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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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immenses Wissen über Pflanzen und Kräuter und darüber, welche sich als natürliche Heilmittel verwenden ließen. Rasch übernahm sie die Verantwortung für die Gewächshäuser. Wenn irgendjemand sich verletzte oder erkrankte, wandte er sich an Willow. Sie benutzte Lavendel für fast alles – als Antiseptikum, gegen Ängste, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Hautprobleme und Magenreizungen. Brennnesseln wirkten bei Gelenkschmerzen und als Abführmittel, Beinwelltee gegen Husten. Schafgarbe stillte Zahnschmerzen und half bei Durchfall.
    Sie roch immer nach irgendeinem Kraut oder einer Pflanze, den einen Tag nach Rosmarin, am nächsten nach Rhabarber oder Salbei, aber meistens roch sie nach Lavendel. Sie stellte Seife und Lotion, Shampoo und Lippenbalsam, Salben und Öle her. Das Essen schien mit ihren Kräutern frischer und belebender zu schmecken. Ich fragte sie einmal, woher sie so viel wusste, und sie erzählte mir, dass sie in der Nähe eines Reservats aufgewachsen war und viel Zeit mit einer Frau indianischer Abstammung verbracht hatte. Als ich sie nach ihren Eltern fragte, verharrte ihre Hand, die gerade mit einem Blatt herumgespielt hatte, und sie zog die Mundwinkel nach unten. Ich wechselte das Thema.
    Joseph versuchte ein paarmal, sie zu schikanieren, und einmal stellte er ihre Anwendung eines Kräutertees in Frage, behauptete, sie wolle die Mitglieder vergiften. Aaron schaltete sich ein und schickte ihn in seine Hütte, während Willow betroffen daneben stand. Dann befahl er Willow, diesen Tee nicht mehr zu benutzen. Sie versuchte zu erklären, dass er harmlos war, doch Aaron ließ sich nicht umstimmen. Es war nicht das erste Mal, dass es zwischen ihnen zu Spannungen kam. Wenn die Leute Willow wegen eines Heilkrauts oder irgendwelcher Beschwerden aufsuchten, verpasste Aaron ihnen anschließend garantiert eine Heilsitzung. Er dankte Willow für ihre unterstützende Behandlung, betonte jedoch, dass es seine Reinigung der Chakren oder die Harmonisierung der blockierten Meridiane gewesen sei, die den Betroffenen letztlich geheilt hätten.
    Im Sommer fing Aaron an, Mitglieder loszuschicken, um die Ausrüstung der Holzfäller zu sabotieren, wo immer sie in den Bergen arbeiteten. Dann hatte er die Vision, dass wir Nägel in die Bäume treiben sollten, damit die Kettensägen zurückschlugen. Willow gefiel die Idee nicht, sie machte sich Sorgen, dass jemand verletzt werden könnte. Joseph wurde wütend und brüllte: »Das Licht wird uns alle bestrafen, wenn wir seiner Botschaft nicht gehorchen.«
    Aaron packte Joseph am Arm, der kurz davor war, wie ein junger Bulle auf einen Herausforderer loszugehen. Aaron flüsterte ihm etwas zu. Joseph betrachtete die Mitglieder, schaute jedem von uns in die Augen, bis wir wegsahen. Willow hielt seinem Blick als Einzige stand, und ich wollte sie anschreien, wollte sie warnen, dass sie es nur noch schlimmer machen würde, doch ich war vor Furcht wie erstarrt.
    Endlich sagte Joseph, bebend vor Wut: »Wir müssen jeden vernichten, der die Erde verletzt. Wenn wir es nicht tun, wird etwas Schlimmes geschehen. Ich kann es spüren.« Er umfasste den Kopf mit den Händen. »Hier drin.«
    Bei seinen Worten schnappte die Gruppe hörbar nach Luft, und ein Raunen ging durch die Menge.
    Aaron sagte nur: »Komm schon, Joseph. Lass uns hören, was die anderen zu sagen haben.«
    Josephs Mund stand offen. Er atmete schwer, sein Blick wanderte von einem zum anderen, doch seine Stimme war furchterregend ruhig, als er sagte: »Wie du willst«, und davonging.
    Aaron wandte sich wieder an die anderen. »Stimmt ihr alle mit Willow überein?«
    Die Anspannung lief wie Wellen durch die Mitglieder. Ich spürte das Grauen in mir emporkriechen, als ich auf ihre Antworten wartete. Was würde geschehen, wenn sie ja sagten? Nie zuvor hatten sie sich gegen Aaron gestellt. Würde er sie fortschicken? Ich hielt den Atem an.
    Dann nickte jemand. Und noch jemand. Der Rest folgte.
    Aaron lächelte. »Dann werde ich meditieren und einen anderen Weg finden.« Mit gesenktem Kopf schritt er auf seine Hütte zu, die Hände vor sich gefaltet.
    Die Mitglieder starrten ihm nach. Obwohl Aaron verständnisvoll gewirkt hatte, machten sie sich offensichtlich Sorgen, er könnte wütend sein. Mich verunsicherte seine Reaktion ebenfalls, er wirkte viel zu ruhig auf mich. Einige Mitglieder wären ihm vielleicht nachgegangen, doch Willow wandte sich lächelnd an alle.
    »Lasst uns schwimmen gehen, ehe wir alle in der Hitze

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