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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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ständig Druck auf die Leute aus, es sei denn, sie sahen sich mit wütenden Vätern oder Ehemännern konfrontiert. Sie achteten sorgfältig darauf, immer unterhalb des Radars zu bleiben.
    Tammy hatte stolz und glücklich geklungen, so einen wehrhaften Mann zu haben, aber jetzt sagte sie traurig: »Es ist hart, nicht mehr mit Nicole reden oder sie sehen zu können. Sie war meine beste Freundin.«
    Ich schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln. »Ich kann mir vorstellen, dass Sie sie sehr vermissen.« Ich wartete einen Moment, dann fragte ich: »Haben Sie jemals Aaron mit anderen Mädchen zusammen gesehen?«
    Sie nickte. »Manchmal, wenn er richtig nett zu einem neuen Mädchen war und mich oder Nicole ignorierte, konnten wir uns ausrechnen, was er mit ihr machte. Aber das Merkwürdige ist, dass ich eifersüchtig war, als würde es bedeuten, dass ich nichts Besonderes mehr bin oder so.«
    »Der Wunsch, sich als etwas Besonderes zu fühlen, ist völlig normal, aber das bedeutet nicht, dass Sie seine sexuelle Aufmerksamkeit wollten. Sie brauchen sich dieser Gefühle nicht zu schämen.«
    Tammy wirkte ein wenig erleichtert. »Manchmal denke ich, dass Nicole deswegen zurückgegangen ist. Sie wollte dort sein, wo so etwas normal ist, weil sie sich dann deswegen nicht so komisch vorkommt. Hier draußen schämte sie sich mehr … und fühlte sich schmutzig.«
    Ich war traurig, als ich an dieses junge Mädchen dachte, das ganz allein mit diesen Gefühlen fertig werden musste. »Manche Menschen haben Schwierigkeiten, sich einer neuen Umgebung mit weniger Struktur anzupassen, wo niemand ihnen die ganze Zeit sagt, was sie sagen oder tun sollen. Vor allem, wenn sie keine Familie oder Freunde haben, die sie unterstützen. Das könnte ein weiterer Grund sein, warum Nicole sich entschieden hat, zurückzugehen.«
    »Am Anfang war es manchmal echt hart. Ich musste immer daran denken, wie furchterregend Joseph aussah, und hatte Albträume von ihm, dass er eines Tages aufkreuzt und mich zurückbringt. Ich träume immer noch davon.« Sie blickte sogar zur Tür, als könnte er hören, dass sie seinen Namen aussprach.
    »Ist Joseph in der Kommune jemals gewalttätig geworden?«, fragte ich. »Oder was ist mit Aaron, wenn jemand etwas falsch gemacht hatte oder die Kommune verlassen wollte?«
    »Nicht dass ich wüsste …« Sie kniff die Augen zusammen und dachte zurück. »Die Berater fragen Aaron um Rat, und er holt dann die entsprechende Person zur Anpassung zu sich.«
    »Wer sind die Berater?«
    »Mitglieder, die schon ganz lange dabei sind«, sagte sie. »Sie sind so etwas wie Mentoren und helfen den Mitgliedern, wenn sie Probleme haben. Oder sie sagen einem, wie man den anderen Mitgliedern helfen soll. Wenn zum Beispiel jemand bei der Meditation etwas falsch gemacht hat, wie zu früh Wasser zu trinken oder auf die Toilette zu gehen, durften wir danach nicht mit ihm reden.«
    »Haben noch andere Leute versucht, die Kommune zu verlassen? Wie sind Sie da rausgekommen?«
    »Wir haben im Laden gearbeitet und uns mit ein paar Leuten von draußen angefreundet. Wir hatten Angst, weil Aaron immer, wenn Leute weggezogen sind, erzählt hat, dass ihnen da draußen furchtbare Dinge zugestoßen sind. Sie hatten Autounfälle oder wurden überfallen oder bekamen irgendeine schlimme Krankheit. Und diejenigen, die zurückkamen, berichteten, dass das Leben draußen tatsächlich schwerer ist. Sie hatten zum Beispiel kein Geld und fanden keinen Job – viele von ihnen haben wieder angefangen, Drogen zu nehmen. Sie sind völlig verstört zurückgekommen.« Sie verstummte.
    »Wie war es, wenn jemand krank wurde?«
    »Wir durften keine Medikamente nehmen, aber jeder rauchte Marihuana. Wir durften mit niemandem darüber reden, der nur zu den Retreats kam, nur mit denen, die Vollmitglieder wurden. Er sagte, Außenstehende würde es nicht begreifen.«
    Ich nickte und dachte über alles nach.
    Sie fragte: »Jetzt, wo Sie der Polizei Ihre Geschichte erzählt haben – wird er jetzt verhaftet?«
    »Sie haben ihn vernommen, aber ohne weitere Zeugen oder Beweise können sie keine Anklage erheben.«
    Sie machte ein niedergeschlagenes Gesicht, die Überraschung und Enttäuschung waren ihr anzumerken. »Es wird also nichts passieren?«
    »Erst, wenn noch mehr Menschen ihre Geschichte öffentlich machen. Wenn Sie ihn erneut anzeigen würden …«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich werde das alles nicht noch einmal durchmachen. Diese Fragen, das war grausam. Meine

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