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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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mussten.«
    »Aaron sagt, dass wir unseren eigenen Schmerz schaffen und dass man nicht zulassen darf, von Medikamenten abhängig zu werden. Man kann seinem Körper beibringen, ohne sie auszukommen.«
    Ich holte tief Luft, ehe ich antwortete. »Viele Menschen brauchen Medikamente gegen Depressionen. Es ist eine schwierige Krankheit, aber man kann lernen, damit zurechtzukommen, genau wie mit anderen Gesundheitsproblemen.«
    »So stark bin ich nicht. Aaron sagt, wenn wir vor dem Chanten auf Essen und Schlaf verzichten, bringt es uns näher an unser wahres Selbst, und wir würden lernen, unseren Körper zu kontrollieren. Aber ich fühlte mich nur benommen.«
    »Wie lange haben Sie nichts gegessen und nicht geschlafen?«
    »Manchmal tagelang, ich weiß es nicht einmal. Es war alles wie vernebelt. Sie haben stundenlang mit uns geredet, über das Zentrum, ihre Ansichten, wie sie unser Leben verändern können.«
    Es klang, als würden die Leute vom Zentrum gezielt Techniken anwenden, die die Wachsamkeit herabsetzten und die Menschen verwirrten – was ziemlich alarmierend war. Sekten benutzten diese Techniken, um neue Mitglieder zu brechen. Während des Studiums hatte ich mehrere Arbeiten über sektenähnliche Gruppen verfasst und einige der destruktiveren genauer erforscht. Die Anführer waren keineswegs nur waffenherumschleppende Paranoiker, einige der gefährlichsten traten eher im Gewand von freundlichen Lebens-Coachs auf. Es gab immer noch ziemlich viel, was ich nicht über das Zentrum wusste, aber es schien, als hätte Aaron sich weiter zum Extremen hin entwickelt.
    »War das bei Ihrem ersten Retreat?«, fragte ich Heather.
    Sie schüttelte den Kopf. »Bei den ersten Malen ging es nur darum, wie man zur Ruhe kommt und seine Mitte findet. Es war immer sehr entspannend. Ich ging auf dem Gelände spazieren, alle lächelten mich an, manche meditierten auf einem der Hügel. Es ist so ruhig dort, und alles, was sonst so wichtig ist, wie Autos oder Handys, Filme, Klamotten, Statuszeug – keiner kümmert sich um irgendetwas davon. Man ernährt sich gesund, atmet frische Luft, übt und konzentriert sich nur darauf, den Lärm im eigenen Kopf auszuschalten.«
    »Und wann fingen Sie an, an den anderen Chanting-Zeremonien teilzunehmen?«
    »Erst nach dem fünften Retreat, nachdem ich darum gebeten hatte, im Zentrum leben zu dürfen. Man muss beweisen, dass man hinreichend engagiert ist.« Ihre Arme verspannten sich leicht, und sie rieb sie, als wäre ihr kalt.
    »Und danach haben Sie angefangen zu fasten und aufgehört zu schlafen?« Allmählich hatte ich das Gefühl, das Zentrum hätte zwei Seiten, eine, die der Öffentlichkeit präsentiert wurde, ein Rückzugsort zur Entspannung, und eine andere, wesentlich intensivere Version für die Vollmitglieder.
    Sie nickte und begann erneut, an ihren Nägeln zu zupfen, als sei sie nervös, weil sie mir so viel erzählt hatte. »Auch noch andere Sachen, aber ja.«
    »Heather, jeder würde in so einer Situation Depressionen bekommen. Ihr Blutzuckerspiegel war im Keller, und Müdigkeit hat das alles noch verschlimmert.« Es würde Heather helfen, wenn sie erkannte, wie man sie manipuliert hatte – dann fiele es ihr auch leichter, den Automatismus der Selbstanschuldigung zu durchbrechen. Ich überlegte kurz. Nachdem sie das Zentrum verlassen hatten, musste Daniel zwei Jobs annehmen, damit sie über die Runden kamen. Was war mit dem Geld aus ihrem Treuhandfonds passiert?
    »Hat das Zentrum Sie jemals um Geldspenden gebeten?«
    Sie wurde noch nervöser und ließ den Blick im Raum umherhuschen. Die Brust hob und senkte sich im Takt ihres hektischen Atems. Sie sagte: »Ich sollte nicht darüber reden. Ich habe Daniel versprochen, nichts zu erzählen.«
    Also hatte man sie um Spenden gebeten, und Heathers Reaktion nach zu urteilen, hatte sie ihnen Geld gegeben. Ich wunderte mich, dass Daniel eingewilligt hatte, die Kommune zu verlassen, denn offenkundig wäre er ja lieber geblieben. Und Heathers bisheriges Verhalten und dieses Versprechen, das sie ihrem Mann gegeben hatte, deuteten darauf hin, dass sie sich seinen Wünschen normalerweise fügte. Entweder hatte er ihr nachgegeben, um sie glücklich zu machen, oder er verspürte insgeheim ebenfalls leise Zweifel.
    Als sie das Thema nicht weiter ausführte, sagte ich: »Ich weiß, dass Sie Schwierigkeiten hatten mit den Ansichten des Zentrums über Kindererziehung, aber gab es vielleicht noch mehr, bei dem Sie anderer Meinung waren?«
    Wieder sah

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