Blick in Die Angst
Einige weinten. Heidi stöhnte nur gebrochen. Wasser tropfte aus Coyotes nassen Shorts und bildete eine Pfütze unter seinem Leichnam. Er war der erste Tote, den ich sah.
Aaron winkte uns näher heran, während er am Fußende des Tisches stehen blieb. Sein Gesicht war ernst, die Augen waren feucht. »Wir haben ein Mitglied unserer Familie verloren, und ich weiß, dass ihr traurig seid – ich bin es auch. Ich habe Coyote geliebt. Aber ich verspreche euch, dass er jetzt an einem besseren Ort ist.« Er sah zu Levi, der den Leichnam seines Vaters anstarrte. Wasserrinnsale aus seinem nassen Haar vermischten sich mit den Tränen, die ihm übers Gesicht liefen. Aaron legte ihm die Hand auf die Schulter. »Coyote ist nicht tot. Seine Energie ist überall um uns herum.« Er sah die Gruppe an. »Aber auch die negativen Energien, die den Unfall verursacht haben.« Ein verwirrtes Flüstern ging durch die Gruppe, die Leute waren unsicher, was Aaron meinte. Er sagte: »Ein Mitglied hat meine Vision zurückgewiesen, deshalb wurden wir bestraft.«
Endlich begriff auch der Letzte. Unterschwellige Unmutsäußerungen wehten Willow entgegen, als sie die Verbindung herstellten. Willow wich zurück. Zum ersten Mal sah sie ängstlich aus.
Aaron starrte sie einen Moment an, dann wandte er sich ab. »Wir müssen daraus lernen, oder wir sind nicht in der Lage, zur nächsten spirituellen Ebene aufzusteigen und unseren Bruder wiederzutreffen. Coyote hat uns ein großartiges Geschenk gemacht. Wir sollten nicht trauern, wir sollten dankbar sein.«
Die Kommune murmelte aufgeregt. Wir waren Zeugen seines Todes, aber Aarons Glauben, dass Coyotes Geist immer noch lebendig war, gab uns Hoffnung, und wir griffen danach. Niemand wollte sich der Tatsache stellen, dass wir Coyote nie wiedersehen würden.
Aaron sagte: »Jetzt lasst uns zurück an die Arbeit gehen, und später zur Meditation. Einige von uns können vielleicht mit Coyote in Verbindung treten.« Er wandte sich an Willow. »Nach der Meditation sprechen wir über deinen spirituellen Weg.«
Sie nickte beklommen.
Die Polizei kam und nahm Aussagen auf, und der Coroner fuhr mit Coyotes Leichnam davon. Ein paar Stunden später erlitt Heidi eine Fehlgeburt. Für den Rest des Tages war die Kommune in Aufruhr, alle sprachen mit gedämpften Stimmen, sahen ängstlich dem nächsten Satsang entgegen und gingen Willow aus dem Weg. Keiner von ihnen wollte enden wie Coyote oder Heidi.
Aaron hatte Willow zu einer privaten Meditation mit in seine Hütte genommen, und als sie wieder herauskamen, verkündete er, dass Willow jetzt bereit war, »seine Visionen zu akzeptieren«. Willow stimmte zu, aber sie wirkte aufgewühlt.
Am nächsten Nachmittag bemerkte ich, wie Willow während unseres sonntäglichen spirituellen Unterrichts erneut die Stirn runzelte, als Aaron uns daran erinnerte, dass wir all unsere Besitztümer teilen müssten, andernfalls würden wir nicht wirklich als Familie zusammenleben. Viele Mitglieder gingen in ihre Zelte und schleppten ihre Habseligkeiten an, tauschten sie mit anderen und dankten ihnen mit Lächeln und Umarmungen. Nach dem Abendessen schickte Aaron uns auf unseren Besinnungsspaziergang, wies jedoch Willow an, im Camp zu bleiben und darüber zu meditieren, was sie aus den Ereignissen des gestrigen Tages gelernt hatte. Joseph begleitete uns, aber Aaron würde ebenfalls zurückbleiben und die Tiere versorgen.
Als ich der Gruppe folgte, blickte ich zurück und sah Willow und Robbie am Waldrand miteinander sprechen. Dann wirbelte Robbie herum und verschwand in Richtung Schotterpiste, die von unserer Kommune fortführte. Ich nahm eine Bewegung neben dem Stall wahr und begriff, dass Aaron die Szene ebenfalls gesehen hatte. Willow ging zum Fluss. Aaron folgte ihr. Ich wollte mich hinunter zum Camp schleichen und sehen, was sie taten, doch als ich mich umschaute, waren die anderen auf dem steilen Pfad bereits ein ganzes Stück vor mir, und meine Mutter winkte mich zu sich.
Die Mitglieder teilten sich in kleine Gruppen auf oder suchten sich ein ruhiges Plätzchen, wo sie allein meditieren konnten. Joseph streifte durch den Wald. Ein Mitglied musste stets unten im Camp bleiben und die Glocken läuten, um anzuzeigen, dass unser Besinnungsspaziergang vorbei war. Aaron hatte gesagt, er würde das diesmal übernehmen. Er ließ uns ziemlich lange meditieren, und als wir zurückkamen, dunkelte es bereits. Die Gruppe beschloss, noch einmal eine späte Schwimmrunde einzulegen. Mir fiel
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