevin fragte: »Ist das der Punkt, zu dem Sie eine zweite Meinung hören wollen?«
    »Nein, es geht um das Zentrum. Ich kannte den Leiter. Als Teenager war ich …« Wie viel wollte ich preisgeben? Ich redete niemals darüber, nicht einmal mit meinen engsten Freunden. »Meine Mutter hat sich mit meinem Bruder und mir der Kommune angeschlossen, als wir noch Kinder waren. Wir haben dort acht Monate gelebt.«
    Sein Blick wurde mitfühlend. »Klingt, als hätten Sie keine glücklichen Erinnerungen an die Zeit.«
    Die Sache war die, dass es sehr wohl ein paar schöne Momente gegeben hatte. Im Fluss zu schwimmen, barfuß mit den anderen Kindern herumzurennen, die Tiere überall – trotzdem war jeder Gedanke an die Kommune von Düsternis überschattet, von einem Gefühl der Bedrohung.
    »Es war eine schwere Zeit in unserem Leben, aber ich bin darüber hinweg.«
    »Und darum wollen Sie nicht mit dieser Patientin arbeiten?«
    »Ich mache mir nur Sorgen, dass ich nicht die richtige Ärztin für sie sein könnte.«
    Er nagte an seiner Unterlippe. »Alle Therapeuten in diesem Krankenhaus sind gut, jeder könnte die Patientin behandeln. Und ich verstehe, warum Sie sich zurückziehen wollen, vor allem, wenn Sie glauben, dass das Risiko einer Gegenübertragung besteht.«
    Ich nickte. »Natürlich, das ist eine meiner Hauptsorgen.«
    »Doch solange Sie denken, dass Sie die nötige Objektivität und ein angemessenes Maß an Distanz aufbringen können …« Psychiater müssen auf der Hut sein, ihre eigenen Gefühle nicht zu zeigen. Wir dürfen erzählen, dass wir Erfahrungen mit Schmerz oder Misshandlung haben, um zu zeigen, dass wir mitfühlen können, aber wir können keine Einzelheiten nennen. »Ich sehe keine ethischen Probleme darin, wenn Sie sie weiterbehandeln. Oder sehen Sie das

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