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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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säte. Diese Person wurde von Aaron bei der nächsten Reinigungszeremonie herausgegriffen, zur Beichte gezwungen und anschließend ein paar Tage lang ignoriert. Ein paar Tage darauf erhielt ein anderes Mitglied ein besonderes Privileg.
    Tammy sagte: »Wenn jemand davon spricht, die Kommune zu verlassen, wird er richtig wütend.«
    »Wütend? Inwiefern?« Vor meinem geistigen Auge tauchte wieder das Bild von Joseph auf, der diesen Mann zu Boden trat, und das der niedersausenden Machete, während Mary sich wehrte.
    »Er nimmt dann denjenigen mit in sein Büro, meditiert mit ihm und redet stundenlang auf ihn ein, bis er einwilligt, zu bleiben. Er sorgt auch dafür, dass andere Mitglieder mit einem reden – manchmal können die Leute richtig gemein werden. Sie machen einem Schuldgefühle, zum Beispiel, dass man die Menschen, die man liebt, nicht auf der anderen Seite wiedersehen wird, wenn man stirbt. Und wenn doch jemand die Kommune verlässt, rufen sie ihn ununterbrochen an.«
    »Was passiert mit den Mitgliedern, wenn sie eine Regel verletzen?«
    »Normalerweise darf man dann einfach nicht mit den Leuten reden, auch wenn sie direkt neben einem stehen. Oder sie müssen zur Anpassung.«
    »Was bedeutet das?«
    »Manchmal ist das nur ein Gespräch mit Aaron, aber wenn er glaubt, man hätte es nicht richtig verstanden, muss man eine volle Anpassung über sich ergehen lassen. Sie haben diese elektrischen Geräte, die einem leichte Stromstöße durch den Kopf schicken und einen reinigen. Sie sagen, es sei, als hättest du Zysten, an denen sich die Energie in deinen Zellen verfängt, und das blockiert deine Gesundheit und dein Denken, also musst du sie aufbrechen und dann loslassen.«
    Es klang, als würde er mit einer Art Bioresonanztherapie oder Gehirnwellenstimulierung herumexperimentieren.
    »Das ging ja eigentlich noch«, fuhr Tammy fort, »aber dann wurde es noch schlimmer.« Sie schaute hinüber zu ihrem Sohn. »Er fing an, die Leute unter der Erde einzusperren.«
    Zunächst glaubte ich, mich verhört zu haben. »Entschuldigen Sie bitte, sagten Sie gerade …«
    »Er hat Isolationskammern im Keller unter dem Zentrum bauen lassen. Er lässt einen erst wieder raus, wenn man vor seinen Ängsten kapituliert und seine Vergangenheit hinter sich gelassen hat.«
    Mein ganzer Körper verkrampfte sich vor Entsetzen bei ihren Worten. Ich fühlte mich unbehaglich und wollte diesem Gefühl am liebsten aus dem Weg gehen, ohne genau sagen zu können, wodurch es ausgelöst worden war. Ich holte tief Luft und konzentrierte mich auf das Hier und Jetzt. »Weigert sich denn nie jemand?« Ich wusste, wie sehr Sekten sich abschotten konnten und dass die Mitglieder im Laufe der Zeit unzählige Misshandlungen durch ihre Anführer tolerierten, aber ich war immer wieder überrascht, dass so viele Leute Aarons verrückte Ideen übernahmen.
    »Die Leute sagen, dass die Anpassung ihnen wirklich geholfen hätte – und sie wirken danach tatsächlich glücklicher. Manche Leute zahlen sogar dafür, damit sie das noch einmal erleben dürfen. Es gibt einen speziellen Bereich im Keller, nur für diese Kammern, aber ich habe nie eine von innen gesehen. Nur die ranghöchsten Mitglieder und die Leute aus dem Büro dürfen dort ohne Erlaubnis hin. Alle anderen müssen Aarons Entscheidung abwarten, ob sie bereit dazu sind. Es ist ein Privileg, in die Isolationskammer zu dürfen.«
    »Ich dachte, es sei eine Strafe?«
    »Das war es zuerst, aber dann sagten ein paar Mitglieder, die das durchgemacht haben, sie hätten ihre Körper verlassen und Visionen gehabt, von ihrem spirituellen Selbst und solches Zeug.«
    Für mich klang es, als hätten sie außerkörperliche Halluzinationen gehabt. »Wie lange hält er die Leute dort unten fest?«
    »Manchmal tagelang. Und sie dürfen nichts essen oder trinken.«
    Das würde die Visionen erklären.
    »Inzwischen betteln die Leute darum, da runter zu dürfen«, fuhr Tammy fort. »Er setzt es als Belohnung ein – aber er sagt, dass er der Einzige ist, der mit der anderen Seite kommunizieren kann. Was alle anderen sehen, ist nur ein Fenster, aber er kann die Tür öffnen.«
    Ich schüttelte den Kopf, fassungslos, wie weit Aarons Gedankenkontrolle reichte. Ob er auch in anderen Bereichen noch extremer geworden war? »Hält er immer noch Satsangs ab?«
    »Ja. Jede Woche brachte er uns neue Chanting-Sequenzen bei, die wir auswendig lernen mussten. Er macht auch Video-Podcasts, für die Zeiten, in denen er weg ist.

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