Blick in Die Angst
Eltern … sie würden mir niemals vergeben.«
»Ich weiß, dass Sie das Gefühl haben, Sie seien diejenige, die etwas falsch gemacht hat. Aber wenn man Aaron verhaften würde, stünden die Mitglieder nicht länger unter seinem Bann, und das Zentrum würde wahrscheinlich schließen. Selbst wenn er außer Landes flieht, könnte er Ihre Schwester und Ihre Eltern nicht länger beeinflussen. Sie könnten vielleicht wieder zusammenkommen.«
»So habe ich das noch nie betrachtet.« Ihr Baby begann, in seinem Laufstall zu weinen. Sie ging zu ihm, hob den Jungen heraus und ließ ihn auf der Hüfte wippen. »Ich will, dass er so schnell wie möglich geschnappt wird. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lasse?«
»Natürlich nicht. Aber eines interessiert mich noch. Warum waren Sie bereit, sich mit mir zu treffen?«
»Ich habe noch nie mit jemandem geredet, Sie wissen schon, der auch bei denen gelebt hat.«
Wir sahen uns an. Ich sagte: »Danke, dass ich heute hierherkommen und mit Ihnen reden durfte. Mir hat es auch gutgetan, über all das zu sprechen.«
Sie lächelte scheu, fügte jedoch hinzu: »Ich glaube trotzdem nicht, dass ich noch einmal mit der Polizei darüber reden möchte. Tut mir leid.«
»Lassen Sie sich Zeit. Sie müssen sich nicht heute Abend entscheiden.« Ich holte einen Zettel aus meiner Handtasche und schrieb ihr meine Telefonnummer auf. »Ich weiß, dass es schmerzhaft ist. Und es gibt vieles zu bedenken.« Ich schob den Zettel über den Tisch und sagte: »Wenn Sie irgendwann einmal reden möchten, rufen Sie mich an.«
»Danke.«
Sie stand immer noch neben dem Laufstall und drückte ihren Sohn an sich, während sie den Blick abwandte und sein Haar zerzauste. Das Baby schenkte mir ein zahnloses Lächeln.
Draußen saß ich einen Moment reglos in meinem Wagen, starrte ihr Haus an und dachte an Josephs letzten Besuch bei ihr. War ich leichtsinnig? Brachte ich mich selbst, Tammy und wen weiß noch alles in Gefahr? Ich dachte wieder an Willow. Sie war von zu Hause weggelaufen, und niemand hatte sie groß vermisst. Wenn mir oder jemandem, mit dem ich gesprochen hatte, etwas zustieße, wäre es dagegen schwerer für Aaron, seine Verstrickung zu leugnen. Trotzdem verriegelte ich die Türen und sah mich um, ob sonst noch irgendwo jemand in seinem Auto saß. Die Straße war ruhig.
24. Kapitel
Ich hatte gehofft, schon bald von Tammy zu hören, aber als aus einem Tag eine Woche wurde, akzeptierte ich allmählich, dass sie Aaron wahrscheinlich niemals anzeigen würde. Ich konnte ihr deswegen nicht böse sein, es war eine schwierige Entscheidung. Ich rief Corporal Cruikshank an und erzählte ihr, was ich erfahren hatte, aber sie sagte, das seien alles nur Geschichten vom Hörensagen, auf deren Grundlage sie nicht handeln durften, es sei denn, sie hörten es von Tammy selbst. Sie schlug vor, dass sie noch einmal mit ihr reden könnte, doch ich hatte das Gefühl, dass Tammy dichtmachen würde, sobald sie das Gefühl hätte, unter Druck gesetzt zu werden, und bat Cruikshank, noch ein paar Tage zu warten. Ich wollte Tammy auch nicht selbst anrufen, solange ich keine neuen Informationen hatte, um sie nicht zu verärgern, aber ich machte mir Sorgen, wie es ihr nach unserem Besuch ergangen war. Möglicherweise war eine Menge Schmerz bei ihr hochgekommen, und ich war mir nicht sicher, in welchem Maße ihr Mann sie unterstützte. Ich wog noch meine Möglichkeiten ab, als mein schlimmster Albtraum Wirklichkeit wurde.
Ich klang verschlafen, als eine der Schwestern aus der Notaufnahme anrief. »Bitte entschuldigen, dass ich Sie geweckt habe, Dr. Lavoie, aber Ihre Tochter Lisa wurde heute Abend bewusstlos eingeliefert. In ihren Unterlagen steht, dass wir Sie im Notfall informieren sollen.«
Auf einen Schlag war ich hellwach. »Wie geht es ihr? Was ist passiert?«
»Ein Zeuge berichtete, dass sie sich übergeben und, wie er es nannte, ›spastisch rumgeschlagen‹ hat, ehe sie zusammenbrach. Danach hat sie das Bewusstsein verloren. Es gibt keinen Hinweis auf eine Kopfverletzung, und wir müssen wissen, ob sie irgendwelche Allergien hat oder Medikamente nimmt.«
»Nein, keine Medikamente, aber …« Ich zögerte, dachte daran, wie Lisa sagte: Ich bin clean . »Sie hat früher Drogen genommen.«
Ich erinnere mich an ihre erste Überdosis mit Methamphetaminen. Damals war sie sechzehn. Sie hatte halluziniert und angefangen, mich zu schlagen, während ich fuhr, und hätte uns
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